Viele Menschen verfolgten gestern tagsüber bis spät in die Nacht die Gründung von DiEM25 (Demokratie in Europa Movement 25). Bei der Pressekonferenz vormittags war der Andrang groß, die deutschen Mainstream Medien waren erschienen, mehr oder weniger willig (Zitat eines Journalisten einer überregionalen Zeitung: „Wir wollen für diesen Unsinn doch keine Werbung machen!“), aber auch viele Medien anderer Europäischer Länder und auch Selfmade Blogger und einfach interessierte Schreiberlinge.
Am Abend sammelten sich ab 17 Uhr bereits Menschen vor der Volksbühne, die erhofften, noch eine Karte der seit vielen Wochen ausverkauften Veranstaltung zu ergattern. Beim Rumfragen und Rumhören stellte sich heraus, dass viele ohne präzises Ziel gekommen waren, sondern einfach aus Interesse, besorgt sind über die Situation in Europa und auf der Suche nach einer Lösung, die sie bei den etablierten politischen Kräften nicht sehen. Nicht unbedingt ein Kreis von Hardcore Polit-Aktivist_innen war das, sondern politisch interessierte, neugierige Menschen. Am Ende fielen für die geduldig Wartenden noch ein paar Karten ab. Aber viele mussten unverrichteter Dinge abziehen und sich irgendwo einen Livestream suchen.
Da Pressenza es zwar erreicht hatten, dass unsere griechische Korrespondentin Marianella Kloka eine Karte für die Veranstaltung bekam, aber ich selbst draussen bleiben musste, schaute ich mich in der Umgebung um. Im Antikriegscafé COOP, das in der Nähe der Volksbühne ist, wurde der Livestream auf Leinwand ausgestrahlt. Anfangs war es eine überschaubare Anzahl Menschen, die aber im Laufe des Abends immer mehr anschwoll.
Mit Erstaunen wurde wahrgenommen, wieviele Köpfe Varoufakis fähig war, zu versammeln. Darunter: Gesine Schwan, Katja Kipping, hochrangige Vertreter_innen grüner oder linker Parteien aus Frankreich und Großbritannien, Vertreter_innen von Blockupy und Podemos, Ada Colau, die Bürgermeisterin von Barcelona, war zugeschaltet und besonders beklatscht wurde Julian Assange, der eine per Video übertragene Rede hielt. Alle betonten den besonderen historischen Moment und die Wichtigkeit, aktiv zu werden, um das Ruder herumzureissen, denn Europa, so sind sie sich einig, driftet in eine Richtung von Disintegration. Dies werde eine Katastrophe zur Folge haben durch steigenden Nationalismus, Faschismus, ökonomischen Niedergang und eine Politik bedeuten, die vergleichbar sein wird mit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts mit den bekannten Folgen. Julian Assange sprach von einem langen, harten Winter, auf den wir zusteuerten, sollten wir nicht erfolgreich sein.
Die Veranstaltung endete nach Mitternacht. In der Zwischenzeit hatte die Volksbühne ihre Tore auch für die Draussengebliebenen geöffnet und man konnte im Foyer den Livestream sehen. Es war eine konzentrierte, positiv geladene Atmosphäre. Leute, die zu laut sprachen wurden nieder gehschscht, um jedes Wort der Reden verfolgen zu können. Müde und mit einer gespannten Hoffnung, dass diese Bewegung wirklich erreichen möge, dass sich etwas ändert, gingen die Menschen danach nach Hause.
Mehr zum Inhalt der Veranstaltung etwas später von Marianella Kloka.