Mehr Transparenz, politische Bildung und eine umfassende Diskussion über aktuelle Themen braucht das politische System in Deutschland, findet Marius Krüger. Nach der erfolgreichen Gründung seines gemeinnützigen Start-Up DEMOCRACY Deutschland e.V. hat der junge Göttinger jetzt die Programmierkosten der App mittels erfolgreicher Crowdfunding-Kampagne selbst eingesammelt. Seine App soll helfen, die Demokratie in Richtung von mehr Bürgerbeteiligung zu transformieren.
TTIP, CETA, Überwachung der Bevölkerung, Auslandseinsätze der Bundeswehr, Aufrüstung, Abschaffung des Bargelds, Privatisierung der Autobahnen, die Weiterverwendung von Glyphosat… – die Liste jener Themen, bei denen es immer wieder zu Differenzen zwischen den Positionen der Bürger*innen und den Meinungen der politischen Parteien kommt, ist lang.
Statistisch gesehen, vertrauen jüngeren Bürgerbefragungen zufolge nur noch 23% der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik dem Regierungshandeln ihrer Politiker (vgl. GESIS 2014) und wünschen sich dementsprechend mit überwiegender Mehrheit (81%) mehr politische Beteiligungsmöglichkeiten (vgl. Bertelsmann Stiftung, BürgerWollenMitentscheiden, 2011).
Die App DEMOCRACY soll helfen, diese Differenzen qualitativ zu strukturieren und quantitativ zu messen, indem allen Bundesbürgerinnen und –bürgern Informationen und Beteiligungsmöglichkeiten zu aktuellen Gesetzgebungsverfahren des Bundestags zur Verfügung gestellt. In der Idee schlägt DEMOCRACY damit die Brücke zwischen repräsentativer und direkter Demokratie in grundgesetzfreundlicher Weise.
Prototyp durch erfolgreiches Crowdfunding
Vergangenen Sonntag (26.11.) konnte das sich mittlerweile formierte Team um Krüger einen ersten großen Meilenstein verbuchen: der erfolgreiche Abschluss ihres initialen Crowdfundings sicherte ihnen gut 35.000 € zweckgebundenes Startkapital für die Programmierung einer ersten Version der App. “Wir freuen uns sehr, dass über 580 Unterstützer*innen von unserer Idee überzeugt sind und uns das Vertrauen schenken. Gemeinsam mit Ihnen arbeiten wir die kommenden 4 Monate an der Entwicklung dieses Prototyps”, erläutert der Gründer der Initiative Marius Krüger den Schritt. “Sobald im April 2018 eine erste Version verfügbar ist, stellen wir diese unmittelbar unseren Crowdfunding-Unterstützer*innen zur Verfügung und lassen sie die ersten Tests durchführen und die Benutzerführung bewerten”, so Krüger weiter. “Nach Überwindung der ersten Kinderkrankheiten soll die Plattform dann Mitte nächsten Jahres allgemein zugänglich gemacht werden.”
Die Grundidee: Der passiven Politikverdrossenheit grundgesetzfreundliche Partizipationsmöglichkeiten entgegensetzen
Ab Mitte des Jahres 2018 sollen in der DEMOCRACY App dann die Abstimmungsfragen des Bundestages digital und zur Abstimmungszeit für alle Bundesbürgerinnen und -bürger freigegeben werden. Zusätzlich zur Information fördert das System aber auch die persönliche Meinung der Bürger*innen, indem selbst mitdiskutiert und direkt und zu den Anträgen mit abgestimmt werden kann. Die dabei entstehenden Ergebnisse werden vor der offiziellen Abstimmung dann an die Abgeordneten übergeben. Nach den Abstimmungen ist zusätzlich ein Vergleich der app-eigenen mit den offiziellen Abstimmungsresultaten möglich. „Wir streben damit ein offenes Parlament an, so dass Politik wieder wirklich für die Menschen gemacht wird. Gleichzeitig setzt die App auf politische Bildung. Jede*r soll in die Lage versetzt werden, mündig und aufgeklärt selbst entscheiden zu können. Das schlussendliche Appstimmen ermöglicht dann sogar eine Bürgerbeteiligung auch innerhalb der Legislaturperiode.“, so Krüger.
Damit fördert die App DEMOCRACY nicht nur das gesellschaftliche Interesse und die politische Beteiligung auf Seiten der Bürger, sondern ermöglicht gleichzeitig dem Bundestag, sich in seiner Funktion als repräsentative Bürger*innenvertretung zu überprüfen.
„Unser Motto lautet: Ausprobieren statt Resignieren. Wenn wir eine Veränderung zum Positiven wollen, erreichen wir das nicht, indem wir das Bestehende bekämpfen, sondern indem wir neue Modelle bauen, die das Bestehende zum Besseren ergänzen. Wir glauben: Mitsprache ist bei politischen Entscheidungen die wesentliche Voraussetzung für eine gerechtere Welt. Das ist es, was uns bei DEMOCRACY jeden Tag motiviert.“
Die DEMOCRACY App
DEMOCRACY ist neben der mobilen App auch als Browser-Version verfügbar. Informieren kann man sich auf der Plattform ohne Anmeldung. Um an einer Abstimmung teilnehmen zu können, ist es jedoch notwendig, sich anzumelden. Im Anmeldeprozess findet eine einmalige Verifizierung über das eigene Mobiltelefon statt. Dies stellt sicher, dass es zu keinen Abstimmungsmanipulationen durch Bots oder Trollen kommt. Die Abstimmungen selbst erfolgen anonym. Zu diesem Verfahren steht der Lehrstuhl für Kryptographie und Sicherheit der Technischen Universität Karlsruhe beratend zur Seite.
Als Software soll DEMOCRACY eine öffentliche Infrastruktur zur Verfügung stellen, die das Funktionieren einer lebendigen Demokratie begünstigt. Um dabei größtmögliche Transparenz und Vertrauen in das Verfahren zu ermöglichen, wird der Source-Code offen gelegt.
Über DEMOCRACY Deutschland e.V.
Die Idee zu DEMOCRACY entstand im August 2016 in einer Gesprächsrunde über die Frage, ob Demokratie nicht mehr bedeutet als alle vier Jahre einen Wahlzettel auszufüllen. Im August dieses Jahres entschied sich Marius Krüger dann dazu, den Worten Taten folgen zu lassen und gründete den gemeinnützigen Verein DEMOCRACY Deutschland e.V.
Ziel des Vereins ist es, über die digitale Plattform DEMOCRACY politische Bildung zu fördern, basisdemokratische Mitbestimmung zu ermöglichen und politische Entscheidungen transparent zu machen. Der Verein ist gemeinnützig und spendenfinanziert. Um eine höchstmögliche Transparenz zu gewährleisten, werden die Kosten zur Realisierung und zum Betrieb von DEMOCRACY in einer Open-Book-Policy offengelegt.