Die nicht-binäre Flagge in schwarz, weiß, lila und gelb ist überall zu sehen: In diesem Jahr fanden zum ersten Mal in der Geschichte Lateinamerikas zwei Demonstrationen für die Rechte nicht-binärer Personen statt. Die Demonstrationen fanden in Mexikostadt und Buenos Aires statt, am Vorabend sowie am 14. Juli selbst, welcher gleichzeitig International Non-binary People’s Day ist. Nicht-binäre Personen sind an diesem Tag auf die Straße gegangen, um zu zeigen, dass ihre Identitäten schon immer existierten und um Gleichberechtigung zu fordern.
Buenos Aires: Echte Anerkennung und Gleichberechtigung
In Argentinien haben sich die Verfechter*innen für sexuelle und geschlechtliche Diversität gegen 15 Uhr am 13. Juli gegenüber des Nationalkongresses getroffen, um die erste Demonstration für nicht-binäre Personen durchzuführen. Es waren verschiedene Stände und Künstler*innen da, um 17:30 Uhr startete die Demonstration dann. Der Demonstrationszug führte um das Gebäude des Nationalkongresses, über die Straßen Hipólito Yrigoyen und Entre Ríos.
Die Demonstration fand unter der Forderung „Echte Anerkennung und Gleichberechtigung für alle nicht-binären Identitäten“ statt. Nach der Ankunft des Demonstrationszugs auf dem Kongressplatz haben Aktivist*innen ein Dokument mit 22 weiteren Forderungen vorgelesen. Zu ihren wichtigsten Forderungen gehören die Öffnung eines fakultativen und offenen Geschlechtsfeldes in allen (Identitäts-)Registern und die Aktualisierung öffentlicher und privater Registrierungssysteme, um nicht-binäre Identitäten zu berücksichtigen. Außerdem eine umfassende Sexualerziehung, die nicht-binäre Identitäten berücksichtigt und die Umsetzung des Gesetzes über Quoten für Transpersonen sowie des Gesetzes über HIV, Hepatitis, Tuberkulose und sexuell übertragbare Infektionen. Außerdem ein Ende der Hassreden, sowie das Auftauchen von Tehuel de la Torre (einem trans Jungen, welcher im März 2021 spurlos verschwunden ist).
Die Planungsgruppe der Demonstration forderte auch „Schluss mit den Anpassungen !“, „Internationaler Währungsfonds, raus!“ und „Schluss mit der kapitalistischen Ausbeutung“.
Valentine Machado, nicht-binäre Aktivistin, erklärt: „Auch wenn wir Teil der LGBTI und Trans-Gemeinschaft sind, haben wir weiterhin alltägliche Schwierigkeiten, wir haben die gleichen Probleme und Kämpfe wie trans Personen. Aber wir bleiben in vielen Diskursen außen vor.“
Ihr gebe die Demonstration „viel Energie“, da sie durch die viele Steine, die ihr in den Weg gelegt werden, sehr verärgert und deprimiert gewesen sei. „Viele in der Community leben in schwierigen Lebensumständen und es braucht viel Energie, um grundlegende Rechte gewährt zu bekommen“, meint sie.
Die Demonstration eröffne einen Raum für Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung sowie „die Nachricht, dass wir existieren und viele sind. Wir fangen an uns gegenseitig zuzuhören und bringen auch andere dazu, uns zuzuhören.“
Mexiko-Stadt: Respekt und Inklusion
Auch in Mexikostadt gab es am 14. Juli eine Marcha No Binarie. Es gab zwei Demonstrationszüge, ausgehend vom Platz Ángel de la Independencia. Ein Demonstrationszug lief in Richtung Botanischer Garten, der andere Richtung La Tianguis Disidente. Die Demonstration hat nicht-binäre Personen, Aktivist*innen, Künstler*innen und Familien vereint, um Sichtbarkeit zu schaffen und um von der Gesellschaft und dem Staat zu fordern, dass sie respektiert und inkludiert werden.
„Wir sind eine Geschlechtsidentität, welche immer noch nicht anerkannt oder genügend akzeptiert ist. Deshalb müssen wir anfangen, von unten zu kämpfen“, meint eine Aktivistin. Eine trans Jugendliche neben ihr meint: „Ich brauche Sichtbarkeit, dass meine Schule und die Institutionen mich respektieren.“
Bei der Demonstration waren auch Lane Rodríguez und Tere, die Mutter von Lane, die sie begleitet hat. „Ich glaube es ist wichtig, diese Demonstration zu unterstützen und für die Sichtbarkeit von nicht-binären Personen zu sorgen, aus Respekt vor der Würde des Menschen, den Menschenrechten und vor allem aus Respekt vor der Gleichberechtigung in der Liebe, in der Arbeit und für die Gleichbehandlung“, unterstreicht Tere.
Und sie hat eine Nachricht für alle Familien mit nicht-binären Kindern: „Unterstützt sie. Das ist grundlegend, damit sie arbeiten, kämpfen, sich unterhalten, stärker werden, weitermachen und glücklich sein können. Diese Gesellschaft ist patriarchal geprägt, transfeindlich und wir müssen uns gegenseitig unterstützen.“
Lane meint: „Diese erste Marcha No Binarie ist sehr wichtig, um unter uns Netzwerke zu schaffen. Um sich zu umarmen und füreinander da zu sein, aber auch, um unsere Stimme gegen die Transfeindlichkeit zu erheben, die uns tötet.“
Auch die Gruppe der antifaschistischen nicht-binären Personen machte eine Erklärung, in der sie forderte: „Wir müssen das eingespielte System von Kapitalismus und Staat bekämpfe. Dieses System zeigt sich beispielsweise in der sozialen Säuberungspolitik von Sandra Cuevas, welche uns die Stadt wegnimmt, indem sie die Polizei gegen wohnungslose Menschen, Ladenbesitzer*innen und Sexarbeiter*innen einsetzt, um sie im Anschluss der Hetero-Cis-Whiteness und dem Kapital zu übergeben. Und auch América Rangel tut dies, mit ihrem Gesetzesvorschlag zur Kriminalisierung von trans Existenzen und der Auflösung von Antidiskriminierungseinrichtungen.“