Die hysterische und absurde Polarisierung zwischen Befürwortern und Gegnern der Covid-19-Impfung vergiftet das gesellschaftliche Klima in unserem Land.
Wir erkennen das Recht eines jeden an, an die Sicherheit solcher Impfstoffe zu glauben oder sie abzulehnen.
In einem Land, das sich selbst als demokratisch bezeichnet, muss die Legitimität beider Entscheidungen anerkannt werden, insbesondere in einem so sensiblen Bereich wie der medizinischen Behandlung.
Es sei daran erinnert, dass diese Impfstoffe auf neuartigen pharmakologischen Vektoren beruhen und vor Abschluss des normalen Prüfzyklus als Notimpfung zugelassen wurden, so dass ihre mittel- und langfristigen Auswirkungen noch nicht bekannt sind.
Dabei sind wir weder gegen den wissenschaftlichen Fortschritt noch gegen die Anwendung neuer therapeutischer Technologien im medizinischen Bereich – im Gegenteil, wir begrüßen Forschung und Innovation. Aber wenn man bedenkt, dass es sich um experimentelle Impfstoffe handelt, kann man die Position derjenigen verstehen, die sich nicht impfen lassen wollen.
Es ist legitim, diesem Impfstoff zu vertrauen und ihn sich zum eigenen Schutz verabreichen zu lassen, ebenso wie es legitim ist, ihm nicht zu vertrauen und sich verantwortungsbewusst für andere Prophylaxe- und Schutzmaßnahmen für sich und andere zu entscheiden. Letztlich ist es legitim, frei zu entscheiden, was man mit seinem eigenen Körper macht, ohne dass dies bedeutet, dass das Recht anderer auf Sicherheit verletzt wird.
Wenn, wie die Humanisten glauben, die grundlegende Eigenschaft des Menschen seine Intentionalität ist, die sich in der Wahlfreiheit ausdrückt, dann ist das Vorgehen der Regierung gewalttätig und entmenschlichend. Um weitere Schließungen im Herbst zu verhindern, ergreift sie eine starke Hand und fördert Maßnahmen, die diese Wahlfreiheit verhindern und die das, was eine verantwortungsvolle individuelle Entscheidung ist (und bleiben muss), in eine Verpflichtung verwandeln.
Sich auf die Entscheidungsfreiheit zu berufen, bedeutet natürlich nicht, irgendetwas zum Nachteil von irgendjemand anderem zu tun; diese Anschuldigung gegenüber denjenigen, die den Impfstoff ablehnen, offenbart die Bösgläubigkeit oder bestenfalls die völlige Ignoranz derjenigen, die sich in diesem dramatischen Moment der Verdunkelung der Vernunft als Vorbilder des Altruismus aufspielen.
Diejenigen, die sich selbst und andere schützen wollen, indem sie der Verpflichtung nachkommen, in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen und Abstand zu halten, schaden niemandem, sondern ergreifen im Gegenteil die einzige Maßnahme, die die Übertragung des Virus mit Sicherheit verhindert.
Das Erfordernis eines grünen Passes für das Gesundheits- und Schulpersonal, das in Zukunft auf alle anderen Kategorien von Arbeitnehmern ausgedehnt werden könnte, stellt in Ermangelung von Maßnahmen, die die Unentgeltlichkeit des Schnellabstrichs festlegen, eine Zwangsmaßnahme dar, die die Menschen auch gegen ihren Willen zur Impfung zwingt, und eine Verletzung der individuellen Freiheiten sowie eine sehr schwerwiegende Form der Diskriminierung derjenigen, die sich der Einschüchterung nicht beugen wollen.
Insbesondere die Instrumentalisierung des grünen Passes, um Jugendliche über 12 Jahren zur Impfung zu bewegen, ist zu beklagen. Es ist eine sehr ernste Angelegenheit, jungen Menschen – die die Krankheit nicht in einer schweren Form entwickeln – ein Serum zu verabreichen, dessen langfristige Auswirkungen unbekannt sind. Mindestens zwei Generationen, die ihr ganzes Leben noch vor sich haben, werden mit den unbekannten Folgen einer Impfung konfrontiert, die sie nicht gebraucht hätten.
In der Zwischenzeit setzt die Regierung den eingeschlagenen Weg fort und stellt sich taub gegenüber Protesten und Appellen an die Verfassung und die Vernunft. Es wurde beschlossen, den Ausnahmezustand bis Dezember zu verlängern, so dass das Parlament seit fast zwei Jahren nicht mehr ordnungsgemäß arbeiten kann, ohne dass die Bedingungen, die eine solche Maßnahme zu Beginn der Pandemie hätten rechtfertigen können, jetzt gegeben sind; die öffentlichen Gesundheitsressourcen werden nicht gestärkt, es gibt keine nennenswerten Fortschritte bei der rechtzeitigen häuslichen Therapie, und die Regierung tut weiterhin so, als stünde der Ausgang aus dem Tunnel dank der Zulassung neuer Medikamente auf der Basis monoklonaler Antikörper durch die EMA nicht unmittelbar bevor.
In einem Orwell’schen Szenario, in einer Eskalation des fanatischen Irrationalismus, werden wir Zeugen einer beschämenden Hasskampagne gegen diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen und beschuldigt werden, die Pandemie durch Unmoral und Egoismus zu verbreiten. Die Grundsätze des demokratischen Zusammenlebens werden durch eine einseitige Propaganda voller Beleidigungen, Drohungen und schuldhafter Versäumnisse seitens der politischen und gesundheitspolitischen Behörden mit Füßen getreten; in Ermangelung einer ernsthaften öffentlichen Debatte wird ein Narrativ ohne wissenschaftliche Beweise unerbittlich mit Slogans wiederholt. Jede abweichende Stimme wird ausgelacht und als „No Vax“ gebrandmarkt, eine abwegige und tendenziöse Vereinfachung, die abweichendes Denken verbietet und diejenigen, die es praktizieren, objektiviert, mit dem Ziel, den Kern der Diskussion über ein Thema von größter Bedeutung, nämlich das Verhältnis zwischen medizinischer Versorgung und Freiheit, zu beseitigen.
Eine Diskussion, die stattdessen die Grundlage für eine bessere, bewusstere und kohäsivere Gesellschaft sein könnte, eine reife und verantwortungsvolle menschliche Gemeinschaft, die sich auf neue und fortschrittlichere Formen der Beteiligung und Demokratie zubewegt.
Heute entscheiden wir, in welcher Art von Welt wir morgen leben werden: beherrscht von Angst, umgeben von vermeintlichen Feinden und geneigt, der etablierten Macht kritiklos zu gehorchen, oder frei zu denken, zu wählen und zu handeln mit Respekt vor der Menschlichkeit (d.h. der Freiheit) anderer?
Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Evelyn Rottengatter vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige.