Vor einigen Wochen verstarb der ehemalige Präsident von Sambia Kenneth Kaunda. Obwohl er außerhalb der englischsprachigen Welt kaum bekannt ist, verdient er mehr als einen kurzen Absatz in den Geschichtsbüchern.
Kaunda war zunächst der Anführer der Bewegung gewesen, die der damaligen britischen Kolonie Nordrhodesien 1964 die Unabhängigkeit unter dem Namen Sambia brachte. Er wurde der erste Präsident und blieb es bis 1991.
Pressenza blickt auf den Werdegang dieser großen Persönlichkeit der Unabhängigkeitsgeneration zurück, die sich als Humanist bezeichnete und deren Erfahrung, mit ihren Licht- und Schattenseiten, Anerkennung verdient. Wir haben den Historiker und panafrikanischen Aktivisten Amzat Boukari-Yabara interviewt, der uns die wichtigsten Momente dieser Lebensgeschichte schildert.
Heute kommen wir zum Ende und betrachten aufmerksam das Vermächtnis des Vaters der sambischen Unabhängigkeit.
Die Beziehungen seiner Regierung zu den westlichen Ländern waren unbeständig. Wie kann man seine Außenpolitik beschreiben?
Wechselhaft, weil sie vom Machtgleichgewicht und von damaligen strategischen Interessen gesteuert wurde. Kaundas Diplomatie verbindet Pragmatismus und konstruktiven Realismus. Während seiner ersten offiziellen Reise als Staatsoberhaupt begibt er sich insbesondere in den Vatikan, nach London, darauf nach New York zur Generalversammlung der Vereinten Nationen. Während er zahlreiche interafrikanische Vermittlungen organisiert, führt er ein ständiges diplomatisches Armdrücken mit London, um Sanktionen gegen das rhodesische und südafrikanische Regime zu verhängen.
Vor dieser ersten Reise hatte Kaunda im Frühjahr 1964 Paris und dann Belgrad besucht. Nachdem er in Matignon von George Ompidou empfangen wurde, versucht er, Investoren und Industrielle an sich zu binden, um die Infrastruktur für den Umbau seines Landes, insbesondere im Bereich der Kohlechemie, in Erwartung der Unabhängigkeit auszubauen. Später wehrte sich Kaunda gegen die französische Finanzierung eines Staudammes in Mozambik, der den portugiesischen Kolonialinteressen diente.
Titos Jugoslawien gewährt er eine Bergbaukonzession und im Jahre 1970 ermöglicht ihm die logistische Unterstützung aus Belgrad die Organisation der dritten bündnisfreien Konferenz in Lusaka. Kaunda wendet sich auch Maos China zu, um den Bau der Eisenbahnlinie zu verwirklichen, die Sambia mit dem tansanischen Hafen Dar-es-Salaam verbindet. Kaunda lehnt die Politik der Einflussnahme und der Einmischung der beiden Blöcke ab, weil er der Meinung ist, dass es unmöglich ist, sich zu entwickeln und zu vereinen, wenn man Feinde hat oder unter dem Verdacht und der ständigen Instrumentalisierung durch Washington oder Moskau steht.
Nach freien Wahlen wurde er 1991 von seinem Gegner Frederick Chiluba abgelöst. Warum hat er seine Macht verloren?
Der Machtverschleiß, die Wirtschaftskrise, die Volksaufstände und die Androhungen eines Militärputsches haben ihn besiegt. Der Fall des südafrikanischen Apartheidregimes entspricht auch einem Moment des Druckabfalls. Kaunda war nicht grundsätzlich machthungrig. Er hat schon gezögert, das Amt eines Staatsoberhaupts auszuüben, weil er sich mehr einen Führer nach dem Vorbild Ghandis vorstellte. Er hat „die Macht verloren“, aber er hat das Land dem Mehrparteiensystem geöffnet, indem er durch die Wahlurnen einen Übergang sicherstellte. Kaunda hat spöttisch betont, dass diejenigen, die ihn von der Macht verdrängt haben, ihm die Bildungspolitik verdankten, die er eingeführt hatte.
Sein politisches Engagement endete nicht mit seinem Rücktritt von der Präsidentschaft. Wie ging es weiter?
Kenneth Kaunda stand in Opposition zu Präsident Chiluba. Bei den Präsidentschaftswahlen in 1996 sollte er durch eine Verfassungsänderung, die es jeder Person ausländischer Herkunft verbot, zu kandidieren, aus dem Rennen gedrängt werden. Die Wahl wurde von der UNIP boykottiert, die Repressalien hinnehmen musste. Am Weihnachtstag 1997 wurde Kaunda verhaftet und 5 Monate lang gefangen gehalten unter der Anklage der Hehlerei wegen Informationen über einen missglückten Staatsstreich im Oktober 1997. Das Verfahren wurde schließlich eingestellt.
Kaunda engagiert sich dann in verschiedenen sozialen Bereichen. Der ehemalige Staatschef, der international einen äußerst positiven Ruf genießt, setzt sich in Foren für Frieden, Entwicklung, Demokratie ein oder im Kampf gegen HIV/AIDS, an dem einer seiner Söhne 1987 verstarb. Als Patriarch, großer Musikliebhaber und Musiker, der übrigens die südafrikanische Sängerin Miriam Makeba auf der Klavier begleitete, pflegte er sein Image als weiser Mann und Ältester, der bis zu seinem Tod sehr gefragt war und viel besucht wurde.
Kaunda ist der letzte der großen afrikanischen Führer des Unabhängigkeitszeitalters, der gestorben ist. Welche Erinnerung hinterlässt er heute in seinem Land und auf dem Kontinent?
Der letzte der großen Führer kann aus mehreren Blickwinkeln betrachtet werden. Kenneth Kaunda war wahrscheinlich der älteste der großen Führer und afrikanischen Präsidenten, die noch am Leben sind. Er gibt die Position des Ältesten an Sam Nujoma zurück, den in 1929 geborenen ehemaligen Präsidenten von Namibia. Es gibt noch einige Veteranen des Kampfes gegen Kolonialismus und Apartheid, aber die Zeit fordert unwiderruflich ihren Tribut. Diese Führer jedoch, die den schlimmsten Regimen die Stirn boten, sind im Allgemeinen der großen Mehrheit der afrikanischen Jugend unbekannt, vor allem der französisch sprachigen, die den Figuren der ewig jungen Märtyrer wie Patrice Lumumba oder Thomas Sankara den Vorzug geben.
Ich habe den Eindruck, dass Kaunda, der „Löwe von Sambesi“, das Andenken eines beharrlichen Führers hinterlässt, der offen für den Dialog war, vielleicht manchmal zu sehr. Seine lange Amtszeit – und sein langes Leben, das von großer Disziplin zeugt – machen ihn zu einem Bezugspunkt und zu einem kontroversen Thema in der politischen Geschichte seines Landes. Trotzdem erkennt die ganze Welt seine Bedeutung als großen Staatsmann an. Im Hinblick auf den Panafrikanismus war er ein konstruktives Element der afrikanischen Einheit gewesen, die stets danach strebte, Gegensätze zu überwinden. Als ein Mann der Synthese, wird sein Vermächtnis, das er hinterlässt, wie bei allen Politikern, vor allem davon abhängen, was seine Erben daraus machen.
Kenneth Kaunda, ein afrikanischer Humanist, der sich mit Gandhi verglich – Teil I.
Kenneth Kaunda, ein afrikanischer Humanist, der sich mit Gandhi verglich – Teil II.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!