Wir interviewten Antonia Utrera, die treibende Kraft hinter dem Frauenzirkel in Barcelona

Warum ein Frauenzirkel?

Ein Frauenzirkel ist eine Unterstützergruppe, ein sicherer Ort, an dem Frauen entdecken könne, wer wir sind oder wer wir sein könnten, als ganze und unabhängige Menschen. Es ist ein Raum zum Wachsen und Vertrauen aufzubauen, mit einer Menge Respekt für unsere persönlichen Unterschiede.

Jetzt gründest Du eine zweite Gruppe?

Ja, das ist richtig. Wir treffen uns in der Libreria Sintesis in Barcelona. Im Februar letzten Jahres starteten wir mit unserer ersten Gruppe. Nach eingen Monaten entschieden wir uns, dass, wenn wir tiefer gehen wollen und Vertrauen aufbauen wollen, diese Gruppe auflösen müssten. Später zeigten sich einige Freundinnen interessiert und so sind wir nach mehr als einem Jahr froh, eine neue Gruppe angefangen zu haben.

Und was bringt Euch zusammen?

Wir kommen zusammen aus einem Bedürfnis heraus, unsere Erfahrungen zu teilen, Dinge, die uns passiert sind, unsere Träume und auch unsere Ängste, unsere Schwierigkeiten. Geteilte Erfahrung ist unsere Lebensgrundlage. Unsere Gruppen sind inspiriert von dem Vorschlag von Jean Shinoda Bolen, Autorin des Buches „The Millionth Circle“. Sie schlägt vor, überall auf der Welt Frauenzirkel einzurichten, um uns selbst und die Welt zu verändern.

Wie fing diese Initiative an?

Ich bin eine Siloistin. Mein Hintergrund ist die Schule Silos. Die vier Disziplinen, die Mentale, die Energetische, die Morphologische und die Materielle als Wege, zum tiefsten Inneren zu gelangen. Ich wählte die mentale Disziplin. Meine Vereinbarung mit der Schule zum Ende meiner Arbeit war, dass ich mein Bestes dieser Welt, in der ich leben muss, geben will. Und der beste Weg, den ich kenne, ist es, die Trommeln zu schlagen für alle Frauen und uns zu ermutigen, aus unserer Lethargie aufzuwachen.

Um die Göttin zu wecken?

Warum nicht? In jeder Frau ist eine gefesselte Göttin der Kraft, Weisheit und Güte. Es ist an der Zeit, sie zu befreien. Es ist an der Zeit, einander zu treffen, einander zuzurufen, einander in die Augen zu blicken und einander zu erkennen. Es ist an der Zeit, Worte zu finden, Geräusche und Tanz, um eine menschlichere Welt für unsere Kinder und diejenigen, die wir lieben, zu schaffen.

Wie alt muss man sein, um dem Zirkel beizutreten?

Frauen sind schon tausend Tode gestorben ehe sie 21 werden. Daher ist jedes Alter für eine Frau gut, anzufangen, sich selbst zu heilen, indem sie heilt.

Sind Frauenzirkel therapeutisch?

Nein, wir sind keine Therapiegruppe, obwohl Heilen ein Ergebnis sein kann. In einer Therapie braucht man eine aktive Seite, den Therapeuten, und eine passive Seite, den Patienten. Ausserdem bedarf es erst einer Diagnose. Wir sind gleichzeitig aktiv und passiv, wir heilen durch Heilen, indem wir unsere Erfahrungen auf tiefer Ebene austauschen. Die beste Diagnose ist diejenige, die eine Person selbst vornimmt, indem sie tief in sich hineinlauscht.

Meditiert Ihr?

Ja, wir fangen mit einer Meditation an, einer Erfahrung der Ruhe, eine Arbeit mit einer imaginären Kugel, um die inneren Geräusche zu dämpfen, um ein bißchen mehr inneres Schweigen zu erreichen, damit unser Austausch von einem tieferen Ort geschieht, um uns besser zu verbinden. Wir sitzen in einem Kreis um ein spirituelles Zentrum, ein paar Steine, Symbole, die die Mutter Erde, das Feuer, Wasser repräsentieren…und wir haben einen „Sprechstab“. Wenn eine Frau spricht hält sie den Stab in der Hand und die anderen hören ihr zu. Manchmal schweigen wir ein paar Momente, die Worte sind heilig. Es gibt keine Verurteilung, kein Ratschlag. Nur Zuhören, Es ist ein wahrhaft kreativer Akt.

Schlagt Ihr in den Treffen Themen vor?

Nein, es gibt keine Themen. Wir sind die Themen. Was uns passiert. Was wir fühlen. Jeder kann sich frei fühlen, froh da zu sein, zu bleiben. Man fühlt sich zutiefst respektiert. Der Zirkel existiert, weil wir da sind; Es ist unsere Präsenz, die das möglich macht. Es ist eine Erfahrung und eine tiefe Zusage, daran teilzunehmen. Und wir kümmern uns alle darum, dass der Zirkel nicht seine Essenz verliert oder zu irgendetwas führt, was wir nicht möchten.

Das Feminine ist Gemeinsamkeit?

Das Feminine wird stärker in der Gruppe, während das Maskuline durch die Individualität stärker wird, dem Archetyp des Helden, nach Jung’schen Begriffen.

Gab es immer schon Frauenzirkel?

Ja, in der gesamten Geschichte und in allen Kulturen kamen Frauen immer zusammen. In Andalusien, wo ich herkomme, trafen sich die Großmütter am Fluss beim Wäsche waschen. Sie sprachen über ihre Dinge, sie lachten, manchmal hysterisch, und manchmal weinten sie…und auch wenn sie säten, trafen sie sich und lehrten es sich einander.

Das Lachen der Frauen…

Ja, wir kennen das. Das gemeinsame Lachen der Frauen ist medizinisch, es wird etwas Heilendes, vor allem, wenn es Zusammenhalt gibt und das Herz repariert. Wenn uns das Lachen lebendig fühlen lässt, gestärkt, wenn Lachen die Traurigkeit vertreibt und uns von der Wut befreit, dann ist Lachen etwas Heiliges.

Haben Frauen heutzutage ihre Stärke als Gruppe verloren?

Mit der Ankunft des Kapitalismus, der Kontrolle der Schwangerschaft und Mutterschaft, hörten Frauen auf, die Besitzerinnen ihres eigenen Körpers zu sein; Wir wurden Produktionsmaschinen für Arbeitskräfte. Durch viele Jahrhunderte hinweg wurde das Feminine zum Schweigen gebracht, wurde abgewertet und verneint…Intuition, instinktive Weisheit, ungezähmte Wildheit, Zartheit, Einfühlungsvermögen, Kreativität, die Fähigkeit zu Nähren, die Sprache des Herzens, all dies wurde untergraben. Das Feminine wurde geschwächt in diesem Prozess der Individualisierung. Wir müssen einander finden, einander retten und stärken. Und es gibt einen einzigartigen Weg, das zu tun, indem wir uns auf tiefer Ebene miteinander austauschen.

Frauen kommen aus Notwendigkeit zusammen

Ja, das ist richtig. Aus Notwendigkeit trafen sich die Frauen des Plaza de Mayo in Argentinien jede Woche. Aus Notwendigkeit wurden die arabischen und palästinensischen Frauen Schwestern einer Bewegung. Aus Notwendigkeit stehen die Frauen auf für die Friedensbewegung, die Beschützerinnen des Lebens, für eine Welt ohne Gewalt, Frauen für Zentralamerika, etc. Frauen sind immer aus Notwendigkeit zusammengekommen. Und heute brauchen wir das mehr als je zuvor. Der Mensch ist wunderbar. Wir sollten unsere Kinder nicht in Kriegen für Profit sterben lassen, dass sich unsere alten Menschen verlassen und alleine fühlen, dass nur ein Mensch an Hunger sterben muss, dass die Gewalt auswuchert wie sie dass Tag für Tag tut.

Wieviel kostet es, zu einem Zirkel zu gehören?

Diese Aktivität ist kostenlos. Wir brauchen mehr Frauen! Das einzige, was wir gemeinsam teilen, sind die Kosten des Raumes, in dem wir uns für zwei Stunden treffen.

Und wie kommt man mit Dir in Kontakt?

Oh ja, unsere Kontakt-Emailadresse ist: cercle.dones.bcn@gmail.com

Viel Glück mit Deinem Projekt

Danke!

Übersetzung aus dem Englischen Johanna Heuveling