„Die Entscheidung des Europäischen Parlaments, die Überwachung von Chats auszuweiten, widerspricht seinem erklärten Ziel, die Grundrechte zu schützen“, kommentiert Patrick Breyer, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Piratenpartei Deutschland, die Verabschiedung der Trilog-Vereinbarung zur Verlängerung (bis April 2026) des umstrittenen freiwilligen Massenscannens von privaten Nachrichten und Fotos auf verdächtige Inhalte durch US-Internetfirmen.

Klar ist, wer sich über die Einigung zwischen der Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament (d.h. dem Trilog) freut: in erster Linie Unternehmen wie Google und Facebook (Meta), die so sich und ihre Maschinen für künstliche Intelligenz weiterhin mit den persönlichen Daten ihrer Nutzer:innen „füttern“ können – aber auch die selbsternannten Kinderschutzorganisationen (oft von den oben genannten Unternehmen finanziert).

Doch: „Massenscanning“ erklärt der Abgeordnete Patrick Breyer, „leistet keinen wesentlichen Beitrag zur Rettung missbrauchter Kinder oder zur Verurteilung von Menschen, die Kinder missbrauchen. Stattdessen setzt es Tausende von Minderjährigen einer möglichen Kriminalisierung aus, überlastet die Strafverfolgungsbehörden und erleichtert die willkürliche Privatjustiz von Internetunternehmen“[gemeint ist die Zensur durch Google, Meta usw., Anm. d. Red.].

Marcel Kolaja, Mitglied und Quästor des Europäischen Parlaments für die tschechische Piratenpartei, pflichtet Breyer bei: „Die Kommission gibt Unternehmen, die bisher mit unseren privaten Daten hantieren, die krassesten Befugnisse, um in unsere Privatsphäre einzudringen und alle unsere Online-Nachrichten nach Belieben zu lesen“. Kolaja unterschätzt auch das Problem des Kindesmissbrauchs nicht. („Der sexuelle Missbrauch von Kindern im Internet ist ein ernstes Problem, das wir dringend angehen sollten“, räumt er ein).

Marcel Kolaja fügt dann hinzu: „Leider ist die Debatte über dieses wichtige Thema zu einem endlosen Kampf um unsere Privatsphäre geworden. Es heißt, es gehe um die Sicherheit von Kindern. Aber diese Internetdienste schnüffeln schon seit Jahren in der privaten Kommunikation der Menschen herum, und wir haben keine überzeugenden Beweise dafür gesehen, dass das tatsächlich etwas gebracht hat.“

Doch die Sorge der beiden „Piraten“-Europaabgeordneten geht noch weiter: Ausgehend von der jetzt freiwilligen Überwachung beabsichtigt „der EU-Rat die extreme Dystopie der verpflichtenden Chat-Kontrolle 2.0, um das digitale Briefgeheimnis und die sichere Verschlüsselung zu zerstören“.

Die Piratenabgeordneten, die sich im Europäischen Parlament in der Minderheit sehen, kündigten daher an, dass sie sich dafür einsetzen werden, „das illegale Scannen durch die Massen-Chatkontrolle vor Gericht zu stoppen“.

Während all dies geschieht, wird der Verzicht auf GAFAM-Dienste (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft), zumindest auf die von Google [ja, man kann sich entgoogeln, Anm. d. Red.] und Meta fast schon zur Pflicht.

 

Quelle: Patrick Breyer, 12. April 2024, “#ChatControl 1.0: Pirates condemn extension by Parliament

Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!