Onlinemedien fallen unter die vom Grundgesetz gedeckte Pressefreiheit. Das erkannte das Bundesverwaltungsgericht heute erstmals an. Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz- und Rechercheplattform FragDenStaat, hatte nach Presserecht vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den Bundesnachrichtendienst geklagt, weil dieser ihm die Beantwortung von Presseanfragen zur Nutzung der Spionagesoftware „Pegasus” verweigerte. Nun erkannte das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich an, dass Presseauskunft Onlinemedien genau so wie Printmedien erteilt werden muss. Diese Frage war bisher umstritten. So urteilte etwa das Verwaltungsgericht Berlin, dass sich Onlinemedien nicht auf das Auskunftsrecht aus Artikel 5 Grundgesetz berufen können. Das Bundesverwaltungsgericht machte nun klar, dass die Pressefreiheit auch für digitale Medien gilt. Auskünfte zur Nutzung des Spähprogramms muss der BND dennoch nicht geben, da diese laut Gericht die Funktionsfähigkeit des Geheimdienstes beeinträchtigen könnten.
Semsrott: „Mit dem heutigen Urteil hat das antiquierte Presseverständnis von vielen Behörden und Gerichten endlich ein Ende. Es war längst überfällig anzuerkennen, dass Online- und Printmedien und ihre Journalist*innen gleiche Rechte besitzen. Damit müssen wir auch keine FragDenStaat-Zeitung mehr drucken. Dass der Bundesnachrichtendienst sich dennoch aus der Affäre ziehen kann und weiter dazu schweigt, ob er die umstrittene Pegasus-Software einsetzt, ist enttäuschend.“
Das Gericht urteilte, dass der Bundesnachrichtendienst keine Auskunft dazu geben muss, ob er die Spionagesoftware Pegasus angekauft hat und ob und wie diese eingesetzt wird. Laut Gericht steht der Beantwortung der Fragen entgegen, dass dies die aktuelle nachrichtendienstlichen Arbeitsweise und Methodik offenlegen würde und so mittelbar auch operative Vorgänge des BND gefährden könnte.
Semsrott, vor Gericht vertreten von Prof. Dr. Matthias Bäcker, hatte unter anderem Auskunft dazu verlangt, ob der BND „Pegasus” eingekauft hat, ob und wie die Spionagesoftware eingesetzt wurde und ob das Bundeskanzleramt darüber informiert war. Der Einsatz der Spionagesoftware „Pegasus” ist umstritten. Das Programm des israelischen Technologieunternehmens NSO Group kann aus der Ferne auf Smartphones gespielt werden und dann unbemerkt Anrufe, Fotos und verschlüsselte Nachrichten ausspähen und sogar integrierte Mikrofone und Kameras aktivieren. Immer wieder setzen autoritäre Regime wie Saudi-Arabien die Software gegen Oppositionelle, Aktivist*innen oder Journalist*innen ein. Bereits 2021 zeigten Recherchen von paper trail media und der Süddeutschen Zeitung, dass auch deutsche Behörden „Pegasus” nutzen.
Hier finden Sie weitere Informationen zur Klage von FragDenStaat gegen den Bundesnachrichtendienst.