Nach der bislang schlimmsten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer diskutieren Menschen aus verschiedenen Ländern Afrikas auf den Facebook-Seiten der Deutschen Welle über die Ursachen solcher Tragödien – und mögliche Lösungen. Originalartikel auf DW.
„Die afrikanischen Regierungen sind schuld an der Tragödie, denn kein Afrikaner müsste illegal nach Europa, wenn es in Afrika Arbeitsplätze und vernünftige Löhne gäbe“, schreibt DW-User Meck José aus Mosambik auf der portugiesischen Facebook-Seite der DW. Auch Ibrahim Kabezya aus Sambia macht die schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt für die Abwanderung verantwortlich. Nicht nur fehlende Jobs, sondern vor allem das Versagen der politischen Systeme in Afrika seien Gründe für die Flüchtlingskatastrophe, meint Emmanuel Tekum aus Kamerun.
Die Folge ist laut Zerihun Hailemariam aus Äthiopien, dass viele Menschen dazu bereit seien, ihre Heimat zu verlassen: „Sie haben keine Hoffnung mehr,“ schreibt sie auf Facebook. Seien es Professoren, Mediziner, Priester, Musiker, oder Arbeiter – kaum jemand habe noch das Vertrauen, etwas verändern zu können. Ihre Regierung müsse die Probleme im eigenen Land an oberste Stelle setzen, so Hailemariam. Doch statt sich um ihr Volk zu sorgen, blamierten sich die Politiker auf der globalen Bühne.
Schuldige in Afrika und im Westen
Die Migranten kämen den Politikern sogar gelegen, kommentiert Tekaligne Lealem, ebenfalls aus Äthiopien, ironisch. Schließlich sorgten sie dafür, dass die Heimat mit Devisen versorgt werde. Aus diesem Grund würden die Regierungen die Menschen geradezu dazu drängen, auszuwandern. Und es gebe noch einen Vorteil: „weniger Arbeitslosigkeit.“
Andere wiederum sehen die Ursachen im Westen. Nakamura Kitexe aus Angola schreibt: „Schuld sind die Europäer und Amerikaner, die auf meinem Kontinent Kriege anzetteln, um dort Rohstoffe ausbeuten zu können.“ Sie ließen die Menschen in absoluter Armut zurück. Auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen, setzten diese dann ihr Leben aufs Spiel. Suleiman Seidi aus Guinea-Bissau fügt an: „Die Europäer sollten das zurückgeben, was sie in der Kolonialzeit genommen haben. Sie haben Afrika leer geräumt und damit letztendlich für den ungebremsten Migrationsfluss nach Europa gesorgt.“
Suche nach Lösungen
Die internationale Gemeinschaft müsse dort aktiv werden, wo sich die Migranten auf den Weg machten, fordert JB Augusto aus Angola. Sie müsse mit den Regierungen dieser Länder Kontakt aufnehmen und die Sicherheit auf dem Meer verbessern. „Es geht um Menschenleben, um Menschen auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen und Frieden. Um Menschen, die auf diesem Weg sterben.“
Die Zahl der Schiffe und Seeleute müsse erhöht werden, um die Migration einzudämmen, meint Avestino Augusto Fundai aus Mosambik. Zudem müsse in Libyen Frieden geschaffen werden, damit von dort weniger Menschen auswanderten. Nur wenn die Lage in Libyen stabilisiert werde, könne der Flüchtlingsstrom dort wieder unter Kontrolle gebracht werden, glaubt auch Patrick Nzey aus der Demokratischen Republik Kongo (DRK).
Mehr politischer Wille gefordert
Gespannt blickten die afrikanischen Facebook-User der DW auf das Treffen der EU-Minister in Luxemburg. Sie fordern, dass den Worten der Politiker bald auch Taten folgen. Die EU müsse ihre strikten Einreisebestimmungen lockern, damit sich nicht mehr so viele Menschen in Gefahr begeben, fordert Anjesco Choga aus Tansania auf der Facebook-Seite des Kisuaheli-Programms der DW. Das führe letztlich zu weniger Toten. Bernabe Sedoufio aus Togo zweifelt jedoch am politischen Willen der EU. Laut Sedoufio wird „nichts Bedeutsames beim Treffen in Luxemburg herauskommen“.
Elisha Manoya aus Tansania zufolge könnten weitere Unglücke nur vermieden werden, wenn Afrikaner akzeptierten, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen müssten. Das gelinge durch harte Arbeit in der Heimat. Ähnlich argumentiert Reagan Nsiese Tchebychev aus der DRK auf der französischen DW-Facebook-Seite. Obwohl er den Tod seiner afrikanischen Freunde zutiefst bedauere, sei Europa auch kein „Eldorado“ für Migranten aus Afrika. „Es braucht eine inner-afrikanische Lösung, um zukünftig solche Tragödien zu vermeiden.“