Wir veröffentlichen hier die Worte des Humanisten Dario Ergas anlässlich der Anbringung einer Gedenktafel für die Abgeordnete Laura Rodríguez im Friedenspark Villa Grimaldi, den sie in den Jahren unmittelbar nach der Wiederherstellung der Demokratie in Chile mitbegründet hat.
Die Villa Grimaldi war ein Gelände in Santiago de Chile, auf dem 1975 bis 1988 Oppositionelle der Pinochet-Diktatur gefoltert wurden. Mindestens 4500 Menschen wurden dort gefoltert und 241 davon umgebracht oder sind bis heute verschwunden (Anm.d.Red., Quelle Wikipedia).
Diese Ehrung fand am Internationalen Tag der Menschenrechte statt.
„Liebe Freundinnen, Freunde, liebe Kameradinnen und Kameraden, liebe Familie.
Es ist nicht leicht, zur Villa Grimaldi, zum Villa Grimaldi Friedenspark, zu kommen.
Es erfordert die Absicht, in die Erinnerung an den Schmerz einzutauchen; an das, was nie hätte passieren dürfen, aber wir zwingen uns, uns das vor Augen zu halten, was wir nicht wiederholen dürfen.
Die lange Liste der Namen der Gefolterten, Ermordeten und Verschwundenen zu lesen, ist ein schmerzhaftes Eintauchen in etwas, das noch aussteht, etwas, das wir als Menschen und als Menschheit nicht gelöst haben. Diese Namen zeigen uns, was keinen Namen hat, nämlich die menschlichen Taten, die wir den Menschen, der Menschheit, zufügen.
Dieser Friedenspark soll uns daran erinnern, wie weit uns Widerspruch, Hass und Rache bringen können.
Was bedeutet Frieden für Laura Rodriguez?
„Frieden ist nicht gleichbedeutend mit Unbeweglichkeit, Amnesie oder Rache.
Frieden ist gleichbedeutend mit dauerhaftem Wandel, er ist gleichbedeutend mit einer Transformation hin zu gerechteren Bedingungen. Frieden ist gleichbedeutend mit Wahrheit, mit einer Vision für die Zukunft.
Frieden ist die Freiheit, die Vergangenheit mit Versöhnung zu bewältigen.
Frieden bedeutet, den Mut zu haben, die Tatsachen anzuerkennen, in denen Menschenrechte verletzt wurden, und die Opfer anzuerkennen“.
Mit diesen Worten wurde die Gründung der Rettig-Kommission für Wahrheit und Versöhnung unterstützt.
Laura Rodríguez versuchte, eine Vision des Menschen und der Gesellschaft zu vertreten. Sie versuchte, diese Vision in ihrem gesetzgeberischen Handeln und in ihrem Umgang mit den Menschen umzusetzen. Jeder ihrer Gesetzesentwürfe, das Scheidungsgesetz, die Aufhebung der Benachteiligung unehelicher Kinder, die Rechte von Hausangestellten, Gesetze zur politischen Rechenschaftspflicht, Gesundheits- und Reproduktionsrechte, die Rechte indigener Völker, Behinderter und HIV-Infizierter – jeder von ihnen brachte auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck, dass Mensch-Sein keine Sache ist, nichts Nützliches oder Wegwerfbares; in jedem Menschen lebt etwas sehr Großes, das nach Würde und Freiheit schreit. Einen Menschen zu diskriminieren, zu terrorisieren, zu manipulieren, auszubeuten, zu foltern oder zu töten ist ein Angriff auf die Geschichte, auf die Zukunft und auf das Heilige.
Lauras Mission für die Humanistische Bewegung und die Humanistische Partei war es, ein Bewusstsein für den heiligen Wert jedes Menschen zu schaffen, für Gewaltfreiheit als einzigen Weg der Transformation und für das Bemühen um persönliche und gesellschaftliche Versöhnung, um die Zukunft zu meistern.
Vor 32 Jahren kam sie an diesen Ort, zusammen mit den Menschenrechtsorganisationen, denjenigen, die seit dem Militärputsch ein Leuchtfeuer der Hoffnung entzündet haben, denjenigen, die in der Diktatur nicht müde wurden, in der Demokratie nicht müde wurden und hoffentlich nie müde werden, an diesen Ort zu kommen, um Besitz zu ergreifen, zu öffnen, vielleicht das Vorhängeschloss des Tores aufzubrechen und das Licht, das Licht der Menschen, das Licht der Erinnerung an diesen Ort der Dunkelheit hereinzulassen.
Das Leben geht weiter, wir sind noch weit entfernt von einer Gesellschaft der Menschenrechte. Das ist nicht nur unser Kampf, es ist ein Kampf gegen die Gewalt in jedem von uns, während wir gleichzeitig versuchen, die gewalttätigen sozialen Bedingungen zu ändern. Es ist aber auch eine Verpflichtung, diesen Kampf zu wagen mit Respekt vor den Menschenrechten anderer, selbst wenn diese gegen sie verstoßen. Bis wir eine wahrhaft eine universelle menschliche Nation erreicht haben.
Herzlichen Dank.“
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Heike Pich vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!