COVID-19 hat den ökologischen Fußabdruck der Menschheit schrumpfen lassen und das Datum des Earth-Overshoot-Day (oder auch Erdüberlastungstag) im Vergleich zum Vorjahr um mehr als drei Wochen nach hinten verschoben – was seit Jahren nicht mehr geschehen ist. Die Herausforderung, unsere Wirtschaft wieder anzukurbeln, bietet Ländern eine einzigartige Chance, die Zukunft so zu gestalten, wie wir sie uns wünschen.
Vom 1. Januar bis zum 22. August dieses Jahres hat die Menschheit der Natur so viel abverlangt haben, wie die Erde im ganzen Jahr erneuern kann. Das zeigen Berechnungen des Global Footprint Networks und der York University. Die Corona-Lockdowns haben den ökologischen Fußabdruck der Menschheit um fast 10 Prozent schrumpfen lassen. Aber wir Menschen verbrauchen immer noch zu viele ökologische Ressourcen: wir leben, als ob unsere Erde 60 Prozent größer wäre oder als ob wir 1,6 Erden nutzen könnten. Auch haben sich öffentliche Gesundheit und wirtschaftliche Erholung weltweit als vorherrschende Anliegen herauskristallisiert. Damit sind Entscheidungsträger aufgerufen, Initiativen zu stärken, die es uns allen erlauben, innerhalb der ökologischen Möglichkeiten des Planeten zu leben.
«Das diesjährige plötzliche Schrumpfen des ökologischen Fußabdrucks darf nicht mit Fortschritt verwechselt werden», sagte Laurel Hanscom, CEO von Global Footprint Network. «Wir sind gegen erzwungene Reduzierungen, die Leid verursachen.»
Es gibt viele Lösungswege, die gemeinschaftlich oder individuell angegangen werden können. Wir beeinflussen die Zukunft maßgeblich dadurch, wie wir die Nahrungsmittel produzieren, wie wir uns fortbewegen, wie wir uns mit Energie versorgen, wie viele Kinder wir haben und wie viel Land wir für wilde Tiere schützen. Halbierten wir zum Beispiel die CO2 Emissionen, so würde sich das Earth-Overshoot-Datum um 115 Tage verschieben.
Unser Nahrungssystem beansprucht heute bereits über 50 Prozent der Biokapazität unseres Planeten. Daher spielt es eine Rolle, wie und was wir essen. Nahrungsweisen, die weniger CO2-intensiv sind und die biologische Vielfalt schonen, und gleichzeitig auch gesünder sind, verdienen besondere Aufmerksamkeit. Das zeigen auch die gemeinsamen Forschungsarbeiten des Global Footprint Networks und des Barilla Center for Food and Nutrition. Ein Halbieren der Lebensmittelabfälle vom Hof zum Teller würde den Earth-Overshoot-Day um 13 Tage verschieben.
Da wir uns auf eine Welt vorbereiten müssen, die zunehmend vom Klimawandel und von Ressourcenbeschränkungen geprägt ist, beschreibt Overshootday.org, was jede und jeder Einzelne tun kann. Der Footprint-Rechner zum Beispiel hilft allen, ihre eigene Situation zu überprüfen. Außerdem werden existierende Initiativen und Projekte von Unternehmen, Regierungen, Gemeinden und Einzelpersonen, die Nachhaltigkeit effektiv fördern, auf der interaktiven #MoveTheDate Lösungskarte vorgestellt.
In Anerkennung der verschobenen COP26-Klimakonferenz der UNO in Schottland werden die schottische Umweltschutzbehörde (SEPA), die Universität Glasgow und das Global Footprint Network am 20. August den Earth-Overshoot-Day in Glasgow lancieren. SEPA selbst hat das «One-Planet-Prosperity»-Konzept zur eigenen Doktrin gemacht. Die live übertragene Veranstaltung bringt führende Persönlichkeiten aus dem privaten und dem öffentlichen Sektor in Schottland, Großbritannien und der ganzen Welt zusammen.
Für Unternehmen wird es zu einer zentralen Geschäftsstrategie, Lösungen zu finden, die es der Menschheit ermöglichen, innerhalb der ökologischen Möglichkeiten unseres endlichen Planeten zu gedeihen. Die Wohlstandsdimension können wir mit dem Human-Development-Index (HDI) der Vereinten Nationen abschätzen. Ob wir auf dem Planeten ausreichend Platz haben, misst der ökologische Fußabdruck. Wie das angewendet werden kann, zeigt das neue E-Book von Schneider Electric und Global Footprint Network.
Die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen, aber auch von Ländern und Städten, hängt von einem sorgfältigen Umgang mit ökologischen Ressourcen ab. So sank Australiens Biokapazität während seiner massiven Waldbrände im Jahr 2019 auf fast die Hälfte. Damit ist Australien zum ersten Mal in seiner Geschichte von einem Biokapazitätsdefizit gekennzeichnet. Im Gegensatz dazu zeigt Schottland mit seiner aggressiven Dekarbonisierungsstrategie und seiner beachtlichen Biokapazität, dass es möglicherweise bald sein Biokapazitätsdefizit zu schließen vermag.
Der globale Overshoot begann in den frühen 1970er-Jahren. Heute entspricht die kumulative ökologische Schuld 18 Erdenjahren. Mit anderen Worten: Es würde 18 Jahre der gesamten Regeneration unseres Planeten brauchen, um die Schäden der Übernutzung der natürlichen Ressourcen wieder auszugleichen, vorausgesetzt die Übernutzung wäre vollständig reversibel. Lösungen existieren, die es möglich machen, innerhalb der ökologischen Kapazitäten unseres Planeten zu leben. Das Gegenteil ist langfristig gesehen per Definition unmöglich. Wenn wir den Earth-Overshoot-Day jedes Jahr um 5 Tage nach hinten verschieben (#MoveTheDate), würde die Menschheit schon vor 2050 weniger als die ganze Erde nutzen.
Über den ökologischen Fußabdruck
Der ökologische Fußabdruck ist die umfassendste Bilanzierungsmetrik für biologische Ressourcen, die es gibt. Er summiert alle Ansprüche der Menschen an biologisch produktive Flächen: Nahrung, Holz, Fasern, Absorption von CO2 und die Fläche für Straßen und Städte. Gegenwärtig machen die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brenn- und Treibstoffe 57 Prozent des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit aus.
Zum Earth Overshoot Day / Erdüberlastungstag 2020
- Das spätere Datum des Earth-Overshoot-Day 2020 reflektiert die 9,3-prozentige Reduktion des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit zwischen dem 1. Januar bis zum Earth-Overshoot-Day im Vergleich zum gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Das ist eine direkte Folge der Corona-Lockdowns in den meisten Ländern der Welt. Die gewichtigsten Faktoren, die diese Reduktion des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit bestimmten, waren der Rückgang des Holzschlags und der CO2-Emissionen, was zu einer Verringerung des Fußabdrucks für Waldprodukte (8%) und des Carbon-Footprints (14,5%) führten.
- Die Menschheit verbraucht derzeit 60% mehr Ressourcen als durch die Natur regenerierbar sind – oder so viel, als ob wir auf 1,6 Planeten oder eben einer 60 Prozent größeren Erde leben würden. Vom Earth-Overshoot-Day bis zum Ende des Jahres wächst das ökologische Defizit der Menschheit, das in den meisten Jahren seit dem ökologischen Overshoot der Welt in den frühen 1970er-Jahren zugenommen hat. Dies geht aus den National Footprint & Biocapacity Accounts (NFA) hervor, was auf UN-Datensätzen basiert (mit 15.000 Datenpunkten pro Land und Jahr).
- Der Earth-Overshoot-Day wird unter Verwendung der „National Footprint and Biocapacity Accounts“ berechnet, die jetzt von der York University in Toronto gepflegt und aktualisiert und von der neuen Footprint Data Foundation verwaltet werden.
Zu Global Footprint Network
Global Footprint Network, der Organisator des Earth-Overshoot-Days, ist eine internationale Nachhaltigkeitsorganisation, die alle unterstützt, innerhalb der Möglichkeiten der Erde zu leben und auf den Klimawandel zu reagieren. Seit 2003 arbeiten wir mit mehr als 50 Ländern, 30 Städten und 70 globalen Partnerorganisationen zusammen, und liefert wissenschaftliche Erkenntnisse, als Basis für wirkungsvolle Entscheidungen in Politik und Wirtschaft. Gemeinsam bauen wir eine Zukunft, in der wir alle innerhalb der Grenzen unseres einen Planeten gedeihen können. www.footprintnetwork.org.