Weltweit werden Schätzungen zufolge 1,7 Prozent der Kinder mit Geschlechtsmerkmalen geboren, die nicht mit den geltenden Normen von männlich und weiblich übereinstimmen. Man spricht von einer „Variation der Geschlechtsmerkmale“ oder in bestimmten Fällen auch von „intergeschlechtlich“.
In Deutschland werden diese Kinder häufig operiert oder hormonellen Behandlungen unterzogen, um sie zu „normalisieren“ und ihnen ein eindeutig männliches oder weibliches Geschlecht zuzuweisen. Diese unumkehrbaren medizinischen Eingriffe können zu anhaltenden körperlichen und seelischen Schäden führen. So leiden Betroffene z. B. nach einer Sterilisation/Kastration teils lebenslang unter Schmerzen, dem Verlust der sexuellen Empfindsamkeit oder großen psychischen Problemen. Die medizinischen Behandlungen werden oft ohne eine Notfallsituation durchgeführt und ohne, dass die sehr jungen Kinder dies selbst entscheiden könnten. So werden ihre Menschenrechte auf Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung verletzt.
Bereits 2012 formulierte der Deutsche Ethikrat klaren Handlungsbedarf, dennoch wurde das Thema jahrelang verschleppt. Jetzt gibt es endlich eine Chance, weiteres Leid zu verhindern: Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht ein Verbot medizinischer Eingriffe bei intergeschlechtlichen Kindern vor, sofern diese nicht zur Abwendung von Lebensgefahr notwendig sind. Allerdings ist völlig offen, wann und wie das entsprechende Gesetz verabschiedet wird. Wir fordern daher die Bundesregierung und den Bundestag auf, nicht länger zu zögern.
Amnesty International richtet eine E-Mail-Aktion an Justizministerin Katarina Barley und an Abgeordnete des Bundestages, die bei diesem Thema einen großen Einfluss haben und bittet um Unterstützung damit intergeschlechtliche Kinder so bald wie möglich besser geschützt werden.