Im Interview mit David Swanson sprechen wir über die wesentliche Bedeutung der Entscheidung, Pazifist zu werden, da der Krieg einen logischen Widerspruch darstellt und jegliche Art von Gewalt ein logischer Widerspruch an sich ist. Das ist eine wesentliche Botschaft in diesem Zeitalter des Krieges und der brutalen Gewalt überall in der Welt.
David Swanson ist Autor, Aktivist, Journalist und Radiohost. Er leitet World Beyond War und koordiniert die Kampagnen für Roots Action. Eines seiner Werke trägt den Titel „War Is A Lie“ (Krieg ist eine Lüge). Er bloggt außerdem auf DavidSwanson.org und WarIs A Crime. Er hostet Talk Nation Radio und wurde 2015 für den Nobelpreis für den Frieden nominiert.
Milena Rampoldi: Wie bist du Pazifist geworden? Wodurch hast du im Leben verstanden, dass Gewalt der falsche Weg ist?
David Swanson: Wie vielen Kindern wurde auch mir beigebracht, dass Gewalt falsch ist. Wie die meisten amerikanischen Kinder wuchs ich mit der Institution des Militärs in meiner Umgebung auf. Logische Widersprüche gefallen mir nicht. Daher habe ich mich für die Gewaltfreiheit entschieden (Why Am I a Peace Activist? Why Aren’t You?).
„… Ende 20 wurde ich Aktivist. Meine Themen waren nationale Angelegenheiten hinsichtlich der Strafjustiz, der sozialen Gerechtigkeit und der Rechte der Arbeiter. Mit 30 wurde ich zu einem professionellen Aktivisten, als ich anfing für ACORN zu arbeiten. ACORN ist eine Vereinigung gemeinschaftlicher Gruppen, die vielen mächtigen Menschen Angst einjagten. Daher wurde sie auch in den Medien verleumdet. Ihr wurden die Finanzierungen entzogen, um sie dann einige Jahre nachdem ich da war, zu zerstören. Ich protestierte gegen den Ersten Golfkrieg und auf dem ganzen Weg, der zum Irakkrieg von 2003 führte. Ich wurde so etwas wie ein Sprecher und Schriftsteller in den Reihen der Kriegsgegner, als ich 2004 als Pressesekretär für die Präsidentschaftskampagne von Dennis Kucinich tätig war. Das Thema des Friedens hatte in seiner Plattform oberste Priorität. Wir sprachen über Frieden, Handel und Gesundheitswesen und nicht so sehr über Handel und Gesundheitswesen.
In 2005 war ich in einer Kampagne tätig, um den Präsidenten George W. Bush seines Amtes zu entheben und ihn strafrechtlich zu verfolgen, weil er die Nation in den Krieg gelogen hatte. Dies bedeutete, dass ich eng mit der Friedensbewegung zusammenarbeitete und ein Teil dieser Bewegung wurde, obwohl ich mich in einer wenig friedlichen Angelegenheit engagierte, die darin bestand, den Präsidenten vor Gericht zu bringen und zu verhaften. Ich tauchte in den Online-Aktivismus und in den Aktivismus auf der Strasse ein, indem ich organisierte, lehrte und protestierte. Ich entwickelte Strategien, übte Lobbyarbeit aus, plante, schrieb, protestierte, ging ins Gefängnis, führte Interviews und engagierte mich für den Frieden.“
Welche sind die Hauptziele deiner Seite “World Beyond War”?
Das Hauptziel besteht in der vollständigen Eliminierung des Krieges als Institution. Hier findest du die Schritte auf diesem Weg.
Könntest du unseren Lesern erklären, was die Seite rootsaction.org als Online-Mobilisierungskraft erreichen möchte?
Viele Online-Gruppen in den USA agieren als verlängerter Arm einer politischen Partei. Dies beschränkt ihre Kompetenzen. RootsAction.org wächst schnell (wir sind nun fast 650.000 Leute) und ist unabhängig. Wir hoffen, noch mehr aussagekräftige Online-Aktionen für Frieden, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung organisieren zu können und auch Offline-Aktionen zu denselben Zwecken zu unterstützen.
Welche sind die wichtigsten Botschaften deines Buches “War is a lie” (Krieg ist eine Lüge)?
Wir werden in jeden Krieg hineingelogen. Hier findest du einen Artikel, den ich vor kurzem zum Thema verfasst habe.
So beginnt „Der Krieg ist eine Lüge“: Gar nichts von dem, was wir normalerweise von den Kriegen glauben und das ihre weitere Existenz unterstützt, entspricht der Wahrheit. Kriege können nicht gut oder glorreich sein. Und auch können sie nicht als Mittel gerechtfertigt werden, um Frieden oder irgendetwas Wertvolles zu erreichen. Die Rechtfertigungen vor den Kriegen, während der Kriege und nach den Kriegen (oft gibt es sogar drei vollkommen verschiedene Rechtfertigungen für ein und denselben Krieg) sind alle falsch. Es ist üblich sich dies vorzustellen, weil wir nie ohne einen guten Grund in den Krieg gezogen wären. Deshalb müssen wir ja einen guten Kriegsgrund haben. Dieser Gedankengang muss umgekehrt werden. Denn es kann keinen guten Grund für einen Krieg geben. Indem wir in den Krieg ziehen, nehmen wir an einer Lüge teil.
Ein sehr intelligenter Freund sagte mir vor kurzem, dass vor 2003 kein amerikanischer Präsident jemals über die Gründe eines Krieges gelogen hatte. Ein anderer Freund, der ein wenig besser informiert war, meinte, dass die Vereinigten Staaten zwischen 1975 und 2003 nie Probleme mit Kriegslügen oder unerwünschten Kriegen hatten. Ich hoffe, dass sie dieses Buch dabei unterstützen wird, das Ganze zu überdenken. „Ein auf Lügen aufgebauter Krieg“ ist praktisch dasselbe, wie wenn man „Krieg“ sagt. Die Lügen sind Teil des Standardpakets.
Wie wichtig sind Vernetzung und Stellungnahme in unserer Arbeit als Aktivisten für den Frieden und die Menschenrechte?
Absolut wesentlich. Wir müssen uns um Krieg, Rassismus, Plutokratie, Sexismus, Umweltzerstörung, usw. kümmern. Und zwar um alle Themen gemeinsam da diese Themen alle eng miteinander verbunden sind und auch weil wir, um erfolgreich zu sein, eine kollektive Kraft von uns allen brauchen.