„Ein Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich ist die älteste und tödlichste Krankheit aller Republiken“, schrieb Plutarch vor zwei Jahrtausenden. Heute hat diese „Krankheit“ alle bisherigen Rekorde übertroffen.
Das zeigt der neue Jahresbericht von Oxfam „Umsteuern für soziale Gerechtigkeit“, der anlässlich der Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlicht wurde.
Im Zeitraum 2020 – 2021 stieg das weltweite Vermögen um 42 Billionen USD, 63 % dieses Anstiegs (etwa 26 Billionen) gingen an die reichsten 1 % der Bevölkerung. Den übrigen 99 % blieben lediglich 37 % des Vermögenszuwachses.
„Bezogen auf die Positionen an der Spitze der Verteilungspyramide“, so Oxfam, „hat ein Milliardär seit 2020 sein Vermögen im Durchschnitt um etwa 1,7 Millionen Dollar für jeden Dollar Vermögenszuwachs einer Person in den unteren 90 % erhöht.
Diese Disparität des Anstiegs wird durch die Tatsache verschärft, dass zum ersten Mal seit 25 Jahren extremer Reichtum und extreme Armut gleichzeitig zugenommen haben. Die Superreichen brachen in den ersten beiden Jahren der Pandemie alle Rekorde und läuteten damit sozusagen die „Roaring Twenties“ des neuen Jahrtausends ein.
Mit jeder Krise haben sich die zahlreichen Unterschiede vergrößert, was die Ungleichheit zwischen den Generationen, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und die territorialen Ungleichgewichte verstärkt hat“, sagte Gabriela Bucher, Geschäftsführerin von Oxfam International. Einer der kritischsten Punkte ist für Bucher ein ungerechtes Steuersystem.
Selbst angesichts des für die Märkte schwarzen Jahres 2022 bleibt das Schicksal von Spitzenkräften, die auch von jahrzehntelange Steuersenkungen für die Reichsten profitiert haben, um ihre privilegierten Positionen zu befestigen, davon unberührt.
Ein gerechteres Steuersystem, beginnend mit einer höheren Abgabe für die reichsten Personen, ist eines der Instrumente zur Bekämpfung der Ungleichheit.
Eine Steuer von 5% auf große Vermögen könnte den einnehmenden Ländern Mittel verschaffen, die sie für globale Armutsziele umverteilen und so bis zu 2 Milliarden Menschen aus der Armut befreien könnten.
Nach Angaben der Weltbank erleben wir derzeit wahrscheinlich den größten Anstieg der weltweiten Ungleichheit und Armut seit dem Zweiten Weltkrieg.
Ganze Länder sind von Bankrott bedroht und die ärmsten Länder geben inzwischen viermal mehr für die Rückzahlung von Schulden aus, als für öffentliche Ausgaben im Gesundheitswesen.
Drei Viertel der Regierungen der Welt (148 Länder) planen zudem Kürzungen der öffentlichen Ausgaben – auch im Gesundheits- und Bildungswesen – in Höhe von 7,8 Billionen USD für den Zeitraum 2023 – 2027.
Greta Thunberg hat Recht: „Es ist das Leiden der Vielen, das das Wohlergehen der Wenigen sichert“.
Bericht „Umsteuern für soziale Gerechtigkeit“ (deutsche Zusammenfasssung, PDF)
Report „Survival of the Richest“ (englisch, PDF)
Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Evelyn Rottengatter vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzerteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!