Da das Meer an der Stelle des Schiffbruchs tausende Meter tief ist, wird die exakte Zahl der Todesopfer wohl nie final geklärt werden, aber es ist unzweifelhaft die größte Tragödie im Mittelmeer: Neben den 104 Überlebenden wurden 82 Leichen gefunden, die Berichte der Überlebenden deuten aber auf rund 750 Menschen an Bord hin. Bereits vor dem Unglück und zum Zeitpunkt, zu dem die Behörden informiert wurden, sind auf dem Boot offenbar schon Kinder gestorben, da es keine Nahrungsmittel und kein Wasser mehr gab.
Frontex & Griechische Küstenwache waren vorort
Schon um 11:47 Uhr hat die Luftüberwachung von Frontex das Schiff gefunden, um 14 Uhr kommuniziert die griechische Küstenwache mit der Adriana. Um 15:35 macht ein Helikopter der Küstenwache Fotos des Schiffes. Später alarmiert auch das Watch The Med – Alarmphone die Behörden. Vor Ort ist zunächst ein riesiges Handelsschiff, das offenbar versucht, Lebensmittel und Wasser zur Adriana zu bringen. Bei der Annäherung gerät der völlig überladene Kutter aber schwer ins Wanken, wie auch Videoaufnahmen des Schiffes der griechischen Küstenwache, das um kurz vor 22 Uhr hinzukommt, zeigen. Um 0 Uhr 30 verlässt der Handelsfrachter die Szenerie auf Anweisung der Küstenwache. Eineinhalb Stunden später kentert die Adriana und sinkt innerhalb von 15 Minuten. Vor allem die vielen Menschen unter Deck haben keinerlei Überlebenschance.
Pylos: Original Timeline
Ganz ausführlich wurden die 15 Stunden bis zur Katastrophe von unseren Kolleg*innen von Refugee Support Aegean aufgearbeitet. Neben der Timeline gibt es auf der Webseite viele weitere Infos.
Über den genauen Hergang des Kenterns gibt es verschiedene Aussagen, Überlebende berichten, das Schiff der Küstenwache hätte die Adriana an ein Seil genommen und hinter sich hergezogen. Die Küstenwache widerspricht dem. In den Protokollen der Befragungen durch die griechischen Behörden direkt nach dem Unglück taucht diese Tatsache auch nicht auf.
Was unzweifelhaft bewiesen ist: In den 15 Stunden, in denen die Behörden vom überfüllten und teils manövrierunfähigen Schiff wussten, wurde keine Rettungsmission eingeleitet, nicht einmal Rettungswesten wurden den Menschen an Bord gegeben.
»Wir werden den Überlebenden und den Angehörigen der Opfer in allen Bereichen zur Seite stehen, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.« – Eleni Spathana, RSA
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Bis dato gibt es noch keine unabhängige Untersuchung. Für viele Überlebende, vor allem aber auch für die Angehörigen der Ertrunkenen, von denen einige auch in Deutschland leben, ist eine Aufklärung der Ereignisse aber besonders wichtig. Dabei unterstützen wir sie, sowohl von Deutschland aus als auch mit unseren Anwältinnen in Griechenland: »Wir werden den Überlebenden und den Angehörigen der Opfer in allen Bereichen zur Seite stehen, um für Gerechtigkeit zu kämpfen« (Eleni Spathana, RSA).