Ergebnisse der bislang umfangreichsten Studie zur Ockergewinnung in Afrika zeigen, dass das Erdmineral bereits seit fast 50.000 Jahren gezielt ausgewählt, systematisch gewonnen und über lange Distanzen transportiert wurde.
Jagdszenen in den prähistorischen Höhlen von Lascaux in Frankreich, Zeremonien und Körperbemalungen indigener Völker weltweit, Kunstwerke aus dem Mittelalter – Ocker, ein natürlich vorkommendes, lichtechtes Erdmineral, wird von Menschen wohl seit jeher als Farbstoff, Sonnenschutz, Klebstoffzusatz sowie für medizinische und rituelle Zwecke verwendet: Die in Nature Communications veröffentlichte Publikation widmet sich nun erstmals der Rolle und regionalen Verbreitung von Ocker im südlichen Afrika.
Basierend auf 173 Proben von fünfzehn steinzeitlichen Fundstellen konnte das internationale Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und dem Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (HEP) in Tübingen regionale Netzwerke zur Gewinnung, zum Transport und zur Verwendung von Ocker rekonstruieren. Kulturelle Praktiken entwickelten sich nicht isoliert, sondern waren eingebettet in ein weitreichendes Netzwerk, das von Austausch, saisonalen Wanderungen und symbolischer Kommunikation geprägt war. Die Studienergebnisse verweisen auf die generationen-übergreifende Weitergabe von Wissen über Ocker – eine Tradition, die in Eswatini bis heute fortbesteht und beispielsweise in Hochzeitsritualen Ausdruck findet. Neue Datierungen mittels optisch stimulierter Lumineszenz bestätigen zudem das hohe Alter der Lion Cavern in Eswatini und unterstreichen deren Bedeutung als weltweit älteste bekannte Stätte intensiver kontinuierlicher Ockergewinnung.
„Die bahnbrechenden Forschungsergebnisse sind das Ergebnis einer langfristig angelegten Entwicklungszusammenarbeit zwischen dem DAI und lokalen Partnern wie der Eswatini National Trust Commission (ENTC) und der University of Eswatini (UNESWA) mit dem Ziel Nachwuchs-forscher:innen in internationale Spitzenforschung einzubinden und den Schutz nationalem Kulturerbes vor Ort zu stärken“, erläutert Jörg Linstädter, Leitender Direktor der Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen. Die Forschungsarbeit erweitert das kulturelle Verständnis und belegt die historische Bedeutung von Ocker im prähistorischen Südafrika. Die Studie zeigt, dass die Nutzung von Pigmenten tief in den sozialen und kulturellen Netzwerken der frühen Menschen verwurzelt war und verweist auf früheste menschliche Eingriffe zur bewussten Gestaltung ihrer Umwelt.
Publikation: MacDonald, B.L., Velliky, E.C., Forrester, B. et al. Ochre communities of practice in Stone Age Eswatini. Nat Commun 15, 9201 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-53050-6