Muss man sich denn wirklich schämen, wenn man noch glaubt, dass Frieden möglich ist und organisiert werden kann? Fast ergreifen einen Zweifel, wenn man die Alltagspredigt der politischen Ebene hört, die all die als nette Trottel darstellen, die einfach 80! Jahre nicht gemerkt hätten, dass die Welt doch nicht so friedlich ist, wie man dachte oder es sich erträumten. Die Rede von den „Träumern“ hatte ja schon zum 100-jährigen Jubiläum der 1918er Revolution die Runde gemacht – ohne wahrzunehmen, dass auch damals bereits Analysen der Ursachen von Gewalt analysiert wurden – übrigens insbesondere von Frauen, die darauf Resolutionen und Forderungen zur Friedensbildung in die Gesellschaft trugen.

Kasernen wurden inzwischen mit Recht zu Wohnungen umgebaut, die Wehrpflicht abgeschafft (wie lange hält das denn noch?). Es gab (inter-)nationale Abrüstungsanstrengungen, auf die man stolz sein konnte und ein von der UNO verfügtes Verbot von Nuklearwaffen, das die Veto-und NATO-Mitglieder nicht unterzeichnen. Es gibt seit dem Jahr 2000 eine Frauen-Friedens-Sicherheitsagenda, die inzwischen an Kraft und Gehalt verliert, wenn Abrüstung und Prävention aus den politischen Programmen der meisten Parteien gestrichen werden. Und dann der russische Angriffskrieg aus dem diplomatischen Nichts! Ausgeblendet werden die Kriege an denen die BRD mitgewirkt hat durch Waffenexporte, Militäreinsätze am Balkan, in der gesamten Welt. Das notwendige kontinuierliche Arbeiten an der Befriedung und dem Engagement für eine gerechteren Gesellschaft – wie sie gerade auch eindrucksvoll vom Weltmarsch für Frieden und Gewaltfreiheit betont wurde – werden blitzschnell von der Agenda genommen und vergessen gemacht.

Wie schnell war die Zeitenwende formuliert, der Klimawandel aus den Schlagzeilen und Programmen gedrängt, Abrüstung als (moralisch-ethische und praktische) Verantwortung quasi abgeschafft. Die Forderung nach Kriegstüchtigkeit der gesamten Bevölkerung wurde in die Kommunikation eingeführt und wird medial auf allen Kanälen verbreitet.

Wie absurd mutet es an, dass die Förderung von Friedensfähigkeit, von Toleranz, Solidarität, Humanität nun vom Kampfeswille gegen den Feind ersetzt werden soll – auch wenn z.B. im bundesrepublikanischen Kontext Friedensarbeit immer völlig unterfinanziert ist und war und nie Eingang in Schulen und Bildungseinrichtungen gefunden hat. Die Forderung nach der Einrichtung eines Friedensministeriums zum Gegenpol des Verteidigungs/Kriegsministeriums, die die Internationale Frauenliga bereits 1919 erhoben hat wird noch nicht einmal ernsthaft in eine Debatte einbezogen.

Wie muss es den vielen „Friedensarbeiter*innen“ in Konfliktgebieten in Nahost wie auch in der Ukraine, in Osteuropa und Zentralasien gehen, deren Analyse der Ursachen für Krieg und Gewalt und ihre praktische Versöhnungsarbeit und vertrauensbildende Maßnahmen weggekürzt werden. Wie geht es uns, die als Mitglieder einer über 100 Jahre alten Frauenfriedensorganisation, seriöse Konfliktanalyse betrieben haben im Dreieck zwischen Patriarchat, Militarismus und Kapitalismus, die an lokalen bis internationalen Netzwerken für Gerechtigkeit und an der Perspektive für permanenten Frieden beteiligt sind? Schon bitter zu spüren, wie die Angstpropaganda und die Verunsicherung weiter Teile der Bevölkerung wie Gift ins kollektive Bewusstsein geträufelt werden.

Wieder einmal in der Geschichte dominieren und gewinnen Geostrategie, wirtschaftliche Interessen und Machtkonstellationen gegen zivile Logik. Gewalt im Umgang miteinander wird geschürt – nicht zuletzt rassistische Übergriffe, Femizide sprechen Bände. Ausgrenzung bekommen zuerst die Schwächsten der Gesellschaft besonders zu spüren: Frauen werden wieder an den Rand gedrängt und Feminismus in ein „wokes“ Päckchen gepackt und abgelegt. Gelder im Kultur-, im Sozial- und Gesundheitsbereich werden leichtsinnig in den Klingelbeutel der Kriegstreiber*innen geworfen, um NATO-Beiträge und Militär zu finanzieren. Prävention und humanitäre Hilfe fallen dabei erkennbar dem Rotstift zum Opfer.

Und die politische Rechte marschiert in die Rathäuser und Parlamente.

Als internationale Vorbereitungsgruppe unter der Führung des Netzwerks von Transform Europe stemmen wir uns gegen diesen Mainstream und widmen uns weiter der Erforschung von Utopien für Frieden und Gerechtigkeit.

Wir freuen uns, Sie zur Future Factory 2025 einzuladen, wo wir gemeinsam in die Diskussion über greifbare Utopien eintauchen werden. Aufbauend auf dem letztjährigen Prozess der Vorstellung des Europas, das wir wollen, werden wir in diesem Jahr bestehende Konzepte der demokratischen Planung, der Zukunft des Multilateralismus und der Chancen für Frieden und Gerechtigkeit untersuchen.

Aktivist*innen, Akademiker*innen, verschiedene linke, progressive und antikapitalistische politische Kräfte und Organisationen kommen vom 23. – 25. Januar in Rom zusammen, um eine friedliche und gemeinschaftliche Zukunft zu diskutieren, zu planen und zu entwerfen, in der Krieg und Ausbeutung nicht nur undenkbar, sondern unmöglich sind!

https://transform-network.net/event/the-future-factory-2025-tff25/