Der Tod einer 81-Jährigen im katalanischen Reus bringt in Spanien die Menschen auf die Straße. Die alte Frau konnte die Energierechnungen nicht mehr bezahlen und der Versorger Gas Natural drehte ihr Strom und Gas ab.
Mit Kerzen wollte sie etwas Licht ins Dunkel der Wohnung bringen. Die fing Feuer, die Rentnerin kam ums Leben. Der Fall steht exemplarisch für die Auswirkungen der Austeritätspolitik, die nicht nur in Spanien immer mehr Menschen in die Armut treibt.
Dr. Pablo Iglesias, Chef der linken Oppositionspartei Unidos Podemos, schob die falsche Political Correctness zur Seite. Er spricht offen über Feinde und soziale Macht. Wir haben sein Statement (siehe unten) übersetzt.
Ich weiß ganz genau, wer meine Feinde sind. Ich weiß auch, dass es ein geächtetes Wort in der korrekten Politikersprache ist. Wie kann man denn von Feinden reden?
Natürlich kann man von Feinden reden, weil eine alte Dame, die einer Zwangsräumung zum Opfer fällt, andere Interessen hat als die Bank, die das veranlasst. Natürlich sind es Feinde!
Natürlich hatte die Rentnerin, die ihre Gasrechnung nicht bezahlen konnte und letzte Woche in ihrer Wohnung starb, andere Interessen als die Chefs von Gas Natural. Natürlich sind es Feinde!
Und das zu sagen, bedeutet nicht aggressiv zu werden oder die Menschen auf die Straße zu bringen. Das ist ganz einfach die Dinge beim Namen zu nennen, und die Menschen verstehen das sehr gut.
Diejenigen, die die Dinge nicht beim Namen nennen und Euch belügen, damit Ihr die Wahrheit nicht erkennt, sind die, die auch erlauben, dass unverschämte Personen wie der Bürgermeister von Badalona, sagen, dass die Ausländer das Problem seien. Das ist es, was damit befeuert wird!
Wenn die Dinge nicht benannt werden, dann ist es genau das, was Demagogen wie Donald Trump die Tür öffnet, der sagt, dass die Mexikaner das Problem seien oder hier in Spanien die Menschen, die vor dem Elend in Afrika flüchten das Problem seien.
Und wenn man alles so klar anspricht, dann ist es doch klar, dass es die Mächtigen gegen uns aufbringen wird. Es kann auch gar nicht anders sein.
Könnt Ihr euch vorstellen wie der Chef von Gas Natural, Isidro Fainé, sich fühlen muss, wen einer mit Pferdeschwanz aus Vallecas (Anm.: ein Arbeiterviertel in Madrid) sagt, ab ins Parlament und vor den Untersuchungsausschuss!
Er wird denken: „Was glaubst du denn, wer du bist Jüngelchen? Ich kaufe mir doch die Politiker, ich nehme die als Berater in den Verwaltungsrat und zahle ihnen beschissene 60.000 Euro im Jahr, die ich gerade mal übrig habe, die ich überhabe und habe sie gekauft und sie halten still!“
Was meint Ihr, wie die sich fühlen? Stellt Euch vor, was sie von uns denken? Diese Leute haben viele Freunde in den Medien und sie können den Hörer abnehmen und sagen: „Gebt Gas, gebt Gas, gebt Gas. Schlammschlacht, … Egal. Alles, was nötig ist, aber macht sie fertig!“
Aber wir haben eine gebildete Gesellschaft, die nicht mehr auf die Schlammschlachten hereinfällt, die keine Angst mehr hat. Die sozialen Netzwerke glühen förmlich, wenn eine Zeitung eine Titelseite bringt, die die spanische Politik durch den Dreck zieht und immer wieder behauptet, wir würden manipulieren.
Die Mächtigen sind dann ganz erstaunt und beschwere sich darüber, dass, wenn man einen von Podemos aufs Korn nimmt, dann 40 andere auftauchen und sie beleidigen. Das ist soziale Macht!
Übersetzungen aus dem Spanischen von Jairo Gomez.
Zum Hintergrund: Nach einer OECD-Studie ist nirgends die soziale Ungleichheit so groß wie in Spanien. Etwa jeder vierte Beschäftigte hat nur noch einen befristeten Arbeitsvertrag. In den unteren Einkommensgruppen sind in den letzten Jahren die Löhne und Gehälter im Durchschnitt um über 20 Prozent gesunken. Jeder Fünfte ist armutsgefährdet.
Dennoch steigen die Energiekosten weiter. Viele Menschen können ihre Rechnungen kaum noch bezahlen. Die 81-jährige Rentnerin konnte es nicht mehr und der Energieversorger Gas Natural sperrte Strom und Gas. Offenbar dienten der Rentnerin über mehrere Monate Kerzen als Lichtquelle. Die katalanische Polizei geht davon aus, dass durch die Kerzen der Wohnungsbrand ausgelöst wurde, bei dem die alte Frau ihr Leben verlor.
In zahlreichen Städten kam zu Demonstrationen gegen Energiearmut. Tausende gingen auf die Straße. In Madrid wurde vor dem Unternehmenssitz des Energiekonzerns Gas Natural Fenosa protestiert.
Die spanische Oppositionspartei Unidos Podemos hat einen Untersuchungsausschuss gefordert. Außerdem fordert Podemos ein Gesetz, dass die Sperrung von Strom und Gas grundsätzlich verbietet.
Der Fall hat die Gemüter erhitzt und beherrscht die Schlagzeilen. Auch die Zeitung Eldiario.es berichtete über den Tod der alten Frau und schrieb von einem Unglück. Viele Leser sehen das anders: In den Kommentarspalten sprechen sie von Mord. Ermordet durch ein System, dessen Protagonisten keine Rücksicht auf die Schwächsten der Gesellschaft nehmen und die Pablo Iglesias als Feinde bezeichnet.