Der venezolanische Diplomat Alex Saab wehrt sich auch nach 14 Monaten in dem afrikanischen Inselstaat Kap Verde gegen die von den USA angeordnete Festnahme. Der Sonderbeauftragte der venezolanischen Regierung wehrt sich gegen seine Auslieferung an die USA wegen des „Verbrechens“, unter Verstoß gegen die illegalen US-Sanktionen versucht zu haben, humanitäre Lieferungen von Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten aus dem Iran zu beschaffen.

Bis heute wurden Saabs Rechtsmittel für seine Freiheit entweder abgelehnt, zurückgewiesen oder ignoriert, da seine Auslieferung an die USA immer näher rückt.

Der Rechtsfall

Saab wehrt sich weiterhin gegen diesen offenkundigen Versuch einer extraterritorialen gerichtlichen Überschreitung der USA. Als Reaktion auf Saabs jüngste Berufung vor dem 11. Bezirksgericht der USA beantragten die Vereinigten Staaten am 24. August eine Fristverlängerung bis zum 7. Oktober. Diese juristische Verzögerungstaktik ist wahrscheinlich ein Trick der USA, um Saabs anstehende Auslieferung zu ermöglichen, ohne seine diplomatische Immunität anzuerkennen.

Nach den Genfer Konventionen genießt ein beglaubigter Diplomat wie Saab selbst in Kriegszeiten absolute Immunität vor Verhaftung. Die USA erkennen den Diplomatenstatus von Saab nicht an, als ob Washington die Befugnis hätte, zu bestimmen, wen andere Länder als Botschafter auswählen und empfangen dürfen.

Zunächst einmal war die Verhaftung von Saab am 12. Juni 2020 willkürlich, illegal und unüblich. Auf seinem Weg von Caracas nach Teheran wurde sein Flugzeug zu einem technischen Tankstopp nach Kap Verde umgeleitet. Dort wurde er von der Polizei vor Ort, die keinen Haftbefehl hatte, gewaltsam aus dem Flugzeug entfernt.

Am Tag nach der Festnahme und Inhaftierung veranlassten die USA Interpol, einen sogenannten „Red Notice“ herauszugeben, welcher später von Interpol wieder aufgehoben wurde. Und als der Haftbefehl später eintraf, war er auf den Namen einer Person ausgestellt, die nicht Alex Saab war. Dies ist die wahrhaft absurde Rechtsgrundlage für die Inhaftierung des Diplomaten.

Kap Verde ist Mitglied des Gerichtshofes der Wirtschaftsorganisation Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) und unterliegt dessen Rechtsprechung. Der Gerichtshof ordnete die Freilassung von Saab an und forderte sogar Schadensersatz von der Regierung Kap Verdes. Kap Verde legte gegen das Urteil Berufung ein, verlor und behauptete anschließen – obwohl es die Autorität des Gerichts durch seine Teilnahme an dem Verfahren anerkannt hatte -, dass es den Anordnungen des Gerichts nicht Folge leisten müsse.

Infolgedessen forderte der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen die Freilassung von Saab.

Saabs Anwälte wandten sich an den Obersten Gerichtshof von Kap Verde und beantragten einen Habeas-Corpus Beschluss. Dies wurde mit der absurden Begründung abgelehnt, Saab befinde sich unter „Hausarrest“ in „Freiheit“. Tatsächlich wurde er nicht nur festgehalten, sondern durfte sich auch nicht von seinen Ärzten wegen einer Krebserkrankung behandeln lassen und nicht einmal seine Familie treffen, die ihn bei seiner Ankunft in Kap Verde unterstützt hatte. Erst nach Druck wurde Saab ein minimales Besuchsrecht gestattet.

Am 13. August wurde Saabs Fall vor dem Verfassungsgericht von Kap Verde verhandelt, wo seine Inhaftierung aus zwölf verfassungsrechtlichen Gründen angefochten wurde. Saab wurde nicht gestattet, persönlich vor Gericht zu erscheinen. Obwohl das Verfassungsgericht verpflichtet ist, zu reagieren, hat es bisher einfach die Zeit verstreichen lassen.

Der politische Fall

Dieses juristische Theater um den Fall Saab dient als Verschleierung dessen, was im Grunde ein politischer Fall ist, nämlich der Versuch der USA, Venezuela durch einseitige Zwangsmaßnahmen einen Regimewechsel aufzuzwingen. Maßnahmen, die auf eine rechtswidrige Blockade des lateinamerikanischen Landes hinauslaufen.

Die USA üben einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf eines der kleinsten Länder der Welt aus, in dem mehr Kapverden in den USA leben als auf den heimischen Inseln. Da Kap Verde nur über wenige natürliche Ressourcen verfügt, ist das Land von Überweisungen aus dem Ausland abhängig und leider auch „ein Umschlagsplatz für illegale Drogen und andere grenzüberschreitende organisierte Kriminalität“, wie es in einem Bericht der US-Regierung heißt. Bei einem BIP von 1,7 Milliarden Dollar ist das aktuelle 400-Millionen-Dollar Projekt zum Bau einer US-Botschaft ein beachtlicher Anreiz für Kap Verde.

Der politische Charakter des Falles wird von den USA anerkannt. Saab wird von den USA beschuldigt, der Kopf eines Netzwerks von Quellen zu sein, die es Venezuela ermöglicht haben, die US-Blockade zu umgehen und benötigte Lieferungen zu beschaffen. Dies ist der Grund dafür, dass Saab ins Visier genommen wurde. Um ihre illegalen Sanktionen durchzusetzen, würden die USA wahrscheinlich von Saab Informationen darüber erhalten wollen, wie Venezuela versucht hat, die Blockade zu umgehen, die die USA verhängt haben, um Venezuela in die Unterwerfung zu treiben.

Saab behauptet, dass er in Kap Verde gefoltert wurde. Er hat Grund zu der Annahme, dass ihm im Falle einer Auslieferung an die USA noch mehr Folter droht, um ihn zu zwingen, nicht nur seine Handelskontakte und -kanäle offenzulegen, sondern auch die Regierung Venezuelas zu denunzieren.

Saab in seinen eigenen Worten

Saab bleibt jedoch hartnäckig. Am 19. August erhob Saab Anklage gegen die kapverdischen Behörden wegen groben Fehlverhaltens in seinem Fall, einschließlich Folter. Im Folgenden sind seine eigenen Worte in einer Erklärung wiedergegeben, die über seine Anwälte am 25. August veröffentlich wurde:

„Kap Verde hat sich noch nicht entschieden, denn obwohl alle gesetzlichen Fristen abgelaufen sind und klar ist, dass zahllose Gesetze verletzt wurden, beunruhigt die Tatsache, dass es nun seine eigene Verfassung verletzen muss, um mich auszuliefern, das Gewissen der Richter des Verfassungsgerichts, die bisher ehrlich waren, aber von den USA stark unter Druck gesetzt werden.

In Kap Verde wissen und erkennen der Präsident, der Premierminister, der korrupte Generalstaatsanwalt und selbst die einfachsten Leute, dass ich entführt wurde.

Für diejenigen, die davon träumen, dass sich meine Rede oder Integrität ändern, wenn ich ausgeliefert werde, möchte ich diese Illusion zerstören. Meine Integrität ändert sich nicht durch das [politische] Klima oder die Art der Folter. Venezuela ist souverän. Es ist das Land, das mich adoptiert hat.

Es ist das Land, für das alle anständigen Menschen kämpfen. Wir gehen nicht durch die Welt und lügen und fordern Sanktionen gegen die Menschen.

Venezuela wird diese Schlacht gewinnen, ob in Kap Verde oder in Nordamerika, wir werden siegen. Ich hoffe, dass die Sanktionen bald aufgehoben werden und dass dem Volk, das mindestens 30 weitere Jahre Wahlsiege braucht, weiterhin Priorität eingeräumt wird, angeführt von einem Volk, das sich um die PSUV [sozialistische Partei] und unseren Präsidenten Nicolas Maduro Moros schart.

Lassen Sie also die Emotionen beiseite und fragen Sie sich, ob das Flugzeug angekommen ist, ob ich als Tenor ‚singen‘ werde, falls sie mich ausliefern, usw. Lassen Sie diese lächerliche Illusion los, ersten, weil es nichts zu ‚singen‘ gibt, und zweitens, weil ich, wie ich schon oft gesagt habe, das Heimatland, dem ich diene, niemals verraten werde.“

Internationale Bemühungen zur Befreiung von Alex Saab

Auf internationaler Ebene hat Kap Verde diplomatische Schreiben erhalten, in denen der Iran, China, Russland, die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union, ECOWAS und natürlich Venezuela gegen den Fall Saab protestieren und sich auf die Grundsätze der Immunität und der Unverletzlichkeit der konsularischen Rechte berufen. Über 15.000 internationale Bürger haben eine Petition an die USA und die politische Führung der Kapverden unterzeichnet, in der sie die Freilassung von Alex Saab fordern https://afgj.org/free-alex-saab.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Maria Kaschner vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!


Roger D. Harris ist Mitglied der 1985 gegründeten Menschenrechtsgruppe Task Force on the Americas. Er gehörte einer internationalen Delegation an, die im Juni nach Cabo Verde reiste und von der Polizei von Cabo Verde daran gehindert wurde, Alex Saab zu sehen.