Der Autor, Regisseur und politische Aktivist Luis Sepulveda hat seinen Kampf gegen das Coronavirus heute verloren und ist im Alter von 70 Jahren in Spanien, wo er seit einigen Jahren lebte, im Krankenhaus verstorben. Das Schreiben und der Widerstand gegen Unrecht, Faschismus, Kolonialismus und Umweltzerstörung ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Leben auf zwei Kontinenten und in zahlreichen Ländern.
Sein erstes Werk verfasste er schon als 17-Jähriger in seiner Heimat Chile. Internationale Berühmtheit erlangte er dann mit seinem Roman „Un viejo que leía novelas de amor” von 1992, das teilweise autobiografisch Erfahrungen in der ecuadorianischen Wildnis erzählt. Ein weiteres bekanntes Werk mit dem Titel „Mundo del fin del mundo” folgte zwei Jahre später und fokussiert auf den Widerstand gegen den illegalen Walfang durch die japanischen Unternehmen. Sepulveda ist der Autor zahlreicher Romane und
Kurzgeschichten und auch von Kindergeschichten mit einer Moral für Erwachsene.
Wie er von sich sagte, hatte er immer schon großen Spaß am Schreiben. Für ihn war das Schreiben immer schon eine Art und Weise, mit der Welt in Kontakt zu treten und diesen Kontakt aufrechtzuerhalten, somit sein soziales Projekt für eine bessere Welt.
In Chile studierte er Theaterwissenschaften. 1973 wurde er nach dem Militärputsch von General Pinochet 1,5 Jahr unter schweren Bedingungen politisch inhaftiert und kam nur dank Amnesty International unter Hausarrest.
Seine Entscheidung, sich weiterhin Pinochet und seinem faschistischen Regime zu widersetzen, indem er vor allem kulturellen Widerstand leistete, kostete ihm eine weitere Verurteilung zu 28 Jahren Haft. Aber Amnesty International schaffte es, seine Haft in ein achtjähriges Exil in Schweden umzuwandeln. Hier begann er auch intensiv an seinen Werken zu arbeiten.
Er bereiste ganz Lateinamerika und befasste sich unter anderem mit den Shuar-Indianern. Im Rahmen einer Initiative der Unesco lebte er sieben Monate unter ihnen, um die Auswirkungen des Kolonialismus auf sie zu untersuchen. Er arbeitete auch mit verschiedenen Organisationen zusammen, um die Alphabetisierung der indigenen Völker Lateinamerikas, unter anderem der Ibambura-Bauern, voranzutreiben.
1979 gelangte er nach Hamburg und begann seine Zusammenarbeit mit Greenpeace.
In seinen Werken geht es um soziale und politische Themen, um Umweltschutz und Humanismus. Er kritisiert sehr stark den Egoismus des Menschen. Es geht ihm um die Überwindung des Barbarischen im Menschen durch die Gestaltung einer authentischen gesellschaftlichen Dimension im Sinne der gegenseitigen Würdigung und der Solidarität.
Bei seiner Rückkehr in die Heimat nach der Diktatur ist er auch sehr überrascht über die starke Verwurzelung des Rassismus und des Individualismus im Lande, wie er in einem Interview von 2010 mit Casa de America behauptet.
Er spricht von einer „Ent“-Hoffnung nach der großen Hoffnung auf seine Rückkehr in die alte-neue Heimat nach dem Ende Pinochets. Den Menschen geht es nicht mehr um das Soziale, sondern nur um die Figur des self-made-man. Die Politik nach der Diktatur braucht eine neue Carta Magna. Das Land braucht Veränderungen für alle Gesellschaftsschichten. Man sollte nicht einfach nur zur Wahl gehen, um das kleinste Übel zu wählen. Denn Politik muss sozial verankert sein und auch tatsächliche Veränderungen in der Gesamtgesellschaft hervorbringen.
Im Roman „La sombra de lo que fuimos“ von 2009 geht es um einen Tag vier chilenischer Männer, die an ihre Zeit während der Diktatur zurückdenken, an die politische Haft und an das Exil, und auch an die Zeit unter Allende. Zwei Elemente sind für Sepulveda ausschlaggebend, um die Vergangenheit, auch die eigene, überarbeiten zu können, Liebe und Humor (amor y humor), wie er in einem Interview aus dem Jahre 2009 über das Buch berichtet. Der Roman ist wie alle seine Romane auch autobiografisch.
Die Diktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990) bedeutete eine starke politische Zäsur für seine Generation und so auch für ihn. Der Roman richtet sich an eine Generation, die diese Diktatur nicht erlebt hat. Es geht um soziale Werte und um den friedlichen Aufbau sozialer Bewegungen, die sich als demokratisch, umweltfreundlich und antifaschistisch sehen und gerade auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft neu gestalten.
Es ist nur zur hoffen, dass man sich in der Welt nach dem Covid-19 am sozialen und antifaschistischen Engagement Sepulvedas und an seinen Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt durch die Barbarei des Menschen erinnern wird.
Die Utopie einer Welt ohne Umweltzerstörung und gierigen Egoismus malt uns Sepulveda in seiner Geschichte für Kinder (und vor allem für Erwachsene) mit dem Titel „Historia de una gaviota y del gato que le enseñó a volar“ vor. Diese sollten wir für die Gestaltung unserer Welt nach dem Covid-19 in unsere Agenda aufnehmen.