„Civil War“ verweist einerseits klar auf die aktuellen politischen Entwicklungen in den USA, wenn hier ein auseinanderbrechendes Land als Setting dient.

Der Film verzichtet jedoch auf klare Kategorien von gut und böse, beschäftigt sich mehr mit einem journalistischen Quartett, das den Bürgerkrieg aus Eigennutz begleitet. Daraus lassen sich viele spannende Diskussionen ableiten, es gibt auch eindrucksvolle Szenen. Und doch bleibt das alles etwas oberflächlich. 

Die USA ist im Chaos versunken, eine Allianz aus Texas und Kalifornien hat dem US- Präsidenten (Nick Offerman) den Krieg erklärt. Die sogenannten Westlichen Streitkräfte sind auch bereits auf dem Weg in die Hauptstadt, mit dem Ziel, das zunehmend diktatorische Staatsoberhaupt zu entmachten. 

Reporter Joel (Wagner Moura) und die Kriegsfotografin Ellie (Kirsten Dunst) sehen darin eine einmalige Chance: Sie wollen sich den Kriegstruppen anschliessen und mit ihnen bis nach Washington reisen, in der Hoffnung, noch ein Interview mit dem Präsidenten zu führen – das vermutlich letzte. Begleitet von dem Veteranen Sammy (Stephen McKinley Henderson) und der Nachwuchsfotografin Jessie (Cailee Spaeny) beginnen sie eine Reise durch das ganze geteilte Land … Abstrakte Version eines drohenden Bürgerkriegs Kommt es in den USA zum Bürgerkrieg? Seit Jahren schon zerfällt das Land immer mehr in zwei Teile, die sich gegenseitig abgrundtief hassen. Als es Anfang 2021 zu einem Marsch auf das Kapitol kam, weil der rechtsgerichtete Teil der Bevölkerung die Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen nicht anerkennen wollte, sah es kurz danach aus, als sei es so weit. 

Seither ist die Befürchtung gross, dass es doch noch dazu kommen sollte. Wenn nur wenige Monate vor der nächsten Wahl Civil War in die Kinos kommt, scheint dies zunächst ein klarer Verweis auf die aktuellen politischen Verhältnisse zu sein, bei denen antidemokratische Kräfte zunehmend lauter werden. Doch Regisseur und Drehbuchautor Alex Garland (Men – Was dich sucht, wird dich finden, Ex Machina) tut dem Publikum den Gefallen nicht.

Das fängt schon damit an, dass ausgerechnet Texas und Kalifornien zusammen ein Bündnis bilden, also die jeweilige republikanische und demokratische Hochburg. Die gewaltsame Absetzung eines Präsidenten würde man den besagten antidemokratischen Kräften zuordnen. Nur dass der Präsident selbst es auch nicht so mit der Demokratie hat. Irgendwie weiss man hier gar nicht so wirklich, wer denn da nun gut und wer böse sein soll. 

Eine der besten Szenen von Civil War ist, wenn Joel einen Mann in Tarnkleidung, der gerade auf einen anderen zielt, zu einer Aussage bewegen will. Zu einem Kontext für das Duell. Aber den gibt es nicht, es gibt nur das Duell. Garland verzichtet darauf, alles einordnen zu wollen, was hier geschieht. Er hält sich aus der Diskussion quasi heraus, schafft eine abstrakte Version der aktuellen Verhältnisse, bei der gar nicht mehr klar ist, warum wer gegen wen kämpft. Spannend und verstörend.

Was mindestens ebenso irritiert: Der Film handelt nur in sehr begrenzten Mass von dem Bürgerkrieg selbst. Das Journalisten-Quartett ist nicht allein beobachtendes Auge, um ein auseinanderbrechendes Land zu dokumentieren. Es steht vielmehr selbst oft im Mittelpunkt. Civil War thematisiert den Journalismus, zeigt wie dieser ein wichtiger Bestandteil ist, um die Welt begreifbar zu machen. Doch während man anfangs noch den Eindruck hat, dass die vier die Guten sind und ein hehres Ziel verfolgen, wird auch das mit der Zeit immer undurchsichtiger. 

Die Grenzen zwischen der Abbildung von Wahrheit und der Inszenierung von Wahrheit sind durchlässig. Für eine gute Geschichte wird dann geopfert, Tod und Leben sind eine reine Ware geworden. Das zeigt sich gerade auch bei Jessie, die anfangs bei all dem jugendlichen Enthusiasmus noch Skrupel hat, mit der Zeit aber immer mehr abhärtet und alles nur noch als potenzielles Bild wahrnimmt.

Das ist spannend, teils verstörend in einem tiefen Zynismus. Manchmal aber auch etwas unbefriedigend. Der Mix aus Action, Drama, Thriller und Roadmovie macht nie wirklich klar, was er eigentlich will. Dass Garland kein Mann klarer Worte ist, ist bekannt, das war die letzten Male auch schon so. Da die vorherigen Werke aber in einem surrealen Umfeld spielten, während sich Civil War an der Realität orientiert, ist das hier schwieriger zu akzeptieren. 

Aus der Geschichte lassen sich dabei zwar viele Diskussionen ableiten, etwa zu journalistischer Integrität, der Rechtmässigkeit von Gewalt und der Schwierigkeit klarer Kategorien. Es bleibt aber zu sehr an der Oberfläche, weswegen trotz eindrucksvoller Szenen nicht so viel zurückbleibt, wie man im Vorfeld erhoffen durfte.

 

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

 

Civil War

USA  2024 –  109 min.

Regie: Alex Garland

Drehbuch: Alex Garland

Darsteller: Kirsten Dunst, Cailee Spaeny, Wagner Moura

Produktion: Delphine Schmit

Musik: Ben Salisbury, Geoff Barrow

Kamera: Rob Hardy

Schnitt: Jake Roberts

Der Originalartikel kann hier besucht werden