Kreuzfahrt-Schiffe sind schwimmende Städte aus Stahl, betrieben mit Schweröl. Sie werden zunehmend zu einem Problem. Denn die Branche boomt trotz Klimakrise, Artensterben und Widerstand aus der Bevölkerung in den Häfen, in denen sie anlegen.

von Elisabeth Bauer für moment.at

Während die Welt sich zumindest zu größeren Teilen doch langsam ernsthafte Gedanken darüber macht, wie die Klimakatastrophe noch zu verhindern ist, boomt ein Geschäft wie nie zuvor, das die Situation verschlimmert: die Kreuzfahrt.

Sich gemütlich auf dem Sonnendeck bräunen und jeden zweiten Tag eine neue Stadt erleben – wer kann es den Passagier:innen verübeln? Die Antwort: Wir alle. Denn ein Urlaub auf Luxusdampfern ist eine der größten Umweltsünden, die man als Einzelperson begehen kann. Wir erklären, warum.

Wer macht Kreuzfahrten?

Noch nie hat es so viele Menschen wie 2023 zum Urlauben auf ein Kreuzfahrtschiff gezogen – es sind 31,7 Millionen. Nach einer Corona-Durststrecke feiert die Kreuzfahrt einen regelrechten Boom. Die Hälfte der Passagiere sind Nordamerikaner:innen, gefolgt von Europäer:innen. Es ist nicht unlogisch, dass sie aus den reicheren Weltregionen kommen. Denn Kreuzfahrten sind in der Regel auch teuer.

Die meisten Menschen, die auf eine Kreuzfahrt gehen, gehören zu einer etwas älteren Generation. Die Hälfte der Passagiere ist mindestens 50 Jahre alt. Die Unternehmen versuchen aber auch verstärkt, Familien und andere Zielgruppen zu erschließen. Für die Kreuzfahrtindustrie zahlt sich all das aus: Laut Forbes haben sogar im noch Corona-beeinflussten Jahr 2022 die Unternehmen weltweit insgesamt 12,6 Milliarden Euro eingenommen.

Weltweit sind Reiseziele in die Karibik am beliebtesten, aber 3,7 Millionen deutsche Reisende beispielsweise finden Nordeuropa und das Mittelmeer attraktiver. Ungefähr 25 Prozent aller Kreuzfahrtschiffe tuckern durch bzw. rund um Europa. Eine Studie des Think Tanks “Transport & Environment” ergibt, dass die Anzahl an Schiffen, die Zeit, die sie in den Häfen verbringen und der verbrauchte Treibstoff in den vergangenen 5 Jahren um ein Viertel angestiegen sind. 2023 waren das 218 Luxus-Kreuzfahrtschiffe in europäischen Häfen.

Wie schlimm sind Kreuzfahrt-Schiffe wirklich?

Es gibt nur ein paar hundert große Kreuzfahrt-Schiffe auf der Welt. Sie machen nur ein Prozent der Schiffe auf den Weltmeeren aus. Während Transport-Schiffe aber zumindest die Weltwirtschaft am Laufen halten, dienen Kreuzfahrten nur dem Vergnügen vergleichsweise von weniger als 0,5% der Weltbevölkerung. Dabei verursachen sie aber so viele Treibhausgas-Emissionen wie ganze mittelgroße europäische Länder im Jahr. Selbst im Stillstand verbrauchen sie ähnlich viel Energie wie eine Kleinstadt.

Die Kreuzfahrt verursacht pro Passagier:in etwa vier Mal so viel CO₂, wie ein ebenfalls schon sehr schädlicher Linienflug. Den brauchen viele Passagier:innen allerdings zusätzlich, um überhaupt einmal zu ihrem Schiff zu kommen. Eine Kreuzfahrt durch die Karibik oder auch das Mittelmeer beginnt schließlich nicht in Linz. Bei einer Woche Kreuzfahrturlaub in einer Standardkabine auf einem Schiff von bis zu 1000 Gästen, verursacht eine Einzelperson dann etwa 2,4 Tonnen CO₂. Das ist mehr als ein Viertel dessen, was durchschnittliche Menschen in Österreich im ganzen Jahr erzeugen (8,7 Tonnen). Und deutlich mehr, als ein Mensch in einer nachhaltigen Gesellschaft im ganzen Jahr verursachen sollte (das deutsche Umweltbundesamt geht dabei von etwa einer Tonne aus).

Darüber hinaus erzeugen Kreuzfahrt-Schiffe sechs Prozent der Ruß-Emissionen (“Black Carbon”). Ruß in der Atmosphäre nimmt besonders gut Wärme aus Sonnenlicht auf und trägt besonders stark zur Erderhitzung bei.

Und die Schiffe schlucken viel Treibstoff. Kreuzfahrt-Schiffe werden hauptsächlich durch Schweröl angetrieben. Es enthält große Mengen an Schwefeloxide (SOx) und Stickstoffoxide (NOx) – 2022 haben die Kreuzfahrtschiffe 4,4 Mal mehr Schwefeloxide produziert als alle Autos in Europa zusammen.

Was für andere Probleme gibt es mit Kreuzfahrt-Schiffen?

Es gibt neben dem Klimaschaden noch weitere Punkte, die Kreuzfahrtschiffe nicht gut dastehen lassen. Dazu gehören der Übertourismus, Müll, die Verschmutzung der Häfen und die der Meere.

40 Prozent der Zeit verweilen Kreuzfahrtschiffe in Häfen. Dort sorgt das für viel Umweltverschmutzung. Wenn ein großes Schiff in einem Hafen anlegt, schwemmt es damit außerdem auch automatisch auf einen Schlag mehrere tausend Menschen in eine Stadt. Absolute Großstädte können das noch einigermaßen auffangen, die meisten verkraften diesen Ansturm aber schlecht. Das sorgt für verstopfte Straßen und Gehwege, aber auch für erhöhten Wasserverbrauch in Gegenden, wo es ohnehin knapp ist. Geld bringen die Tourist:innen den Städten auch wenig – besonders im Vergleich mit anderen Tourist:innen. Denn am Schiff ist für den Großteil der Bedürfnisse der Kurzzeit-Besucher ja gesorgt und bereits bezahlt.

Auch Abfall ist bei Kreuzfahrt-Schiffen ein großes Problem. Man schätzt, dass Schiffe im Schnitt 4400 Kilogramm Müll pro Tag erzeugen. Vor allem Einwegplastik wird häufig verwendet. Bei großen Schiffen fällt so viel Plastikmüll an, dass sie es entweder direkt auf See verbrennen oder im nächsten Hafen abladen müssen.

Die Schiffe lassen auch noch große Mengen schmutzigen Abwassers in die Meere. Und sie verschlimmern die Lärm– und Lichtverschmutzung der Meere. Das bringt das Ökosystem der Meere aus dem Gleichgewicht und treibt das Artensterben der Meerestiere voran.

Machen Gesetze die Kreuzfahrt besser?

Das einzige Gesetz, das bisher wirklich zuverlässig die Probleme der Kreuzfahrt beseitigt, ist ihr Verbot. Ein Ranking der am meisten verschmutzten Häfen zeigt: War der Hafen von Venedig 2019 noch der am meisten verschmutzte Hafen Europas, ist er 2022 nur noch auf Platz 41. Die Luftverschmutzung sank um 80 Prozent. Denn die Stadt hat große Kreuzfahrt-Schiffe im Hafen verboten. Auch Amsterdam hat vergangenes Jahr ein Verbot eingeführt. Und Griechenland will die Schiffsbesuche auf seinen stark belasteten Inseln ebenfalls stark einschränken.

Andere Regulierungen können nur kosmetische Dinge ändern. Obwohl es seit 2020 eine UN-Regelung zur Verringerung von Schwefel bei Schweröl für Schifffahrt gibt, hat das nicht viel geändert. Denn auch wenn Schweröl mit weniger Schwefel aus Erdöl gewonnen wird, ist es immer noch 500-mal dreckiger als normaler Benzin für Autos.

Können Kreuzfahrten jemals nachhaltig sein?

Wenn es um „grüne“ Schifffahrt geht, verfolgen norwegische Reedereien die ambitioniertesten Ziele. Sie setzen nicht unbedingt auf Grünen Wasserstoff (was auch schwierig ist), sondern auf Batterien sowie Solar- und Windsegel. Bis 2030 will beispielsweise somit das Unternehmen Hurtigruten klimaneutral werden. Solche Lösung kommen für größere Schiffe in internationaler See aber nicht in Frage.

Die Antwort für viele Schifffahrtunternehmen: sie investieren in Flüssiggas (LNG) und wollen damit den CO₂-Ausstoß um 15 bis 20 Prozent verringern. 40 Prozent der Schiffe haben einen Hybrid-Motor aus Öl und Gas. Genug sind diese Verringerungen bei weitem nicht. Und: Flüssiggas ist durch den hohen Methananteil kurzfristig über 80 mal klimaschädlicher als CO2. Wenn wir die Energie zum Ausbau von Flüssiggas-Terminals in den Häfen und die Beschaffung davon (zum Beispiel aus Katar oder den USA – wo das umweltschädliche Fracking zur Gewinnung von Erdöl, -gas erlaubt ist) außen vor lassen, ist Methan trotzdem noch ein riesen Umweltkiller: Das Kreuzfahrt-Schiff MS Iona, eines der größten Modelle mit Flüssiggasantrieb, verursacht im Jahr so viel Methan wie 10,500 Milchkühe. In ganz Europa haben Kreuzfahrt-Schiffe im selben Jahr so viel Methan wie 62,000 Kühe produziert.

Klar könnten Schiffe möglicherweise irgendwann aus einem möglichen Überfluss aus Erneuerbaren Energien gespeist werden und Müll besser als heute vermeiden. Aber eine schwimmende Stahlstadt herzustellen und zu bewegen, um tausende Menschen auf eine Luxusreise über die Weltmeere zu machen, wird nie „nachhaltig“ sein.

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