Martha Hennessy, die sechste der Angeklagten von „Kings Bay Plowshares“, wurde zu einer 10-monatigen Haftstrafe sowie zu einer dreijährigen überwachten Bewährung und Restitution verurteilt. Damit wich das Gericht von den Empfehlungen der Bewährungsbehörde von 18 bis 24 Monaten nach unten ab.

Die Richterin Lisa Wood, die das Urteil virtuell von Brunswick, Georgia aus vollzog, gab den Argumenten der Verteidigung statt, dass ihre kriminelle Vorgeschichte überbewertet sei. Sie reduzierte Martha von einer Kategorie 2 auf eine Kategorie 1, ähnlich wie sie es am Tag zuvor für Carmen Trotta getan hatte. Dann reduzierte sie die Strafe weiter wegen mildernder Umstände, wie der guten Arbeit, die Martha mit der katholischen Arbeitergemeinschaft leistet, ihrem Alter und dem geringen Schaden, den sie persönlich auf der U-Boot-Basis angerichtet hatte.

Vier Freunde von Martha bezeugten ihren guten Charakter und ihre gute Arbeit. Ihre langjährige Freundin und Mitarbeiterin Elizabeth Blum sprach über ihren tiefen Respekt und ihre Zuneigung für Martha. Sie lernten sich kennen, als beide 1982 eine Ausbildung zur Ergotherapeutin absolvierten, gemeinsam arbeiteten sie und teilten sogar Patienten, sie sind Nachbarn und Freunde in Vermont, haben Geburtstage, die einen Tag auseinander liegen, nahmen an den Hochzeiten des anderen teil und teilen sich Mahlzeiten aus selbst angebauten Produkten. Elizabeth hat Marthas Wachstum in ihrem katholischen Glauben und ihren Dienst für die am meisten Benachteiligten beobachtet und geschätzt. Auch wenn Elisabeth Marthas Glauben nicht teilt, so teilt sie doch ihre tiefe Sorge „für den Frieden und den Planeten und unsere Familien“. Elizabeth beschrieb eindringlich, wie sie in den 1950er Jahren während der atmosphärischen Atomtests aufwuchs und sich vor Milch fürchtete, die mit Strontium-90-Fallout kontaminiert war; die Vorstellung, das Schutzhaltungs-Training in Schulen könne jeden retten, sei absurd. Sie zeigte sich Martha zu Dank verpflichtet, dass sie durch ihre Aktion für „Kings Bay Plowshares“ „gezeigt hat, wie verwundbar wir alle durch Atomwaffen sind“.

George Horton sagte, er habe Martha während der letzten zwei Jahrzehnte, die er mit dem Prozess der Heiligsprechung ihrer Großmutter Dorothy Day zu tun hatte, und durch Marthas Tätigkeit in der katholischen Arbeitergemeinschaft kennen gelernt. Seine über vier Jahrzehnte lange Arbeit bei Caritas in New York City umfasst das Vermitteln von Kenntnissen über die katholische Soziallehre und das soziale Handeln der Kirche in den Gemeinden. Als Tierarzt der vietnamesischen Armee mit einem Jura-Abschluss beschrieb er, wie er Martha zum ersten Mal in Maryhouse sah, wie sie gebückt einen großen Topf, der viele Menschen ernährte, akribisch reinigte. „Sie ist eine Arbeiterin“, sagte er, „sie arbeitete immer… für Menschen, die Hilfe brauchten und in der Gemeinschaft der katholischen Arbeiter willkommen waren“. Er sagte, dass Caritas New York ein Budget von 80 Millionen Dollar hat. „Wir können uns von den Menschen lösen…. Wir sind nicht in der Lage, für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten, weil wir einen Regierungsvertrag haben“. Im Gegensatz dazu umfasst Marthas Leben sowohl Wohltätigkeit als auch das Engagement für Gerechtigkeit und Frieden wie das ihrer Großmutter. „Martha fordert Sie heraus. Aber ich möchte, dass Sie wissen, dass ich von Martha nie herausgefordert wurde, ohne die Liebe zu spüren, die sie hat… Martha ist ein wichtiger Teil der katholischen Arbeitergemeinde…. Sie kocht, reinigt…“ Er beschrieb, wie Martha wichtige Beziehungen zu Obdachlosen hat, die sie davor bewahren, sich isoliert und allein zu fühlen. Sie verwickelt sie in Gespräche. „Darum geht es in der Katholischen Arbeitergemeinde…. Hier geht etwas Besonderes vor…. Marthas Herz bricht, wenn sie sieht, wie jemand verletzt wird. Es wäre schrecklich, sie jetzt aus der Katholischen Arbeitergemeinde herauszunehmen.“ Er erzählte die Geschichte, wie er mit Martha und anderen in der St.-Patrick’s-Kathedrale stand und am Tag nach der Beerdigung eines Polizeibeamten eine Fahne mit der Aufschrift „Blue Lives Matter“ hängen sah. Jemand erhob Einspruch gegen den Pastor. „Ich dachte, die Beschwerde hätte unter vier Augen vorgebracht werden sollen. Ich erinnere mich, dass sie sagte: ‚George, manchmal muss man den Leuten Unbehagen bereiten’… Mein Glaube ist durch diese Erfahrung, dem Prozess beizuwohnen und zur Basis zu gehen, gewachsen. Es hatte einen enormen Einfluss auf meinen Glauben.“

Mary Yelenick ist eine Anwältin im Ruhestand und eine Freundin von Martha. Sie arbeitet als NGO-Vertreterin bei den Vereinten Nationen für Pax Christi International, einer globalen katholischen Bewegung für Frieden und Gewaltlosigkeit. Als Anwältin sprach Mary Yelenick vor Richter Wood darüber, wie „die Einhaltung von Gesetzen der Gesellschaft Vorhersehbarkeit und Stabilität verleiht“. Sie sprach davon, dass die Weltgemeinschaft die Legalität „teuflischer Massenvernichtungswaffen, die bedrohlich durch die Gewässer von Kings Bay gleiten“, in Frage stellt, so wie es getan wurde, um das zu beenden, was einst als „legal“ galt, wie die Sklaverei. Am 22. Januar tritt der Vertrag über das Verbot von Atomwaffen in Kraft, der alle Kernwaffen völkerrechtswidrig macht.

Maria sprach über die Prinzipien, aus denen sich Marthas Leben und Handeln ergibt. „Ihr biologisches und spirituelles Erbe“ kommt direkt aus ihrem christlichen Glauben, der von ihrer Großmutter Dorothy Day überliefert wurde. Ihrem Glauben folgend, „in einer zutiefst symbolischen, sakramentalen Handlung“, vergoss Martha ihr Blut auf dem Atomwaffenstützpunkt Kings Bay in der Hoffnung, „dass dieses Blut ein Weckruf sein würde…“.

Hier ist ein Teil von Marys bewegenden Ausführungen vor dem Gericht.  „Die letzten Fragen, die sich sterbende Kinder überall – nicht nur hier in Brunswick, sondern auf der ganzen Welt – ihren Eltern stellen werden, wenn sie und ihre Eltern vor Schmerzen schreien, von wütendem Feuer verzehrt werden; oder vor Strahlung verdorren; oder unerbittlich zu Skelettüberresten von globalem Hunger reduziert werden, mit nuklearen Staubwolken, die die Sonnenstrahlen blockieren – ist ‚warum hat das nicht jemand gestoppt, während wir noch eine Chance hatten, es zu stoppen? Und die Antwort – das letzte gequälte Flüstern von Eltern, die in Brunswick, Georgia und auf der ganzen Welt einen schrecklichen Tod starben – die letzten menschlichen Laute vor der Auslöschung allen Lebens auf diesem kleinen, zerbrechlichen, geliebten Planeten – wird sein: „Einige Menschen haben versucht, dies zu stoppen. Aber wir haben sie strafrechtlich verfolgt. Und wir haben sie weggesperrt.“

Marthas geistliche Oberin, Schwester Marylin Gramas, hatte Martha bei ihrer Verurteilung begleitet und sagte: „Ich habe Martha geholfen, frei zu sein, Gottes Eingebungen zu spüren“. Sie bemerkte Marthas Zurückhaltung und Scheu und dass diese Pflugschar-Aktion nicht so einfach war. Sie lobte die Bemühungen von Martha dazu beizutragen, den Ärmsten im Maryhouse Nahrung, Unterkunft und vor allem ein herzliches Willkommen zu bieten, und beschrieb Marthas tiefe Wertschätzung für ihre Großmutter, Dorothy Day. Dies trug zu ihrer Lebensüberzeugungen bei, welche nun zu der Klage geführt hat. Sie bat den Richter um Milde, damit Martha ihre wertvolle Arbeit fortsetzen kann.

Der Staatsanwalt Greg Gilully sagte dann, dass Martha trotz des Guten, das sie tut, das Gesetz gebrochen und ein schweres Verbrechen begangen habe. Auch wenn sie die Höchststrafe von 20 Jahren vielleicht nicht verdient hätte, sei eine Haftstrafe gerechtfertigt und zur Abschreckung notwendig.

Martha begann ihre Stellungnahme mit den Worten:

„Ich stehe hier als Ergebnis meiner Überzeugung, die mich veranlasst, auf die Illegalität von Atomwaffen hinzuweisen.“ Dann zitierte sie die Verfassung der Vereinigten Staaten, dass alle Verträge das oberste Gesetz des Landes sein sollen. „Ich versuche, zur Umgestaltung der Grundwerte des öffentlichen Lebens beizutragen. Ich bin bereit, für das Gemeinwohl und für unsere Sünde der fehlenden Liebe für unsere Brüder und Schwestern zu leiden, ein Zustand, der zum Krieg führt.“ Sie fügte hinzu: „Ich habe keine kriminellen Absichten; ich möchte dazu beitragen, einen weiteren nuklearen Holocaust zu verhindern. Der Tenor des in internationalen Abrüstungsverträgen enthaltenen Gesetzes ist sehr klar, nämlich Massenmord in einem unverständlichen Ausmaß zu verhindern. Die Uhr des „Bulletin of Atomic Scientist’s Doomsday“ ist auf 100 Sekunden bis Mitternacht gestellt. Ich sehe die Gesichter meiner Enkelkinder in dieser Uhr.“

Die vollständige Erklärung von Martha ist auf der Website zu finden. Martha wurde angewiesen, sich in 30 Tagen im Gefängnis zu melden.

Pater Steve Kelly, der im Gefängnis von Glynn Co. immer noch auf seine Verlegung nach Tacoma, Washington, wartet, um wegen eines Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen vor Gericht zu erscheinen, ließ alle Unterstützer wissen, dass er die Möglichkeit hatte, die Verurteilung seiner Mitangeklagten anzuhören. Dem letzten zu verurteilenden Angeklagten, Mark Colville, wurde ein Aufschub der Urteilsverkündung gewährt, da er nicht auf sein Recht verzichten will, vor dem Richter in öffentlicher Sitzung zu erscheinen. Mark hat in Anträgen, die beim Gericht eingereicht wurden, erklärt, die Regeln von Connecticut in Bezug auf COVID-19 besagen, dass bei der Rückkehr von einer Reise aus einem anderen Bundesstaat Quarantäne verhängt werden muss. Mark ist der einzige Fahrer für seinen Neffen, der sich dreimal pro Woche einer Dialyse unterzieht. Die Ärzte haben angegeben, es müsse einen einzigen Fahrer geben, um die Möglichkeit einer COVID-Infektion zu verringern. Der Richter gewährte einen Aufschub der Verurteilung bis zum 18. Dezember. Wenn dies virtuell oder während fortgesetzter COVID-Reisebeschränkungen geschieht, wird das Gericht der Öffentlichkeit dieselben Einwahlnummern zur Verfügung stellen.

Alle früheren Urteilserklärungen und Zeugenaussagen werden auf der Website kingsbayplowshares7.org unter dem Reiter Recht in der Rubrik Urteilserklärungen veröffentlicht.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!