Es sind bereits fünf Jahre vergangen seit der Gründer der humanistischen Bewegung Zeit und Raum verlassen hat.
Wie jeder Anhänger Silos denke auch ich in diesen Tagen darüber nach.
Es ist nicht zu leugnen, dass Silo und seine Bewegung im Jahrhundert der „Leader“ entstanden sind. Silo und die Humanisten haben das Ideal der Freiheit proklamiert und in ihrem Manifest erklärt, weder Anführer und Oberhäupter haben zu wollen, noch Anführer oder Operhaupt von anderen sein zu wollen.
Aber trotz dieser entschiedenen Behauptung ist der charismatische Einfluss des Gründers, den er auf seine Anhänger ausübte, deutlich zu erkennen. So wie auch die meisterhafte Intelligenz, mit der er gegen das Ende seiner weltlichen Tage sehr akkurat die Organisation, die er selber gegründet und aufgebaut hatte, „demontierte“ und so seinen Erben eine „Lücke“ hinterließ, die nur mit Engagement und Inhalten gefüllt werden kann.
So fanden wir uns als Waisenkinder wieder, ohne den Meister, der so oft Streit und verfahrene Situationen aufgelöst hatte; Waisenkinder, aber frei, einem Weg zu folgen, unter den vielen Dingen zu wählen, die die Humanisten in dieser Welt erschaffen, frei, einer Spur zu folgen oder nicht, in eine unendliche Weite, ein erhabenes Ideal einer menschlichen, gewaltfreien, spirituellen Welt aller und für alle.
Es sind fünf Jahre vergangen und es war nötig, die Trauer zu bewältigen und einen neuen Weg einzuschlagen. Es war nötig, eines der Themen der Lehre Silos zu erfahren: das „Scheitern“, zu verstehen als ein Mittel, um in neue unbekannte Regionen vorzudringen. „Wir sind gescheitert, aber wir insistieren“, erinnerte er uns 2004 in Punta de Vacas. Wir insistieren, denn auch wenn die Entmenschlichung auf diesem Planeten gewonnen zu haben scheint, so sind doch die Ideale für eine bessere Welt nicht gestorben: diese Ideale schwelen in der Asche des Phönix, bereit aufzuerstehen.
In dieser Zeit der Trauer, in dieser Abwesenheit, haben wir manchmal den Eindruck gehabt, einige auf dem Weg verloren zu haben: wo sind die Massen von Militanten geblieben, die Paris besetzten? Wo sind die 60.000 geblieben, die sich in der humanistischen Partei in Chile unter Pinochet eingetragen hatten, um die Gültigkeit des Referendums zu garantieren? Wo sind die Zehntausende geblieben, die beim weltweiten Marsch für Frieden und Gewaltfreiheit mitgemacht hatten oder die Millionen Leser der vielen humanistischen Zeitungen?
Ich persönlich glaube, niemanden verloren zu haben. Wenn jemand einen anderen Weg eingeschlagen hat, wenn er sich mit einem anderen zerstritten hat oder er auf dem Weg stehen geblieben zu sein scheint, so ist in ihm oder ihr doch sicherlich die Essenz der Hoffnung und der Lehre erhalten geblieben, die Essenz, die auf den richtigen Moment wartet, um zu handeln. Jene Essenz, die noch viel älter als die Lehre Silos ist und die besagt: „Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest“.
Diese Essenz ist ein Same, der auf sehr intime Weise in der Tiefe des menschlichen Wesens eingebettet liegt, der darauf wartet, zu erwachen und der sich jedes Mal manifestiert, wenn sich ein Stückchen der universellen menschlichen Nation zeigt, in einer simplen Geste des Aufnehmens eines Flüchtlings, im brüderlichen einander Helfen, im Kampf gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit, im Anklagen einer inhumanen Welt, die auf der Ausbeutung von 99% der Bevölkerung basiert.
Auf dem Berg von Punta de Vacas hat jemand inmitten der Felsen „Danke Silo“ geschrieben: ich glaube, dies kann als nicht nur eine einfache Hommage an eine große Persönlichkeit interpretiert werden, sondern auch als eine sehr viel tiefere Hommage an das menschliche Wesen, das, dank Silo, wieder erwacht.
Übersetzung aus dem Italienischen von Evelyn Rottengatter