Heute haben 20 friedens-, sicherheitspolitisch und für die Wahrung der Menschenrechte engagierte Akteure der Schweizer Zivilgesellschaft einen Aufruf an Bundesrat Ignazio Cassis gerichtet, damit sich dieser öffentlich und dezidiert für den Erhalt des INF-Vertrags ausspricht und einen Prozess zur Stärkung der regelbasierten, multilateralen nuklearen Abrüstung lanciert.
Der INF-Vertrag steht kurz vor seiner Auflösung. Am 2. August 2019 läuft die Kündigungsfrist für diesen eminent wichtigen Abrüstungsvertrag aus. Damit droht die Rückkehr von atomaren landgestützten Mittelstreckenraketen nach Europa. Seit seiner Verabschiedung 1987 trug der Vertrag massgeblich zur Sicherheit in Europa, und damit zur Schweizer Sicherheit bei. Dank dem Vertrag konnte erstmals eine ganze Kategorie von Nuklearwaffen komplett beseitigt werden. Die INF-Krise ist ein weiterer herber Schlag für die internationale Rüstungskontrolle. Es droht ein nukleares Wettrüsten mit unabsehbaren Folgen.
Dem muss die Schweiz entschieden entgegentreten. Sie steht aufgrund ihrer humanitären und diplomatischen Tradition in der Verantwortung. Der Bundesrat hat immer wieder betont, er wolle Brücken bauen und keine Gelegenheit ungenutzt lassen, um in der nuklearen Abrüstung Fortschritte zu unterstützen. Die INF-Krise erinnert in mancher Hinsicht an den Kalten Krieg und bietet tragischerweise Gelegenheit, die Wirksamkeit der Schweizer Brückenbauer-Vorstellung einem Realitätstest zu unterziehen.
Wenige Monate bleiben, um die Vertragsparteien von einer Rettung des INF-Vertrages zu überzeugen. Darum fordern 20 friedens-, sicherheitspolitisch und für die Wahrung der Menschenrechte engagierte Akteure der Schweizer Zivilgesellschaft Herrn Bundesrat Cassis und mit ihm den Gesamtbundesrat auf, sich öffentlich und dezidiert, gegebenenfalls zusammen mit anderen Staaten, für den Erhalt des INF-Vertrags auszusprechen, und einen Prozess zur Stärkung der regelbasierten, multilateralen nuklearen Abrüstung zu lancieren.
Die Krise um den INF-Vertrag ist die jüngste in einer Reihe gefährlicher Entwicklungen. Sie unterstreichen die Dringlichkeit, Nuklearwaffen unmissverständlich zu ächten. Vor drei Monaten hat sich das Schweizer Parlament denn auch klar für den sofortigen Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) entschieden. In Missachtung des Parlementswillens und der Unterstützung, die das Verbot im Volk und unter Schweizer Städten geniesst, stellt der Bundesrat aber einen Beitrittsentscheid frühestens für Ende 2020 in Aussicht. Als Begründung führt er u.a. die INF-Krise an.
Die Aussicht auf nukleare Aufrüstung und den Zerfall des regelbasierten Rüstungskontrollregimes darf aber keinesfalls als Rechtfertigung dienen, um den Beitritt zum Atomwaffenverbot weiter hinauszuzögern. Im Gegenteil: der Bundesrat muss klarstellen, dass diese Massenvernichtungswaffen keine legitimen Instrumente einer modernen Sicherheitspolitik sind, sondern eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen. Er soll den TPNW umgehend unterzeichnen. Das steht im Einklang mit der humanitären Tradition der Schweiz und ihrer Neutralität, und stärkt ihre Glaubwürdigkeit in Abrüstungs- und Rüstungskontrollbestrebungen.
Hier der Aufruf: https://www.gsoa.ch/wp-content/uploads/2019/04/INF_Brief_DE-1.pdf