Opfer von Kriegen sind nicht nur Menschen, wenn auch das Ziel von Kriegen darin besteht, möglichst viele „Feinde“, sowohl Militär als auch Zivilpersonen, zu töten oder sterben zu lassen. Aber auch Wasser, Luft, Böden, Wälder und Tiere werden zu Opfern, vergiftet durch Explosionen und Verschüttungen; Häuser, Straßen, Brücken, Eisenbahnen werden zu Schutt, und die Atmosphäre wird durch Millionen zusätzlicher Tonnen CO2 verseucht, erzeugt durch Bomben und Tötungsmaschinen – Kanonen, Mörser, Raketen, Flugzeuge, Drohnen und Panzer, die im Einsatz sind oder hergestellt werden, um die Vorräte wieder aufzufüllen; erzeugt aber auch durch alle Wiederaufbauarbeiten, wenn und sobald die Waffen schweigen.

Kurz gesagt, auch die Umwelt, das Klima, die Erde sind Opfer von Kriegen… Ein Beispiel dafür ist der Ground Zero des Gazastreifens, der zu einer Mondlandschaft gemacht wurde, damit die Palästinenser nicht mehr dort leben und dafür die israelischen Siedler den Ort nach ihrem Geschmack „regenerieren“ können. Krieg ist ein mörderischer Beschleuniger der Klimakrise; sich um die Zukunft des Planeten zu sorgen und gleichzeitig einen Krieg im Sinne von „Sieg oder Niederlage“ zu befürworten, ist reine Heuchelei.

Aber der Zusammenhang zwischen Krieg und Klima funktioniert auch in umgekehrter Richtung: Die Umweltkrise führt wiederum zu Kriegen, weil sie direkt oder durch die Konflikte, die sie schürt, viel Migration bewirkt: heute Hunderttausende Migrierende, morgen Millionen, in einigen Jahrzehnten sogar Milliarden. (So sehen zwei wichtige Wissenschaftler diesen Zusammenhang: Gaia Vince, Il secolo nomade, Bollati Boringhieri, 2023, und Parag Khanna, Il movimento del mondo, Fazi, 2021).

Klimaleugnung und Migrantenphobie marschieren seit einiger Zeit gemeinsam und erreichen nun eine Regierung der Welt nach der andern. Anscheinend wird dieser Marsch von der Politik der Abweisung (oder „Deemigration“) angeführt, dem Schlachtross aller Rechten, aber dahinter spukt die Klimakrise herum: das wirre Gefühl, dass es mit deren Verschärfung auf unserem Planeten keinen Platz mehr für alle geben wird, und dass wir deshalb unseren Raum verteidigen müssen. Also eigentlich das Gegenteil von Klimaleugnung…

So werden Migrant:innen – die jahrzehntelang die treibenden Kräfte hinter der industriellen Entwicklung der Vereinigten Staaten und später hinter den „Wirtschaftswundern“ Europas und Australiens nach dem Zweiten Weltkrieg waren – heute als die größte Bedrohung für einen Wohlstand (ob groß, klein oder unbedeutend) angesehen, von dem die heute entwickelten und gestern kolonialistischen Nationen sich als legitime Nutznießer fühlen. Wir müssen Krieg gegen die Migranten führen! Denn um einen regelrechten Krieg handelt es sich hier.

Leider ist diese Wahrnehmung nicht so falsch, denn die Klimakrise und die Politik, die ihr nur Lippenbekenntnisse entgegensetzt, schränkt den bewohnbaren Lebensraum des Planeten ein, bevor sie ihn vielleicht ganz verschwinden lässt. Dies zu leugnen, zu vergessen, so zu tun, als gäbe es das Problem nicht, das sind ebenfalls – hinterhältige – Formen der Klimaleugnung. Den epochalen Charakter der aktuellen Migrationen nicht zu erfassen, auch wenn sie noch am Anfang stehen, und zu behaupten, dass ihre Dimensionen alles in allem unbedeutend seien, ist eine Form, sich „aus der Affäre zu ziehen“, vor dem Problem zu flüchten. Aus diesem Grund gewinnen die Rechten weltweit an Einfluss, während sich die Linken auflösen oder bereits verschwunden sind, und der Krieg gegen Migranten – der zwar erfolglos ist in seinen praktischen Auswirkungen, aber wirksam beim Buhlen um Zustimmung: Wie lange noch? – wird weiterhin als die einzig praktikable Politik dargestellt. Andere Lösungen auf Regierungsebene werden nicht in Aussicht gestellt, und die Linken folgen weiterhin insgeheim den Entscheidungen, die den Rechten Auftrieb geben, wenn sie ihnen nicht gar vorgreifen.

Die einzige Alternative zur Abweisung von Migranten – ob offen oder heimlich – ist eine Politik der uneingeschränkten Aufnahme, die jedoch eine radikale kulturelle Veränderung erfordert, angefangen bei der Anerkennung der zentralen Bedeutung der Umweltfrage, der Infragestellung des Stellenwerts, den sich die Menschheit in der Welt zugeschrieben hat, und einer vollständigen Umgestaltung der bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Strukturen.

Ansonsten gibt es den Krieg: gegen diejenigen, die versuchen, Länder zu erreichen, in denen sie nicht erwünscht sind (mittlerweile fast alle – vor allem wenn es darum geht, arme Menschen zu bekämpfen, die aus ihrem eigenen Land fliehen), und gegen Minderheiten und Gemeinschaften, die sich vor kurzer oder längerer Zeit in anderen Ländern niedergelassen haben. Diese sollen vertrieben (oder „reemigriert“) werden, wie es Trump tut und wie es die AfD in Deutschland tun will, indem sie auch innerhalb der jeweiligen Länder einen willkürlichen Belagerungszustand herstellt. Die heftige Aggression der Hamas beim israelischen Nova-Festival am 7. Oktober 2023 zeigt deutlich, wozu marginalisierte Minderheiten oder unterdrückte Gemeinschaften in allen Aspekten ihrer Existenz fähig sein können.

In jedem Fall ist das Kriegsklima, das sich in Europa mit dem Krieg in der Ukraine und noch mehr mit dem Krieg gegen Gaza und dem daraus resultierenden Wettrüsten (vor allem mittels Überwachungs- und Abhörtechnologien) verbreitet hat, die Grundvoraussetzung für den Krieg, den wir an dieser anderen Front führen sollen. Der Krieg Israels gegen die Palästinenser in Gaza und seiner Siedler gegen die Palästinenser den besetzten Gebieten macht deutlich, wie weit die „westliche Zivilisation“ bereit ist, gegen „unerwünschte“ Gemeinschaften und migrierende Völker zu kämpfen, vor denen sie sich schützen will: bis zur totalen Wüstenbildung…

Es gibt kein Entkommen: In Deutschland denkt man bereits darüber nach, die Grenzen zu schließen, um die Migrierenden auf die Nachbarländer, die Partner der Europäischen Union, zu verteilen. Und so werden es früher oder später alle tun; so geschieht es dank der Dublin-Verordnung schon seit einiger Zeit gegenüber den Ländern, wo die Migranten zuerst im Mittelmeer landen – Italien, Spanien und Griechenland. Stattdessen sollte eine breite Debatte darüber eröffnet werden, wie die Milliarden, die heute unnötigerweise für den Versuch, „die Grenzen zu verteidigen“, ausgegeben werden, stattdessen für eine echte Willkommenskultur verwendet werden können. Aber welche Grenzen?

Für diejenigen, die es bisher nicht sehen wollten: die Freilassung des libyschen Verbrechers Almasri bringt die grausamen Mittel ans Licht, zu denen die europäischen Regierungen unter dem Druck der Transitländer gezwungen werden. Sie versuchen so – nur teilweise erfolgreich–, die Vorhut der zukünftigen Flut von Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsflüchtlingen (was letztlich dasselbe ist) abzuwehren. Es handelt sich nicht um eine italienische Besonderheit. Die Abkommen mit dem Despoten Tunesiens, Sayed, die von Giorgia Meloni zusammen mit Ursula Von der Leyen, also der Europäischen Union, nach demjenigen zwischen Angela Merkel und Erdogan unterzeichnet wurden, zeigen, worauf die derzeitige vorübergehende Abnahme der Migrationsströme, die über das Mittelmeer kommen, zurückzuführen ist: In Tunesien werden Flüchtlinge, die im Meer gefangen genommen oder an Land festgehalten wurden, an libysche Milizen verkauft, damit diese sie an Bord und auf See erneut gefangen nehmen, wobei Mittel und Geld in beiden Fällen von Italien und Europa bereitgestellt werden. Dies jedoch nicht, bevor sie gefoltert, als Sklaven benutzt, ausgeraubt und erpresst wurden, um mehr Geld von ihren Verwandten zu kassieren; Frauen werden misshandelt, vergewaltigt, zu Abtreibungen gezwungen (aber die „Lebensschützer“ haben in diesem Fall nichts dagegen!) oder zusammen mit ihren Kindern in der Wüste ausgesetzt, um zu verdursten und vom Sand begraben zu werden…

Wir alle, in Europa genauso wie in den Vereinigten Staaten, mittlerweile aber auch in Tunesien, der Türkei, Marokko oder Algerien, befinden uns in einer „Zone of Interest“, das heißt, wie in einem kürzlich erschienenen Erfolgsfilm dargestellt: Wir führen unser angeblich normales Leben neben einem riesigen Vernichtungslager – in diesem Fall von planetarischer Größe. Es wird von unseren Regierungen betrieben, und wir tun, als ob wir “ nichts wüssten“, wissen aber sehr wohl Bescheid…

Es ist keine Wende in Sicht, die uns dieser Rolle entziehen könnte, aber wie immer sollte es gelingen, eine globale Sicht auf die anhaltende Katastrophe mit einer Vermehrung lokaler Initiativen zu koppeln. Wir müssen, um die Bekämpfung der Klimakrise voranzutreiben, mit lokalen Maßnahmen zur Anpassung an die immer schwierigeren Bedingungen beginnen, unter denen wir leben werden; und ebenso müssen wir, um der Tendenz zu immer mehr Ausrottung und Vernichtung entgegenzuwirken, die weit verbreiteten Netze zur Aufnahme von Migrant:innen stärken und unterstützen: nämlich die Netze, die in der Lage sind, Kulturen, Berufungen und Unternehmungsgeist von Migrant:innen zu wertzuschätzen, und sie gleichberechtigt in alle Widerstandsinitiativen einzubeziehen. Wir müssen vor allem ihre Verbindungen zu den Herkunftsgemeinschaften durch gemeinsame Projekte würdigen, die darauf abzielen, die Verderbnisprozesse der physischen und sozialen Umwelt sowohl in den Herkunfts- als auch in den Ankunftsgebieten einzudämmen oder gar umzukehren: ein Netzwerk der transnationalen Zusammenarbeit und des lokalen Widerstands, um nicht nur Projekte, sondern auch Kraft und Mobilisierung zu entwickeln, um den gegenwärtigen autoritären und rassistischen Tendenzen entgegenzuwirken.

Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!