Die Sozialistische Partei (PS) ist in Portugal seit neun Jahren an der Regierung, die ersten sieben Jahre davon in parlamentarischer Koalition mit kleinen linken Parteien, und in den letzten beiden Jahren sogar mit absoluter Mehrheit.
Im November letzten Jahres hat der liberal-konservative Präsident der Republik den sozialistischen Ministerpräsidenten António Costa aufgrund eines angeblichen, nicht bewiesenen Korruptionsfalls abgesetzt und sich beeilt, die Nationalversammlung aufzulösen und für letzten Sonntag, den 10. März 2024 Neuwahlen anzusetzen, um die Bildung einer neuen Regierung zu begünstigen, die seinen politischen Sympathien näher steht…
Die vorläufigen Ergebnisse lauten wie folgt:
- Die konservative Demokratische Allianz (AD) erhielt mit 29,5 % (und 79 Abgeordneten) die meisten Stimmen, allerdings mit geringem Abstand zur PS, die 28,7 % (und 77 Abgeordnete) erhielt.
- Die drittstärkste Partei ist jedoch eindeutig rechtsextrem (CHEGA) mit 18,1 % der Stimmen (und 48 Abgeordneten).
- Die Nationalversammlung besteht aus insgesamt 230 Mitgliedern. Daher sind mindestens 116 Abgeordnete erforderlich, um eine Mehrheit zu erreichen.
Ergebnisse dieser Wahlen:
- Keine Partei hat die absolute Mehrheit gewonnen.
- Die Sozialisten der PS können keine Mehrheit mit anderen linken Parteien bilden.
- Die Konservativen der AD werden nur dann eine Mehrheit im Parlament erlangen können, wenn sie eine Koalition mit der rechtsextremen CHEGA eingehen.
- Zum ersten Mal seit dem Fall des Faschismus im Jahr 1974 scheint das Zweiparteiensystem in Portugal zu Ende zu gehen, da die extreme Rechte, wie in vielen anderen europäischen Staaten, in großem Stil ins Rennen geht.
- Die anderen vier wichtigen Parteien haben bei diesen Wahlen ein relativ geringes und nicht entscheidendes Gewicht.
- Es handelt sich um die Liberale Initiative (IL) und die drei Parteien links von den Sozialisten: Der Linksblock (BE), die Kommunistische Allianz (CDU) und die Freie Partei (L).
Quo Vadis Portugal?
Da die AD vor den Wahlen versprochen hatte, keine Koalition mit der rechtsextremen CHEGA einzugehen, befindet sich Portugal nun in einer politischen Sackgasse. Die wahrscheinlichsten Szenarien scheinen zu sein: die Bildung einer konservativen Minderheitsregierung der AD, die von wechselnden Mehrheiten im Parlament abhängt, oder sogar Neuwahlen.
Die Angst vor der Einwanderung ist das wichtigste Steckenpferd der CHEGA-Partei, wie überall auf der Welt, wenn es darum geht, auf einfache Art viele Stimmen zu gewinnen. In letzter Zeit gab es einen großen Zustrom von Einwanderern aus Brasilien.
Der portugiesischen Wirtschaft geht es relativ gut, sie wächst derzeit um etwa 2 % pro Jahr, und das Land braucht Zuwanderer, um seinen Lebensstandard zu halten und insbesondere auf das Wachstum des Tourismus zu reagieren. Es gibt auch einen großen Zustrom junger „digitaler Nomaden“, denen die Lebensqualität in Portugal gefällt und die in internationalen Unternehmen arbeiten, die ihnen ein gutes Einkommen bieten. Diese „reiche“ Migration aus dem Ausland erhöht noch mehr die Inflation im Inland und trägt somit auch dazu bei, der jungen Bevölkerung Portugals, die in prekären, weniger „lukrativen“ Arbeitsverhältnissen arbeiten, weiter zu „verjagen“.
Dies erklärt zum Teil, warum gleichzeitig ein großer Teil der jungen Menschen (manche Analysten sprechen von etwa einem Drittel!), meist gut ausgebildete junge Menschen, auf der Suche nach besseren Löhnen und besseren Arbeits- und Lebensbedingungen in andere Länder, vor allem in Europa, auswandern. Der Mindestlohn in Portugal beträgt etwa 800 Euro, die Mehrheit der Bevölkerung verdient etwa die Hälfte des europäischen Durchschnitts, aber die Lebenshaltungskosten sind genauso hoch wie im Ausland, und die Mieten (insbesondere in den Städten) liegen sogar noch höher! Außerdem leidet Portugal weiterhin unter der Korruption der Eliten.