Es ist eine wichtige Aufgabe der Medien, Abhängigkeiten und Interessenkonflikte transparent zu machen. Die Münchner Sicherheitskonferenz ist eine private Veranstaltung, die sich unter anderen auch von grossen Rüstungskonzernen sponsern lässt. Darunter die Konzerne Krauss-Maffei-Wegmann, Rhein-Metall und Lockheed Martin. Im Beirat der Sicherheitskonferenz, der den MSC-Vorsitzenden bei der strategischen Ausrichtung und Entwicklung der Sicherheitskonferenz unterstützt, sitzt auch Krauss-Maffei. «Hochrangige Politiker entscheiden über die Zukunft der Aussenpolitik, und die Waffenkonzerne können mitbestimmen», ärgert sich beispielsweise Maria Feckl, Organisatorin der parallel stattfindenden Friedenskonferenz.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beschreibt die Münchner Sicherheitskonferenz anders: Sie sei «ein Treffen der hellen Seite der Macht». Viele US-Soldaten seien in Bayern stationiert. In der NATO stehe man füreinander ein.
Wolfgang Ischinger, der bis 2022 die Münchner Sicherheitskonferenz MSC leitete, meinte vor Jahresfrist zum Sponsoring von Rüstungskonzernen: «Die Sicherheitskonferenz wird erfreulicherweise von einer Vielzahl von Institutionen, Behörden, Organisationen und Firmen finanziell oder in anderer Form unterstützt. Dabei achtet die MSC sorgfältig darauf, dass finanzielle Beiträge von Partnern jeweils unter zehn Prozent des Gesamtbudgets der MSC liegen, um die Unabhängigkeit der MSC auch für die Zukunft zu wahren und zu sichern.»
Alle Sponsoren der Münchner Sicherheitskonferenz sind hier veröffentlicht.
Parallele Aktionen der Friedensbewegung
Das Aktionsbündnis gegen die Münchner Sicherheitskonferenz erwartet heute Samstag Zehntausende Demonstranten aus unterschiedlichsten Lagern und mit unterschiedlichsten Gründen. «Ich demonstriere gegen die Sicherheitskonferenz in dem Bewusstsein, den verbrecherischen russischen Angriffskrieg zu verurteilen, aber gleichzeitig auch darauf hinzuweisen, dass der Westen mit der NATO und der Sicherheitskonferenz ein Instrument in der Hand habe, das genauso auf Kriege und Mittel der Ausbeutung setze», erklärte Kerem Schamberger von der Linken. Als Beispiele erwähnte er die Angriffe der Türkei in Syrien und Nordkurdistan oder die Besetzung der Westsahara durch Marokko. Es gelte, angesichts des Kriegs in der Ukraine andere Krisen nicht aus den Augen zu verlieren.
«Frieden schaffen ohne Waffen»
Doch kann man den Slogan «Frieden schaffen ohne Waffen» angesichts des russischen Angriffskriegs überhaupt noch skandieren? Dazu äusserte sich Andreas Zumach, langjähriger Genfer UNO-Korrespondent der Taz und auch von Infosperber:
«Der Slogan ist gültiger und richtiger als je zuvor. Es ist nur ein törichtes Missverständnis zu glauben, ‹Frieden schaffen ohne Waffen› hätte immer nur gemeint, in einer konkreten Situation, wo ein Konflikt bereits auf die Gewaltebene eskaliert ist und eine Seite Waffen einsetzt, zu sagen, wir setzen unsererseits keine Waffen ein.» Es sei jedoch nach wie vor wichtig, gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen zu kämpfen.
Aber geht das überhaupt noch mit Wladimir Putin? Dazu Zumach: «Ich bin alt genug, um mich daran zu erinnern, wie häufig bei früheren Gewaltkonflikten das auch über die jeweils andere Seite gesagt wurde. Das ging im Vietnamkrieg los. Bis sich in Washington diejenigen durchgesetzt haben, die gesagt haben, wir müssen mit den Kommunisten, die wir da angegriffen haben, verhandeln, hat es lange gebraucht. Weil es vorher hiess, mit denen kann man nicht verhandeln.»
Schwierige Distanzierung vom rechten Lager
Die zunehmende Lieferung auch von Offensivwaffen und vielleicht auch bald von Kampfflugzeugen bereitet nicht nur Zumach Sorgen. Kürzlich äusserten sich dazu der Philosoph Jürgen Habermas in einem Essay in der Süddeutschen Zeitung, oder Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht mit ihrem Manifest für den Frieden, das bisher fast 500’000 Menschen unterschrieben haben. Nur: Darunter sind viele aus dem rechten Lager. Auch zur Sicherheitskonferenz sind Demos aus dem AfD-Bereich und vom rechten Compact-Magazin angemeldet. Maria Feckl, welche die Friedenskonferenz vom progressiven, sich als links verstehenden Lager aus organisiert, will einen Schulterschluss mit den Rechten vermeiden und auch nicht mit der AfD gemeinsam demonstrieren: «Es ist eine heftige Diskussion. Für mich ist es entscheidend, wer wo am Kopf steht. Wenn wir jetzt das Manifest für den Frieden nehmen von Wagenknecht und Schwarzer: Man muss schauen, wer waren die Erstunterzeichner und was sind die Inhalte. Und wenn dann irgendwo an 120. Stelle auch ein AfD-Mensch unterschreibt, kann er das machen, das zerstört für mich nicht das Manifest», so Feckl.