Das Urteil erging gegen einen Demosanitäter in Berlin wegen Gefangenenbefreiung, Widerstand, Vermummung und Schutzbewaffnung (siehe auch Schutz durch Selbstschutz). Teile der richterlichen Begründung lassen einem die Haare zu Berge stehen.
Nach Ansicht der Richterin habe die Schutzkleidung des Sanitäters (Schutzhelm und Atemmaske) gegen das Vermummungsverbot verstoßen und sei als passive Bewaffnung zu ahnden. Und: die Teilnahme von Sanitätern an Demonstrationen fördere „natürlich auch die Gewaltbereitschaft von Demonstranten“.
Absurder geht es nicht. Denn die vom Gericht monierte Schutzkleidung ist von der zuständigen Berufsgenossenschaft für Sanitäter letztlich vorgeschrieben. Sie dient dem Eigenschutz und auch dem Wohl von Patienten und ist somit das glatte Gegenteil von „Bewaffnung“.
Demosanitäter sind Freiwillige mit einer medizinischen Ausbildung, die vollkommen unentgeltlich und vor allem unmittelbar nah am Geschehen und in Konflikt- und Belastungssituationen, wo andere Dienste wegbleiben, eine direkte medizinische Erstversorgung leisten. Diese Hilfe ist oft bitter notwendig für alle Beteiligten aber auch unbeteiligte Bürger, die in Konfliktsituationen hineingeraten. Allen Versuchen, dieses humanistische Handeln als „gewaltfördernd“ zu kriminalisieren, muss energisch widersprochen werden.
Demosanitätern gebührt der volle Respekt von uns allen und insbesondere auch von uns Gewerkschaftern, da sie in selbstloser Weise direkte Hilfe leisten und dazu beitragen, dass wir unsere Grundrechte auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit unversehrt wahrnehmen können.
Mit Repressalien gegen Sanitäter verliert ein Staat seine letzte Glaubwürdigkeit, für die Unversehrtheit und Sicherheit seiner Bürger und die unbeschädigte Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Rechte sorgen zu wollen.
Hier wird der Gewaltbegriff auf den Kopf gestellt. Humanitäres Handeln kommt auf die Anklagebank, während gleichzeitig Polizisten Pfefferspray – ein international und in Kriegen geächtetes Giftgas – unbeschadet und wahllos gegen seine Bürger einsetzen können.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Der „Staat“ kann sich in der nächsten Instanz von einer „menschenwürdigeren Seite“ zeigen. Wir bleiben am Ball.