Nur wenige Tage nach Beginn des Ukraine-Krieges vor einem Jahr hat die Schweizer Regierung beschlossen, sich der Sanktionspolitik der EU gegen Russland anzuschließen. Seither wurden in der Schweiz russische Vermögenswerte in einem Umfang von 7,5 Milliarden Franken blockiert. Nun werden offenbar die Folgen dieser Entscheidung sichtbar.
Von Alexander Männer
Als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine vor knapp einem Jahr haben die USA, Großbritannien, die EU-Mitglieder und andere westliche Länder folgenschwere Sanktionen gegen Russland erlassen und so einen regelrechten Wirtschaftskrieg gegen das Land entfacht. Um die russische Volkswirtschaft zu ruinieren, sollen bislang mehrere Tausend Wirtschaftsbeschränkungen unter anderem beim Handel oder im Bankensektor eingeführt worden sein.
Kritiker haben angesichts dieser Politik immer wieder vor den möglichen Folgen gewarnt, die vor allem Deutschland und die anderen europäischen Länder selbst hart treffen würden. Bekanntlich ist dies im vergangenen Jahr auch so eingetreten. Inzwischen werden die Folgen dieser Maßnahmen aber auch in den Ländern sichtbar, die sich nicht unbedingt Hals über Kopf in den Sanktionskrieg mit Moskau gestürzt haben.
Die Rede ist von der Schweiz, die sich im Sinne ihres neutralen Status aus den internationalen Spannungen eigentlich immer raushält und Dank ihrem lukrativen Geschäftsmodell im Bankensektor seit eh und je als sicherer Hafen für Anleger aus aller Welt gilt. Im Zuge der antirussischen Sanktionen hatte die Schweiz ihre Neutralität allerdings beiseite geschoben und sich dem westlichen Vorgehen angeschlossen.
Am 28. Februar 2022, vier Tage nach Beginn der russischen Militärintervention, hat die Schweizer Regierung die Strafen der Europäischen Union gegen Russland übernommen und bis heute insgesamt 7,5 Milliarden Franken von russischen Staatsbürgern, die auf der Sanktionsliste stehen, blockiert.
Nun werden offenbar die Folgen dieser Entscheidung deutlich. Denn, wie die US-Zeitung „The Financial Times“ kürzlich berichtete, sollen die Chinesen mittlerweile davor zurückschrecken, ihr Geld bei einer Schweizer Bank anzulegen. „Ich habe statistische Belege dafür, dass wörtlich hunderte Kunden, die Konten eröffnen wollten, es jetzt nicht tun“, zitiert das Blatt einen für Asien zuständigen Banker.
Dem Bericht zufolge haben die Vertreter von sechs der zehn größten Schweizer Banken angeführt, dass die Sanktionen für die Kunden eine Rolle spielten. „Sie fragten, ob ihr Geld bei uns sicher sei“, erklärte ein weiterer Banker.
Wie es außerdem heißt, würden die Banken Strategien durchspielen, wie sie mit einer Verschlechterung der Beziehungen zu China umgehen könnten. Ein Analytiker teilte diesbezüglich mit: „Sie alle versuchen, sich auf das vorzubereiten, was als Nächstes kommt“.
Zu betonen ist, dass Asien für die Schweiz einen wichtigen Markt darstellt und einen bedeutenden Anteil am Bankensektor des Landes einnimmt. Unter anderem sollen chinesische Anleger maßgeblich zu dem Anteil von zehn Prozent des schweizerischen Bruttoinlandsprodukts, der aus dem Bankgeschäft resultiert, beitragen. Ein Verlust dieser Kundschaft wäre demnach nicht gerade leicht zu verkraften.
Davon abgesehen könnte dieser Fall auch Anleger aus anderen Teilen der Welt veranlassen, ihr Geld nicht mehr auf ein Schweizer Bankkonto zu bringen.
Wie ernst die Lage für die Eidgenossen ist, bleibt abzuwarten. Man kann ihnen immerhin zugute halten, dass sie „nur“ einen Teil der 46 Milliarden Franken, die russische Kunden auf ihren Schweizer Konten deponiert haben, eingefroren haben.
Zudem würden trotz der Sanktionen nach wie vor recht umfangreiche wirtschaftliche Beziehungen zwischen der Schweiz und Russland bestehen, auch wenn die Übernahme der EU-Sanktionen das reguläre Tagesgeschäft Medienangaben zufolge massiv erschwert hat.