Mit 55,69 Prozent der Stimmen siegte Javier Milei am Sonntag den 19. November bei der Präsidentschaftswahl gegen Sergio Massa, der nur 44,3 Prozent bekam. Das bedeutet einen Unterschied von fast drei Millionen Stimmen. Als Folge der Repräsentationskrise inmitten einer tiefen sozioökonomischen Talsohle findet die rechte Mitte zur extremen Rechten – und bekommt breiten Rückhalt, obwohl sich noch nie so viele Institutionen, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Vereine und Menschenrechtsorganisationen so geschlossen gegen einen Kandidaten ausgesprochen haben. Ausschlaggebend für das Ergebnis waren die Provinzen Córdoba, Santa Fe und Mendoza. Auch in den historisch peronistischen Provinzen Nordargentiniens konnte Milei deutliche Stimmvorteile erzielen, in den wenigen Provinzen mit einer peronistischen Mehrheit, wie Buenos Aires, Chaco und Formosa, war der Stimmenvorsprung dagegen gering.
„Heute beginnt der Wiederaufbau Argentiniens“
In seiner Rede dankte Javier Milei seiner Schwester Karina, „Präsident Macri“, Patricia Bullrich und allen, die im Namen der beiden großen Opponenten La Libertad Avanza und Juntos por el Cambio die Wahl beaufsichtigt hatten. „Heute beginnt der Wiederaufbau Argentiniens“, erklärte Milei unter tosendem Applaus. „Heute endet die Macht eines omnipräsenten Staats.“ Enden werde nun auch die „Verdrehung von Opfern und Täter*innen“. „Ab heute geht es nun wieder um die Ideen der Freiheit. Wir besinnen uns wieder auf Alberdi und auf unsere Gründerväter. Für das Modell der Dekadenz gibt es kein Zurück mehr. Es ist endgültig zu Ende, und wir sehen alle, wo es uns hingebracht hat. Wir könnten das reichste Land der Welt sein, und doch leben 50 Prozent der Bevölkerung in Armut, weitere zehn Prozent sind von extremster Armut betroffen. Wir sagen: Schluss mit diesem Kastensystem“. Für die zu erwartenden sozialen Proteste fand er drohende Worte: „Es wird Menschen geben, die Widerstand leisten, das wissen wir. Diesen Menschen möchte ich Folgendes sagen: Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist alles möglich, außerhalb des Gesetzes: nichts. Im neuen Argentinien gibt es keinen Platz für die Gewalttätigen. Wir kennen kein Pardon für die, die das Gesetz verletzen und ihre Privilegien mit Gewalt verteidigen wollen. Wir wollen, dass die jetzige Regierung begreift, dass eine neue Zeit angebrochen ist, und dass sie bis zum Ende der Wahlperiode am 10. Dezember Verantwortung für ihr Handeln übernimmt.“ Auch was die künftige Wirtschaftspolitik seiner Regierung betrifft, so ließ Milei keinen Zweifel aufkommen: „Wir werden als begrenzte Regierung arbeiten, die sich an die Verpflichtungen in Bezug auf das Privateigentum und den freien Handel gebunden fühlt. Die Lage in unserem Land ist kritisch, wir haben hier keinen Platz für Gradualismus oder halbe Sachen. Wir müssen schnell handeln und die notwendigen Veränderungen einleiten, sonst steuert Argentinien auf die schlimmste Krise in unserer Geschichte zu“, erklärte er in seiner Rede nach der Wahl. „Entscheidend ist, dass wir alle, die wir uns auf die Ideen der Freiheit berufen, ab dem 10. Dezember zusammenarbeiten und eine Antwort bereithalten für eine Gesellschaft, die von der politischen Klasse im Stich gelassen wurde.“
„In 35 Jahren wird Argentinien wieder eine Weltmacht sein“
„Argentinien hat eine Zukunft, aber diese Zukunft wird es nur in Verbindung mit einem liberalen Staat geben. Wir wollen uns an das halten, was die Geschichte uns gelehrt hat. Dasselbe, was im 19. Jahrhundert getan wurde. Was Länder wie Irland erst vor kurzem getan haben. Wir wollen die Ideen der Freiheit wiederbeleben, denn sie sind der Garant für den Wohlstand unserer Bevölkerung. Wenn wir uns an diese Ideen halten, werden wir nicht nur die heutigen Probleme lösen können, sondern werden in 35 Jahren wieder zur Weltmacht aufsteigen. Lassen Sie uns am 10. Dezember damit anfangen, die Lösungen zu präsentieren, auf die unser Land wartet. Ihnen allen möchte ich für Ihre Mitarbeit danken, dafür, dass Sie uns unterstützt und daran geglaubt haben, dass wir es schaffen. Wie oft haben wir gesagt, dass nicht die Anzahl der Soldaten über den Ausgang der Schlacht bestimmt, sondern die Kräfte des Himmels? Ich möchte Ihnen allen danken, und ich kann nur mit diesen Worten enden: Es lebe die Freiheit, jawoll!“, schloss er. Sergio Massa seinerseits dankte den Unterstützer*innen seiner Kandidatur und den elf Millionen Menschen, die ihm ihre Stimmen gegeben hatten. Seine Niederlage erkannte er an und erklärte: „Der heutige Tag hat gezeigt, dass Argentinien über ein solides demokratisches System verfügt und ein Ergebnis respektiert, auch wenn es nicht das ist, was wir erwartet haben. Ich gratuliere Javier Milei zu seiner Wahl zum Präsidenten für die nächsten vier Jahre, denn offensichtlich hat er die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich.“