Brandenburger Landesregierung misst mit zweierlei Maß: Zum Fest in der Gigafactory lässt sie Tausende Gäste zu, aber 800 Bürgern wird das Recht auf Anhörung zu Bauplänen verweigert
9.000 Besucher erwarten die Veranstalter: Am Wochenende feiert Tesla seine Gigafactory in Grünheide mit einer „County Fair“. Laut Tesla-Mag sollen „bis zu 27.000“ E-Autofans in den Brandenburger Forst pilgern, wenn US-Unternehmer-Hero Elon Musk seine Muskeln spielen lässt, um der Welt zu demonstrieren, dass seine Phantasien sich um deutsche Politiker, Behörden und Vorschriften nicht scheren müssen. „Dieser ‚Tag der offenen Tür‘ ist die pure Machtdemonstration des US-Milliardärs, der damit Brandenburgs Landesbehörden am Nasenring durch die Manege treibt“, kommentiert der Landesvorsitzende der ÖDP, Thomas Löb, die Show im Landschafts- und Wasserschutzgebiet.
Löb begründet seine Kritik: „Während der Autobauer aus Kalifornien Zehntausende bei seinem Volksfest mit Riesenradrummel und Techno-Party beglücken darf, fühlen sich besorgte Bürger des Landes im wahrsten Sinn des Wortes von den Behörden in Potsdam im Stich gelassen.“ Denn die verweigern über 800 von ihnen das Recht auf demokratische Beteiligung am Genehmigungsverfahren für den Bau der Autofabrik. Sie haben beim Landesamt für Umweltschutz während der erneuten Auslegung Widersprüche gegen die Tesla-Pläne eingelegt. Mit Hinweis auf Corona lehnt die Regierung nun aber eine öffentliche Anhörung ab. Das könne lediglich online stattfinden, lautet die Behördenablehnung.
Im nahen Erkner sind in den zurückliegenden zwei Jahren wegen der Pandemie zahlreiche Bürgerfeste ausgefallen. Das berichten Anwohner und Mitglieder der örtlichen Bürgerinitiative, die den Tesla-Bau kritisch beobachtet. Für die Tesla-Show am Wochenende waren dagegen zunächst – trotz Corona – zwar auch „nur“ 5.000 Gäste zugelassen, moniert die ÖDP. Laut Presseberichten jedoch wolle der Landkreis „eine Ausnahme zulassen, und wenn sich die bis zu 9.000 Personen gleichzeitig brav abwechseln, könnten insgesamt dreimal so viele kommen“. Zur Bewältigung des Massenansturms im Naturschutzgebiet müssen daher, wie lokale Medien berichten, sogar „zur Absicherung des Verkehrs nicht nur die örtliche Polizei eingesetzt, sondern auch zusätzliche Kräfte von der Bereitschaftspolizei“ angefordert werden. Für Tesla macht die Potsdamer Politik das möglich. „Für Tesla gilt offenbar keine Corona-Regel“, empört sich Löb über diese Ungleichbehandlung. Fans aus aller Welt haben sich über eine eigens geschaltete Webseite zum Fest anmelden können. „CEO Elon Musk will jedenfalls dabei sein“, meldet die Presse. „Den vor Ort betroffenen Menschen aber wird ein Gespräch verweigert“, klagt Löb an.
Christian Rechholz, Bundesvorsitzender der ÖDP pflichtet seinem brandenburgischen Landeschef bei. Er prangert die nach wie vor undurchsichtigen Praktiken des Unternehmens und die Doppelmoral der Behörden: „Der US-Konzern reicht immer wieder geänderte Unterlagen bei Behörden ein. Die rot-grüne Landesregierung winkt sie durch – auf Kosten der Menschen vor Ort und zum Schaden der Natur sowie des Klimas.“ Das muss anders werden, sagt Rechholz, dessen ÖDP den Widerstand von Umweltverbänden gegen den Teslabau und die undurchsichtige Genehmigungspraxis seit Monaten unterstützt.