Frauen in ländlichen Regionen gehören zu den Bevölkerungsgruppen, deren Menschenrechte durch den Klimawandel besonders stark bedroht sind, denn er verstärkt ungleiche Machtverhältnisse zu ihren Lasten. Gleichzeitig machen Agrarkonzerne durch kommerzielle Strategien zur Anpassung der Landwirtschaft an die Erderhitzung Frauen in ländlichen Regionen den Zugang zu den Grundlagen ihrer Ernährung streitig. Darauf macht die Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland aus Anlass des Internationalen Tags der Frau aufmerksam.
Insbesondere in Ländern um den Äquator führt die Erderhitzung bereits jetzt dazu, dass Trocken- und Regenzeiten sich nicht mehr verlässlich abwechseln. Dies führt oft zu Ernteverlusten sowie mangelndem Zugang zu Trink- und Nutzwasser. „Frauen in ländlichen Gegenden sind überdurchschnittlich von Hunger betroffen. Gleichzeitig sind Frauen in der Regel zuständig für die Ernährung der Familien“, erläutert Gertrud Falk, Referentin für Geschlechtergerechtigkeit bei FIAN. „Von der Pflege des Saatguts über den Anbau bis zur Ernte und der Auswahl des Saatguts für die nächste Saison liegen die Aufgaben der Subsistenzlandwirtschaft meist in ihren Händen.“ In den Ländern des Globalen Südens bauen Kleinbäuerinnen 45 bis 80 Prozent der Nahrungsmittel an. Insbesondere durch den Erhalt der Saatgutvielfalt tragen sie auch zur Anpassung und Widerstandsfähigkeit der Nutzpflanzen bei.
Die Agrarindustrie nutzt Klimawandel und Klimapolitik, um sich immer mehr Rechte an natürlichen Ressourcen anzueignen, gerade auch über Saatgut. „Indem Saatgutkonzerne einerseits angepasste Sorten entwickeln und sich andererseits über internationale und regionale Abkommen zum Sorten- und Patentschutz einseitig die Rechte daran sichern, verlieren vor allem Kleinbäuerinnen ihre Unabhängigkeit“, führt Falk aus. „Sie werden durch dieses Zusammenspiel von Klima- und Saatgutpolitik in immer größere Abhängigkeit von den Agrarunternehmen gedrängt. Mit dem Verlust des Zugangs zu Saatgut ist ihr Recht auf Nahrung bedroht.“
Ein anschauliches Beispiel für diese Politik bietet der Baumwollanbau in Burkina Faso. Ab 2008 hatte der Staat die Verwendung der genveränderten Bt-Baumwollsorte von Monsanto gefördert. Bt-Baumwolle produziert selbst bestimmte Pestizide. Das Saatgut darf nicht selbst nachgezüchtet werden. Ihre Einführung hatte für die Bäuerinnen hohe Kosten, Abhängigkeit und gesundheitliche Risiken zur Folge. Weil die genveränderte Baumwolle geringere Qualität besaß als die konventionelle stellte der burkinische Staat die Förderung 2016 wieder ein. Glücklicherweise haben viele Bäuerinnen ihr traditionelles Saatgut aufbewahrt und können dadurch ihre Autonomie gegenüber den Saatgutunternehmen wieder herstellen.
Angesichts dieses Missbrauchs der Klimapolitik durch Unternehmen fordert FIAN Deutschland die Bundesregierung auf:
- in Übereinstimmung mit dem Klimaabkommen von Paris alles dafür zu tun, damit der Klimawandel so begrenzt wie möglich gehalten wird;
- dafür einzutreten, dass die Menschenrechte verbindliche Kriterien für Maßnahmen zu Klimaschutz und –anpassung werden und dies bei allen eigenen Maßnahmen zu handhaben;
- die im Dezember verabschiedete UN Erklärung der Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten, konsequent umzusetzen.
Weitere Informationen:
• UN-Factsheet über Frauen, Geschlechtergerechtigkeit und Klimawandel.
• FIANs Recherchebericht zu Burkina Faso
• UN-Erklärung der Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten.
• Webseite von FIAN Deutschland zu Klimagerechtigkeit.
• Video von FIAN Deutschland „Klimaschutz braucht Menschenrechte“