Bei uns wenig beachtet, wurde sowohl vom Abgeordnetenhaus als auch vom Senat des US-Kongresses am 11. Dezember ein neues Gesetz verabschiedet, der „Ukraine Freedom Support Act of 2014“. Es wurde vom US-Präsidenten unterzeichnet, womit es Gesetzesrang erlangt hat. Die Abstimmungen fanden am Rande der Verabschiedung des Gesamthaushalts der USA für das Finanzjahr 2015 statt, die meisten Abgeordneten interessierten sich in dem Moment überhaupt nicht für das neue Gesetz.

Der Gesetzeszweck ist in kurzer Zusammenfassung: Die USA werden die Ukraine weiter dabei unterstützen, ihre Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen, um Russland davor abzuschrecken, die Ukraine und andere unabhängige Länder in Mittel- und Osteuropa, dem Kaukasus und Mittelasien weiter zu destabilisieren und dort einzumarschieren. Neben anderen Maßnahmen, wie Sanktionen gegen Russland, sieht das Gesetz auch „Unterstützung für das Volk der Ukraine und die Lieferung militärischer Fähigkeiten an die Regierung der Ukraine“ vor.

Vor allem Abschnitt 10 ist brisant wegen der Verknüpfung mit dem nuklearen Mittelstreckenvertrag von 1987, durch den die USA und die Sowjetunion/Russland sämtliche Mittelstreckenraketen vollständig abgerüstet haben. Es gibt in den USA schon lange Bestrebungen, den Vertrag, wie das US-Verteidigungsminister Rumsfeld damals nannte, „auf den Misthaufen der Geschichte“ zu befördern.

Es wird pauschal festgestellt, dass Russland den Vertrag verletze, führt dies aber nicht näher aus – keine Verweise, keine Beweise. Desweiteren wird festgestellt, dass diese Vertragsverletzung eine Gefahr für die USA, die im Ausland stationierten Truppen der USA und seine Alliierten bedeute.

Der US-Präsident wird aufgefordert, Russland dafür zur Rechenschaft zu ziehen und von Russland zu fordern, dass sie die Militärsysteme, die die Verpflichtungen aus dem Mittelstreckenvertrag verletzen, vollständig und verifizierbar vernichten.

Die Brisanz dieser Behauptungen ergibt sich aus Artikel 15 des Mittelstreckenvertrages, nach welchem jede Vertragspartei den Vertrag mit sechs Monaten Frist kündigen kann. Auf diese Weise wurde schon der Raketenabwehrvertrag gekündigt.

Innerhalb von 90 Tagen nach Inkrafttreten des Ukraine Freedom Support Act – das war mit Unterzeichnung von Obama am 18.12. der Fall – muss der Präsident dem Kongress Bericht erstatten, welche Bemühungen er unternommen hat, dass Russland die Vertragsverletzungen beseitigt, und er muss seine Einschätzung kundtun, ob es im nationalen Sicherheitsinteresse der USA wäre, den Mittelstreckenvertrag und andere ähnliche Verträge zu kündigen.

Danach erst wird gesagt, worum es geht: Russland wird ohne nähere Angaben vorgeworfen, bodenstationierte Raketen oder Marschflugkörper mit der vom Mittelstreckenvertrag verbotenen Reichweite von 500 – 5.500 km stationiert zu haben.

Außerdem wird der Außenminister beauftragt, einen Plan vorzulegen, wie die Beseitigung der Vertragsverletzungen durch Russland überprüft werden können. Der Vertrag installierte die
damals Special Verification Commission zur Verifikation der Abrüstung auf beiden Seiten, die die vollständige Umsetzung des Vertrages schon vor langem bestätigte, es gab damals viele und sehr konstruktive Verifikationsmaßnahmen.

Ein kleiner Lichtblick: Absatz 11 des neuen Gesetzes erwähnt, dass mit dem Gesetz nicht der Einsatz militärischer Gewalt autorisiert wird.

In weiteren Abschnitten des Gesetzes werden die militärische Unterstützung der Ukraine konkretisiert – Lieferung panzerbrechender Waffen, Munition, Radarsysteme und Drohnen im Wert von 350 Millionen US$ in den nächsten drei Jahren – die ökonomische Unterstützung der Ukraine durch Auffangen der Exportausfälle insbesondere des Rüstungssektors und Maßnahmen zur Lösung der Energiekrise durch Finanzhilfen, unter anderem durch die Weltbank.

Regina Hagen
atomwaffenfrei.de