Nicht schon wieder?! Doch, leider! Es war schon anzunehmen, dass die IAA – die Internationale Automobil-Ausstellung – nach den Protesten in Frankfurt am Main 2019, und der Verlagerung 2021 an einem „ruhigeren“ Ort wie München nicht eine Ausnahmeerscheinung bleiben würde, sondern dass sich eine Art neue Pilgerfahrt zur Anbetung der Idole auf 4 Rädern etablieren würde.
Es ist bald wieder so weit: Münchner IAA 2023
Vom 5. -10. September also – ganze 6 Tage!! – wird die Edition 2023 der IAA den öffentlichen Raum in der Innenstadt besetzen und mit einem „IAA Summit“ und einer „IAA Conference“ den Anschein erwecken, dass sie eine Pläneschmiede für unser aller Zukunft ist, und zwar für eine bessere Zukunft, natürlich. Das Motto kennt man ja schon: Die Technologie wird uns retten und alles richten – ob wir’s wollen oder nicht. Hier wird uns die Mobilität der Zukunft präsentiert, so wie die Automobil-Lobby sie sich vorstellt. Dabei geht es nicht darum, weniger Verkehr zu verursachen (auch E-Autos stecken im Stau und schleudern Reifenabrieb in die Luft), um Ressourcen zu schonen, eine nicht weiter von immer neuen Straßen und Autobahnen verschandelte Landschaft zu erhalten und die Ortschaften nicht durch immer mehr LKW-Verkehr zu belasten und idyllische Gegenden in Gewerbegebieten verkommen zu lassen. Es wird auch nicht darum gehen, Konflikte in Ländern des globalen Südens zu vermeiden, ohne deren seltene Erden unserer Gier nach immer mehr Mobilität nicht möglich wäre.
Klimaneutralität ist nicht in Sicht
Die Botschaft ist ganz klar und steht auf der Webseite des VDA – des Verbands der Deutschen Automobilindustrie: „Das Autoland als Mobilitätsanbieter“. Mit Sitz in Berlin, Brüssel und Peking, hat der Verband stets ein „Auge, (ein) Ohr und (eine) Stimme“ überall, wo es relevant für die Entwicklung der Branche ist. Und mit solchen Aussagen ist nicht zu spaßen: Wir reden hier nicht von Lappalien, sondern vom Totschlagargument „Arbeitsplätze sichern“. Wer damit winkt, kann und wird immer ein Auge, ein Ohr und eine Stimme unter den Mächtigen in Europa finden, die das Exportvolumen der europäischen Autoindustrie als einzige und nachhaltige Zukunftslösung betrachten. Es reicht zu beteuern, dass die Klimaneutralität bis 2050 erreicht wird (mit einem bisserl mehr Subventionen gefälligst?), und schon sind alle gefügig. Sogar die Grünen haben ihre Wahlkampfkasse mit einer Spende von Sixt, einem bekannten Autovermieter, gefüllt. Wie kommt Sixt dazu, den Grünen Geld zur Verfügung zu stellen?! (Listen veröffentlicht: Diese Konzerne füllten die Wahlkampf-Kassen der Parteien)
Zurschaustellung von Pseudo-Lösungen für die Mobilität von morgen
Die Stadt München leistet sich die bodenlose Dreistigkeit, in Zeiten von Arten- und Waldsterben und Klimawandel der IAA eine Plattform zu bieten, ganz im Sinne der herrschenden Doppelmoral unserer Zeit. Um die IAA besser zu verkaufen und sie an die schönsten Plätze der bayerischen Hauptstadt einzuschleusen, braucht man ihr nur das Flair eines „Festivals“ zu verpassen, mit Kunst, Kultur und „Live-Entertainment“, und nicht zu vergessen: Food-Konzepten (was das auch immer sein soll). Ein Programm für den Spaß der ganzen Familie mit allerlei Teststrecken und das alles natürlich „frei zugänglich und kostenlos für alle“. Was will man denn mehr?! Brot und Spiele für das Volk, damit es vor Luxus-Karossen und obszönen Roadmonstern (wie die von Black Fox in der Schleißheimer Straße – zu haben für unzählige Tausende von Euros) träumen kann, die es sich nie im Leben leisten wird. Es ist aber nur die Logik der Autobranche, die noch nicht verstanden hat, dass der Ast, auf dem sie sitzt, längst völlig morsch ist.
Mehr Demos bitte!
Die couragierten Aktivisten von „Sand im Getriebe“, die sich 2021 mutig über der Autobahn abgeseilt hatten und einen kleinen Augenblick lang für ein bisserl Chaos gesorgt haben, haben leider die IAA nicht verhindern können. Auch nicht die ganze Bandbreite von Gegnern, die mit wackerem Elan dafür gesorgt hatten, dass ein Verkehrswende-Protestcamp als Gegenprogramm auf die Beine gestellt wurde. Jedoch bevorzugten einige, den Dialog mit der IAA zu suchen. Aber worüber soll man noch diskutieren? Ist nicht schon längst alles ausdiskutiert? So oder so: Es sind viel zu viele Karren unterwegs, die Öffis sind nicht gut aufgestellt, und die Klimaziele werden nie und niemals erreicht! Panzerartige SUVs und Geländewagen verstopfen die Straßen, die Städten und verbrauchen Unmengen an Ressourcen, daran ändert auch ihre Verwandlung in E-SUVs gar nichts. Die Automobilindustrie sucht nach immer noch mehr neuen Produktionsstandorten und wird damit noch mehr fruchtbare Ackerflächen versiegeln – gegen solche Pläne von BMW wehren sich gerade die Menschen in Niederbayern, mit der Initiative „Lebenswerter Gäuboden“. Und in diesem Jahr peilt OKNB (Ohne Kerosin nach Berlin Bayern) München als Ziel der verschiedenen Klimaprotesttouren, die quer durch Deutschland fahren. Seine Forderung:
„Die einseitige Bevorzugung des Autoverkehrs muss beendet werden. Um die Klimaziele zu erreichen, brauchen wir einen politischen Wandel, in dem Maßnahmen für saubere, günstige, gesunde, klimaneutrale und für jede*n zugängliche Fortbewegung sofort umgesetzt werden.“ Echter Wandel heißt: Keine IAA mehr!
Denn wir leiden unter Abgasen, Feinstaub, Staus und Bodenversiegelung und brauchen einfach weniger Verkehr, so simpel ist das! Und es stellt sich einfach die Frage: Wohin bitte mit all dieser Karren, die Neuen, die Gebrauchten, die E-Autos??
Quellen:
https://www.hessenschau.de/wirtschaft/tausende-beim-klima-protest-gegen-die-iaa-in-frankfurt,iaa-demonstrationen-100.html
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-sendungen/internationale-automobilausstellung-frankfurt-greenpeace-proteste-vor-iaa-100.html
https://www.iaa-mobility.com/de
https://www.vda.de/de/der-vda
https://home.mobile.de/BLACKFOX#ses
https://www.wochenblatt-dlv.de/regionen/ostbayern/neuer-bmw-standort-landwirte-protestieren-gegen-bodenversiegelung-572008
https://ohnekerosinnachberlin.com/