Das Wahlereignis ist schon fest im Blick der Parteistrategen, besonders nach dem Wahlausgang in Thüringen. Die Themenliste ungelöster Probleme Deutschlands, die das Wahlvolk bedrücken, ist beachtlich lang. Einiges harrt schon seit mehreren Wahlperioden auf eine zufriedenstellende Lösung. An Versprechungen der Parteien hatte es nie gemangelt.
Aktuelle Sorgen, wie der Zustand der Natur, der Kohleaustieg, die Kriege mit zunehmenden Flüchtlingsströmen. Von den USA und Großbritannien öffentlich ausgetragene Widersprüche des neoliberalen Systems nehmen zu.
Von den Strategen wird zu prüfen sein, was auf die Wahlagenda zu setzen sei, um möglichst viele Stimmen zu erhalten. Das stand und steht im Vordergrund der Parteiendemokratie. Die Problemlösung für das Land befindet sich im Werteranking der Politiker der repräsentativen Demokratie erst in der 2. Reihe. Es gilt bei den Macht ausübenden Parteien das Wahlprogramm und nicht das Parteiprogramm.
Im Blickfeld steht weiter, welche Wahlkonkurrenten ebenfalls die neoliberale egoistische Linie des Renditegottes verfolgen und wer für das Kontra steht. Es gilt die eigenen Ziele zu erreichen und mögliche Koalitionen auszuloten. Das alles gehört zur Routine von Wahlvorbereitungen.
Komplizierter sind die personellen Fragen bei der Auswahl der Kandidaten. Wer hat die besten Chancen als Spitzen- und Direktkandidat? Wer kann mit Charisma für die Zweitstimme Wählergruppen, wie Unternehmer, Frauen, Jugendliche, Akademiker, Künstler für das Kreuz auf dem Wahlzettel gewinnen?
Wie die Kandidaten für den Erfolg auftreten sollten, ist seit etwa 2000 Jahren bekannt, seit Quintus, seinen Bruder Marcus Tullius Cicero als Wahlberater unterstützte. Im Jahr 64 bewarb sich Marcus Tullius Cicero erfolgreich um den Posten des römischen Konsuls. Der Historiker Mommsen stufte den begnadeten Redner Cicero als großen Blender ein. Nachzulesen auch in der Tageszeitung Neues Deutschland vom 9.8.2005, „Speichelleckerei“.
TV- und Printmedien werden helfen, die schmutzigen Flecken auf den Westen der Kandidaten der Konkurrenz zu sehen.
Weitgehend unbekannt sind den Wählern die fachlichen Kompetenzen der Kandidatinnen und Kandidaten. Sie sollen für das Wohl eines ganzen Landes arbeiten.
Für einen Handwerksmeister und Geschäftsführer gibt es Kriterien, die mitzubringen sind, um ihren Geschäftsbereich erfolgreich zu entwickeln. Dazu gehören finanzierbare Wirtschaftskreisläufe ohne ausufernde Schulden, die Zahlung der Steuern, die Motivierung und Verantwortung für die Belegschaft und die neuen Dinge immer im Blick zu haben. So ein Anforderungskatalog fehlt für die Arbeit im hohen Haus des Landes, wenn es gilt Abgeordnete zu bestimmen.
Knigge (1752 – 1796) formulierte bekanntermaßen Kriterien für das Verhalten im zwischenmenschlichen Umgang. Als Anhänger der großen französischen bürgerlichen Revolution befasste er sich auch mit Anforderungen an die höheren Etagen der Gesellschaft (siehe „Über den Umgang mit Menschen“, Reclam Leipzig, Universalbibliothek, 1975). Er schrieb: „Verliere nie die Zuversicht zu dir selber, das Bewusstsein deiner Menschenwürde, dein Vertrauen in die Erziehbarkeit, auch der Großen dieser Erde, Fürsten, Vornehmen und Reichen. Stimme ihnen nicht bei, was sie sind. Was sie haben, entspringt der Übereinkunft mit dem Volk und dass man ihnen die Vorrechte wieder nehmen kann, wenn sie Missbrauch davon machen. Unsere Güter, unsere Existenz sind nicht ihr Eigentum, sondern dass alles, was sie besitzen, unser Eigentum ist, weil wir dafür alle ihre und derer ihrer Bedürfnisse befriedigen und ihnen noch obendrein Rang, Ehre und Sicherheit geben. Sie haben kein angeerbtes Recht, anderen Menschen das Fell über die Ohren zu ziehen“.
Das Gewissen, dem die Abgeordneten folgen sollen, hat in der allgemeinen egoistischen Umwelt des Neoliberalismus wohl Defekte erlitten. Wie sonst könnte die Lobby die Geschicke des Landes so gruppenbezogen steuern? Wie sonst könnten die Räubereien der Steuerkasse durch Steuerfluchten, Cum-Cum-Geschäfte, Beraterverträge etc. etc. oder Betrügereien der Autoindustrie und die multiplen Schäden an der Natur über Jahre gelingen und nicht rechtzeitig unterbunden werden?
Schwer ist die Arbeit der Abgeordneten, die Gesetze ohne Schäden für die eine oder andere Gruppe zu formulieren. Nicht schwer fällt es ihnen anscheinend mit Milliardensummen zu jonglieren und Versprechungen für Lösungen abzugeben.
Gewinnbringend für die Zufriedenheit im Land wäre es, wenn sie das Wirtschaftsstrafgesetz, mit seinen müden 28 Paragrafen auf die Höhe der Zeit bringen könnten; ohne Ratschläge der Lobby. Auch der Zustand der Erb- und Steuerrechtrechte in Deutschland, vor allem aber die verschiedenen Arbeits- und Rentenrechte dürften die Abgeordneten nicht ruhig schlafen lassen, im Interesse der kommenden Bundestagswahl.
Nach den Wahlen in Thüringen, Sachsen, Brandenburg werden von Politikern und Medien Mehrheiten für die bürgerliche Mitte beschworen, ein interpretierbarer politischer Begriff. Mehrheiten sollten sozialen Ausgewogenheit zwischen allen Schichten anstreben, vom Schutz der Natur für die kommenden Generationen getragen werden und dem Frieden ohne Wenn und Aber anstreben. Wahl- und Parteiprogramme geben den Wählern dazu Auskünfte.
Hohe Wahlbeteiligungen verleihen einer solchen Mitte die notwendige Stabilität in der Gesellschaft.