Es gibt einen neuen Trend auf der Welt, der gegen den Planeten arbeitet – Sie wissen schon, das ist der, auf dem Sie gerade stehen. Und dieser neue Trend bedeutet seit ungefähr einem Jahr „Daumen runter“ für den Planeten Erde. Er ist entmutigend, voller Gefahren und befrachtet mit Änderungen in der Haltung und der Abkehr von eingegangenen Verpflichtungen auf allen Seiten.
Mehrere wichtige Akteure haben den, bildlich gesprochen, „Planeten-Unterstützungs-Schalter“ umgelegt. Der Beweis für diese Realitätsverweigerung findet sich seit ein paar Jahren bei jedem Treffen der Staaten der Welt. Sie rümpfen ihre Nase gegenüber früheren Verpflichtungen. Das ist neu. Und es geschieht in einer Zeit, in der sich der Klimawandel in ein nicht mehr zu ignorierendes, zerstörerisches Ungeheuer verwandelt hat, das uns in den abendlichen Nachrichtensendungen vor Augen geführt wird, wenn wie im spanischen Paiporta Autos wie Spielzeug in reißenden Flüssen durch die Straßen der Stadt geschwemmt werden.
Unterdessen findet vom 11.-22. November im Ölstaat Aserbaidschan die Weltklimakonferenz COP29 statt. Was für ein befremdlicher Zufall: UN-Klimakonferenzen sind zu einem Nebenprodukt der Großzügigkeit von Ölproduzenten verkommen. Na ja, immerhin, die Tagungsorte sind wirklich eindrucksvoll. Ich frage mich nur, wie sie die Rekordtemperaturen abwenden wollen, die durch die Emissionen fossiler Brennstoffe wie CO2 verursacht werden? Vor diesem Paradox gibt es verheerenderweise kein Entkommen.
Entscheidende Schlüsseldaten weisen auf die Herausforderungen für die COP29 hin: 2023 betrug der jährliche CO2 Ausstoß annährend 37,4 Mrd. Tonnen gegenüber 9 Mrd. Tonnen im Jahr 1960. Dr. Patrick McGuire von der University of Reading und dem National Center for Atmospheric Science drückt es so aus:
“Das neue Global Carbon Budget enthüllt eine beunruhigende Realität: Die weltweiten fossilen CO2-Emissionen steigen weiter und werden bis 2024 dann tatsächlich 37,4 Mrd. Tonnen erreicht haben.
Trotz deutlicher Zeichen für die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels bewegen wir uns noch immer in die falsche Richtung. Die Notwendigkeit einer raschen Dekarbonisierung war noch nie so brandeilig.“ (Quelle: Fossil Fuel Co2 Emissions Increase Again in 2024, University of Reading, November 13, 2024)
Außerdem und von größerer Bedeutung als nur einer Randnotiz auf der COP29, wird laut Victoria Cuming, Leiterin globaler Politik bei BloombergNEF: “Donald Trumps dramatischer Sieg bei den US Wahlen Gift in die Klimagespräche streuen.“ (Quelle: Bloomberg Green Daily: COP29 Climate Money Fight)
Der Planet verliert entscheidende Unterstützung. Doch muss man kein Klimawissenschaftler sein, um zu erkennen, dass die Erde bereits jetzt am Durchdrehen ist – mit verheerenden Waldbränden, sturzflutartigen Regenfällen, massiven und zerstörerischen Überschwemmungen, sengenden Dürren, heftigen Hagelstürmen und beängstigenden, noch nie dagewesenen Gewittern, die aber nun zum Alltag gehören. Jahrhundert-Wetterereignisse sind passé – nun treten sie alle zwei Jahre auf.
Auf der UN-Biodiversitätskonferenz vom 21. Oktober bis 1. November in Kolumbien wurden kürzlich die Gespräche zum Thema Naturschutz abgebrochen, weil sich die Staaten nicht auf Kernziele einigen konnten. Es war die 16. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur biologischen Vielfalt und sie war ein Desaster: „Die Gespräche wurden vom ausbleibenden Fortschritt bei der Umsetzung der weltweiten Biodiversitäts-Rahmenrichtlinien von Kunming-Montreal überschattet – einem Meilenstein des ‚Pariser Abkommens für die Natur‘, der 2022 während der COP15 in Montreal beschlossen worden war.“ (Quelle: Carbon Brief Nov. 2, 2024) Am Ende der Zusammenkunft konnten nur 44 der 196 Länder einen neuen Biodiversitätsplan vorlegen. Das ist erbärmlich.
Und das Klimaneutralitäts-Ziel, um die globale Erwärmung aufzuhalten? Könnt Ihr vergessen!
Beim G20 Gipfel im September wurden Forderungen nach einer Abkehr von den Zusagen laut, das Verbrennen von Öl, Kohle und Gas zurückzufahren. (Quelle: G20 Countries Turning Backs on Fossil Fuel Pledge, Say Campaigners , The Guardian, Sept. 10, 2024).
„In den vergangenen Monaten erlebten wir, wie alle mit ihren Klimaverpflichtungen zurückruderten – große Unternehmen wie auch die einzelnen Staaten. Das ist nicht wirklich eine Überraschung, obwohl die Beschleunigung des Klimawandels immer offensichtlicher wird.“ (Quelle: Countries Are Rolling Back Their Climate Commitments, Climatebase, October 7, 2024)
Weltkonzerne von Ford bis JP Morgan Chase nehmen ihre Verpflichtungen in Bezug auf den Klimawandel zurück und all das ist eng mit dem verbunden, was sich bereits im Vorfeld der COP29 abgespielt hat, und sich nun vor amüsierten Oligarchen aus dem Nahen Osten abspielt.
„Anstatt darauf hinzuweisen, dass das für eine umweltfreundliche Wirtschaft erforderliche Geld bereitsteht, sagen die Branchenführer nun, dass ihre oberste Priorität darin besteht, den Kunden finanzielle Erträge zu liefern, und das bedeutet, dass Investitionen in die Energiewende nur dann getätigt werden, wenn sie als rentabel angesehen werden.“ (Quelle: wall-street-wants-you-to-know-profit-comes-before-net-zero, Bloomberg, 18. September 2024.)
Die Banker geben so auf den Politikern und Regierungen die Schuld, die größtenteils nicht gewillt waren und sind, beim globalen Kampf gegen den Klimawandel voranzukommen. Mittlerweile, und es ist offensichtlich und kann nicht oft genug benannt werden, waren die Warnsignale mit Blick auf das Klima nie so deutlich wie in diesem Jahr. Wer es noch nicht mitbekommen hat: Beim Thwaites-Gletscher in der Westantarktis hängt ein Anstieg des Meeresspiegels um 60-90 cm am seidenen Faden des Permafrosts.
Wenn er abbricht, und es gibt allen Grund anzunehmen, dass dies im Laufe der jetzigen Generationen geschehen wird, sind die Messen für 8 der 10 weltgrößten, an einer Küste gelegenen Millionenstädte gesungen. Das ist nur einer der verschiedenen Kipppunkte, die kurz davor sind, erreicht zu werden – und die kippen werden. Hauptakteur, und zwar an erster Stelle stehend, sind dabei die fossilen Brennstoffe, deren CO2-Emissionen etwa 76 % der gesamten Treibhausgasemissionen ausmachen.
Und es ist ein Irrglaube, dass die Kohlenstoffabscheidung bzw. -bindung der Gamechanger wird; sie ist zu langsam, zu unhandlich, zu teuer, zu ineffizient, dauert zu lange und ist mit der Aufgabe, eine super-duper-effektive Technologie sein zu sollen, überfordert. „Trotz ihrer langen Geschichte ist die Kohlenstoffabscheidung eine problematische Technologie. Eine neue IEEFA-Studie untersuchte die Kapazität und Leistung von 13 Vorzeigeprojekten und stellte fest, dass 10 der 13 Projekte gescheitert sind oder ihre geplante Kapazität meist deutlich verfehlt haben.“ (Quelle: Carbon Capture Has a Long History of Failure, Bulletin of the Atomic Scientists, September 1, 2022)
Der Rückgang der Hilfe für den Planeten könnte zu keinem schlechteren Zeitpunkt geschehen.
Laut Perilous Times on Planet Earth: 2024 The State of the Climate Report verzeichnen 25 von 35 entscheidenden Kennzeichen des Planeten extreme Rekordwerte. Ein Anteil von zwei Dritteln mit Extremwerten bei diesen wird von Klimawissenschaftlern als klares Signal für einen Planeten „am Abgrund“ angesehen.
Leider Gottes ist der Verlust von dringend benötigter Unterstützung aus „Sorge um den Profit“ bestenfalls unsinnig und trivial, kleingeistiges statt großes Denken.
Ein Bericht des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung widerspricht dieser Auffassung und entlarvt die Dummheit, die hinter dem Motto „Profit vor Planet“ steht: „Die Analyse der Daten von 1.500 Regionen in den letzten 30 Jahren hat gezeigt, dass 30 Prozent es geschafft haben, ihre Kohlenstoffemissionen zu senken und gleichzeitig wirtschaftlich zu florieren.“ (Quelle: green-growth-30-percent-of-regions-worldwide-achieve-economic-growth-while-reducing-carbon-emissions, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 29. Oktober 2024)
Abgesehen vom Irrsinn des Profitstrebens auf Kosten der Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels, welches die Schattenseiten des Hochleistungskapitalismus offenlegt, gibt es auch gute Nachrichten: Einigen Klimaexperten zufolge könnten Trumps Wiederwahl und seine Äußerungen, dass grüne Energie ein Betrug sei, sowie die Wahrscheinlichkeit, dass er die UN-Klimavereinbarungen von Seiten der USA aufkündigt, zu einem neuen Gefühl der Eintracht führen und vielleicht sogar zu einem Bündnis, das tatsächlich etwas Positives zu Stande bringt, um so die Emissionen fossiler Brennstoffe zu stoppen und einen angeschlagenen Planeten zu erhalten. Möglich wäre es, aber hier in Amerika zieht die Wall Street zu erzielende Profite dem Planeten vor. Ehrlich gesagt, sollte man das nicht umkehren?