Barbara Marti für die Onlinezeitung Infosperber

 

Männliche Verhaltensweisen kosten die Allgemeinheit jedes Jahr Milliarden. Ein Ökonom fordert, endlich darüber zu sprechen.

In Strafanstalten sitzen überwiegend Männer ein. Das ist kaum ein Thema, obwohl diese Männer den Steuerzahlenden hohe Kosten verursachen. Im Buch «Was Männer kosten» kritisiert der deutsche Ökonom und Männerberater Boris von Heesen, dass die Politik die Kosten patriarchaler Geschlechterrollen stillschweigend akzeptiert. So ändere sich nie etwas an Rollenklischees, die Frauen und Männer von klein auf daran hindern, ihr ganzes Potential auszuschöpfen.

Geschlechtsspezifische Daten fehlen

Anhand von Statistiken in Deutschland kommt von Heesen zum Schluss, dass männliche Verhaltensweisen wie Rücksichtslosigkeit, Dominanz, Risikobereitschaft, Gewalt und Abwerten von Frauen die deutsche Gesellschaft jährlich mindestens 63 Milliarden Euro kosten. In der kleineren Schweiz wären das mindestens 6 Milliarden Franken. Es sind Kosten für Bereiche, in denen Männer massiv übervertreten sind, wie beispielsweise in Gefängnissen, bei Gewaltdelikten, Wirtschaftskriminalität, Extremismus, Unfällen, ungesunder Ernährung, Glücksspiel- und anderen Süchten.

Bei Statistiken mit Frauenmehrheiten wie Essstörungen und Tablettensucht seien ebenfalls patriarchale Rollenklischees der Grund, schreibt von Heesen. Er kritisiert, dass es zu wenig Daten zu geschlechtsspezifischen volkswirtschaftlichen Kosten gibt. Als Beispiel nennt er Statistiken über rechtsextreme Straftaten in Deutschland, die über das Geschlecht der Täterschaft keine Auskunft geben. Grund für diese Blindheit sei, dass Männer in Politik und Forschung nach wie vor dominieren und kein Interesse an geschlechtsspezifischen Daten haben. Diese Datenlücken verschleiern laut von Heesen den Blick auf die Kosten patriarchaler Rollenklischees und verhindern eine effektive Prävention.

Rollenklischees schaden auch Männern

Patriarchale Rollenbilder seien in der Bevölkerung weit verbreitet. Institutionen und Branchen wie Medien, Werbung, Kirchen, Porno- und Musikindustrie zementieren sie fortlaufend. «Männer merken im Grunde gar nicht, dass sie von Rollenbildern durch ihr Leben getrieben werden, sie drücken viele ihrer Emotionen weg, haben kaum Zugang zu ihrer Gefühlswelt», sagte Männerberater von Heesen dem «Standard». Es zermürbe, keine Gefühle zeigen zu dürfen, der Versorger zu sein und immer in Konkurrenz mit anderen Männern zu stehen.

Männer müssten lernen, dass patriarchale Rollenklischees auch ihnen schaden und es sie entlastet, wenn sie sich von festgefahrenen Rollenmustern befreien. Der Gewinn sei höher als der Verlust von Privilegien. Das müsse man insbesondere auch Jungen und Männern aufzeigen, die nicht zur Bildungselite gehören. Von Heesen hält es deshalb für wichtig, Rollenklischees auch in der Schule und während der Ausbildungszeit zu thematisieren. Grundsätzlich müsse die Politik viel mehr Geld in diese Männerarbeit investieren. Ein Vielfaches der Kosten fliesse später in Form von weniger hohen Folgekosten an die Gesellschaft zurück.

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