Am Welt-Aids-Tag (1. Dezember) schlägt die Entwicklungsorganisation ONE Alarm: Nach Jahren des mühsamen Fortschritts erleidet der Kampf gegen HIV/Aids einen empfindlichen Rückschlag. ONE fordert die Weltgemeinschaft auf, stärker zu investieren, Risikogruppen besser zu erreichen sowie neue Finanzierungsquellen zu erschließen.
Stephan Exo-Kreischer, Direktor von ONE Deutschland, sagt: “Die letzte Pandemie, die die Welt vor Corona in Atem gehalten hat, hieß Aids. Vor 40 Jahren kam eine HIV-Infektion einem Todesurteil gleich. Seitdem haben wir große Fortschritte gegen die Infektionskrankheit erzielt. Mit den richtigen Medikamente können Menschen mit HIV noch ein langes Leben ohne große Einschränkungen führen. Die Zahl der AIDS-bedingten Todesfälle ist um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Heute gibt es auch ohne Covid-19 noch immer große Herausforderungen, aber jetzt droht uns die Corona-Pandemie beim Kampf gegen Aids um Jahre zurückzuwerfen.”
Herausforderungen vor Corona
Von den insgesamt 38 Millionen HIV-Infizierten weltweit haben noch immer 12,6 Millionen Menschen keinen Zugang zu lebensrettenden Medikamenten. Alleine im vergangenen Jahr sind 690.000 Menschen an den Folgen von Aids gestorben. Aids ist Todesursache Nummer 1 für Frauen unter 50 – weltweit.
Herausforderungen mit Corona
Ausgangssperren, Unterbrechungen in Lieferketten und andere Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie schränken den Zugang zu lebenswichtigen Gesundheitsdiensten für Menschen ein, die HIV-positiv sind. Sie können infolgedessen weder mit HIV-Präventionsmitteln und Aids-Tests versorgt noch behandelt werden. Insbesondere in den Ländern, die am stärksten von Armut betroffen sind, kommt es derzeit häufig zu Unterbrechungen in der Gesundheitsversorgung – mit tödlichen Folgen. Eine sechsmonatige Unterbrechung der antiretroviralen Therapie könnte alleine in Subsahara-Afrika zu über 500.000 zusätzlichen AIDS-bedingten Todesfällen führen. Darüber hinaus drohen durch die Corona-Krise bis zu 40 Millionen Menschen in Afrika in die extreme Armut zu rutschen. Das alleine bedroht viele der Gesundheits- und Entwicklungserfolge des letzten Jahrzehnts.
Um sich gegen diese Doppel-Pandemie zu stemmen, ruft ONE die Weltgemeinschaft zu drei Maßnahmen auf, die zeitnah umgesetzt werden müssen:
- Mehr Investitionen für den Kampf gegen HIV/Aids:
Investitionen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie dürfen nicht zu Lasten der Finanzierung für den Kampf gegen HIV/Aids gehen. Alleine 2020 werden über 26 Milliarden US-Dollar für die globale Aids-Bekämpfung benötigt. Zusätzlich müssen fünf Milliarden US-Dollar zusätzlich mobilisiert werden, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Kampf gegen AIDS abzuschwächen. - Risikogruppen müssen besser erreicht werden:
Ob Aids oder Corona, Ausbrüche von Infektionskrankheiten treffen die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen am härtesten. Mehr als die Hälfte der HIV-Neuinfektionen im Jahr 2020 entfielen auf die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, obwohl sie nur einen sehr kleinen Teil der Allgemeinbevölkerung ausmachen. Dazu zählen unter anderem Männer, die Sex mit Männern haben, Sexarbeiter*innen oder Menschen, die sich Drogen injizieren. Regierungen und internationale Programme müssen neue Wege finden, um die Stigmatisierung zu bekämpfen und diese Bevölkerungsgruppen mit Gesundheits- und Präventionsdienstleistungen zu erreichen. - Neue nachhaltige Finanzierungsquellen müssen erschlossen werden:
Im Jahr 2019 fielen die Mittel für die globale HIV-Bekämpfung gegenüber 2017 um sieben Prozent auf knapp über 18 Milliarden US-Dollar. Benötigt werden allerdings mehr als 26 Milliarden US-Dollar. Damit sich der Abwärtstrend in den Investitionen nicht weiter fortsetzt und damit Menschenleben kostet, müssen Regierungen und internationale Institutionen innovative Wege der Finanzierung finden. Diese müssen auch Anreize schaffen, damit Entwicklungsländer mehr Eigenmittel aufwenden. Erhöhte und nachhaltige Investitionen aus dem privaten Sektor sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung.
Anlässlich des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember veröffentlicht ONE einen Kurzbericht (auf Englisch). Diesen finden Sie hier: https://bit.ly/2V0Z8hy
ONE ist eine internationale Bewegung, die sich für das Ende extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten bis 2030 einsetzt. Damit jeder Mensch ein Leben in Würde und voller Chancen führen kann. Wir sind überparteilich und machen Druck auf Regierungen, damit sie mehr tun im Kampf gegen extreme Armut und vermeidbare Krankheiten, insbesondere in Afrika. Zudem unterstützt ONE Bürger*innen dabei, von ihren Regierungen Rechenschaft einzufordern. Mehr Informationen auf www.one.org.