Sami Omar wurde 1978 als Sohn eritreischer Eltern im Sudan geboren und wuchs als Kind deutscher Eltern im schwäbischen Ulm auf. Er arbeitet und schreibt zu den Themen Migration und Integration für print- und online-Medien. 2016 erschien sein zweites literarisches Werk „Geht schon, danke“. Sami Omar arbeitet als Sprecher und tritt mit seinen abendfüllenden Bühnenprogrammen deutschlandweit auf.
Was ist für Sie Rassismus und Diskriminierung?
Um mir gleich zu Beginn dieses Interviews Freunde zu machen: Das geht so nicht! Diese Begriffe möchte ich auseinander halten. Rassismus kommt in vielen Formen vor und wird mit allerlei Theorien begründet. Immer aber zielt er darauf ab, Unterschiede zwischen Menschen an deren Wert zu knüpfen um sie so zu erniedrigen und sich selbst zu erhöhen. Diskriminierung ist das Verhalten, das aus dieser Ideologie folgt. Jemand wird schlechter behandelt aufgrund seiner tatsächlichen oder konstruierten Unterschiedlichkeit und der Annahme, dass damit auch sein Wert geringer ist, als der eigene.
Demnach ist die Wahrnehmung distinktiver menschlicher Merkmale durch Rassisten immer zweckgebunden. Oft berufen sie sich ja darauf, dass die Feststellung von Unterschiedlichkeiten wie Hautfarbe oder Beschaffenheit von Haar etwas gerade zu kindlich natürliches sei – bloße Neugier. Dabei wird verleugnet, dass Kinder diese Unterschiede -sofern sie ideologisch unbeeinflusst sind- lediglich zur Kenntnis nehmen. Rassisten nutzen sie zur Abwertung anderer.
ProMosaik ist der Meinung, dass Dialog und Kennenlernen die beste Strategie ist, um Rassismus und Diskriminierung zu überbrücken?Wie stehen Sie dazu?
Ich muss hier sicher nicht erklären, was an Austausch und Kennenlernen gut ist. Aber vielleicht kann ich eine Lanze für ein Kennenlernen brechen, das jenseits der Multikulti-Feste der neunziger Jahre liegt, wie es sie heute noch gibt. Bei solchen Gelegenheiten werden Menschen verschiedener Ethnien und Kulturen manchmal geradezu ausgestellt. Man kann dort das Fremde, das Exotische treffen. Man kann sich das Trommeln zeigen lassen, oder in einem echten Tipi sitzen. Kurz: Man kann seine Neugier stillen. Ich bin für den nächsten Schritt – für Austausch auf Augenhöhe. Dafür, dass man erst die Gleichwertigkeit des Gegenüber anerkennt und sich dann um die Andersartigkeiten kümmert. Warum? Weil Neugier nichts will, als Befriedigung. Interesse entsteht erst im Austausch und der verlangt eben diese Anerkennung der Gleichwertigkeit.
Wie können Kunst, Theater und Bühnenarbeit im Allgemeinen zur Toleranz beitragen?
Indem wir eben dieses Interesse wecken, zum Nachdenken anregen. Kein Fastfood anbieten, sondern Kochkurse geben.
Welche Erfahrungen machen Sie persönlich in Ihrem Leben mit Diskriminierung?
Sehen Sie es mir bitte nach, aber ich habe keine Lust! Das ist keine Attitüde. Ich will wirklich nicht. Manchmal macht sogar das Reden über Diskriminierung müde. Seien Sie sich gewiss: Sie begegnet mir öfter, als ich es selbst sehen will. Ich versuche in meinen Texten so ehrlich mit mir zu sprechen, dass auch diese Verletzungen der Ausgrenzung und des Hasses sichtbar werden. Ich will sie nicht zur Schau stellen, aber man kann kein Leben ohne Verletzungen erzählen und wessen Leben ich in meinen Geschichten auch erzähle, die Narben der Figuren sind in gewisser Weise auch meine.
Islamfeindlichkeit wird oft ethnisiert…. Auch Menschen, die keine Muslime sind, werden aufgrund scheinbarer „ethnischer“ Eigenschaften als Muslime diskriminiert. Wie kann man dies angehen?
Ich bin davon überzeugt, dass Nationalität und Ethnie erdachte Kategorien sind. Grenzen sind von Menschen gezogen und Menschen werden von Menschen erforscht. Aus den sich daraus ergebenden Kategorien und Parametern erwachsen Möglichkeiten der Wertzuschreibung, diese dienen zur Legitimation von Ausbeutung und diese dient wiederum der Wertschöpfung (…deshalb muss sie erhalten werden.). Für Beispiele muss man nicht bei den Dümmsten suchen. Rassismus ist kein Problem minderen Intellekts. Immanuel Kant wird mit den Worten zitiert:
„Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Race der Weißen. Die gelben Indianer haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind weit tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“
Was die Islamfeindlichkeit betrifft, so funktioniert sie im Grunde ähnlich. In der Auseinandersetzung mit Religionen spielen Ethnien und Nationalitäten keine Rolle – außer es nützt jemandem !