Mehr als eine Million Menschen aus 194 Staaten fordern die Freilassung von Taner Kilic, Präsident von Amnesty International Türkei. Sie setzen sich in einer Petition dafür ein, dass sämtliche Anschuldigungen gegen ihn und zehn weitere Menschenrechtsverteidigerinnen und -Verteidiger fallengelassen werden. Die Gerichtsverhandlung wird am 31. Januar in Istanbul fortgesetzt.

Den elf Beschuldigten wird die «Unterstützung einer Terrororganisation» vorgeworfen. Die Festnahmen sind Teil einer politisch motivierten Kampagne, deren Ziel es ist, kritische Stimmen in der Türkei zum Schweigen zu bringen. Bei einer Verurteilung droht den Angeklagten eine Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren. Auch in der Schweiz haben sich Tausende Menschen, darunter zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier, für Taner Kilic eingesetzt. >> Link auf die Petition

«Taner Kilic ist unschuldig – es gibt überwältigende Beweise dafür und keinerlei Indizien für ein Fehlverhalten. Seine Freilassung ist längst überfällig. Die Tatsache, dass er bereits seit fast acht Monaten in Haft ist, zeigt, wie unberechenbar das türkische Justizsystem agiert und wie skrupellos die Regierung gegen all jene vorgeht, die sich für Menschenrechte einsetzen», sagt Gauri van Gulik, Europadirektorin von Amnesty International.

«Die Verhandlung bietet eine weitere Gelegenheit, diesen absurden Justizfehler aus der Welt zu schaffen. Unser Kollege – ein prinzipientreuer und glühender Menschenrechtsverfechter – muss freigelassen werden, zu seiner Familie zurückkehren und seine Arbeit fortsetzen dürfen. Das Gericht muss Taner Kilic und die anderen zehn Menschenrechtsverteidigerinnen und -Verteidiger freisprechen – und dieser Farce ein Ende setzen.»

Hintergrund

Taner Kilic, Präsident von Amnesty International Türkei, wurde am 6. Juni 2017 verhaftet und drei Tage später in ein Gefängnis überstellt, in dem er heute noch festgehalten wird. Zehn weitere Menschenrechtsverteidigerinnen und –Verteidiger – darunter Idil Eser, Direktorin von Amnesty-Türkei – wurden einen Monat später festgenommen. Acht von ihnen blieben fast vier Monate lang in Haft, ehe sie im Zuge ihrer ersten Verhandlung im Oktober auf Bewährung freigelassen wurden.

Allen Beschuldigten wird die «Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation» angelastet. Dabei handelt es sich um völlig haltlose Vorwürfe, für die die Staatsanwälte bisher keine konkreten Beweise, die einer genaueren Prüfung standhalten würden, vorlegen konnten.

Taner Kilic wird beschuldigt, die Messenger-App ByLock heruntergeladen und verwendet zu haben, die auch von Mitgliedern der Gülen-Bewegung für interne Kommunikation genutzt worden sei. Zwei unabhängige forensische Untersuchungen, die von Amnesty International in Auftrag gegeben worden waren, kamen hingegen zu dem Ergebnis, dass es keinerlei Hinweise dafür gibt, dass ByLock auf dem Smartphone von Taner Kilic installiert war. Bisher konnte die Staatsanwaltschaft keine Beweise liefern, die ihre Vorwürfe stützt oder ein anderes strafrechtlich relevantes Fehlverhalten dokumentiert.

Im vergangenen Monat mussten die türkischen Behörden einräumen, dass Tausende Menschen fälschlicherweise beschuldigt worden waren, ByLock heruntergeladen zu haben. Sie veröffentlichten Listen mit den Telefonnummern dieser 11’480 Menschen, was eine riesige Freilassungswelle nach sich zog. Taner Kilic blieb jedoch in Haft.

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