In einer Rede, in der Präsident Macron seine Vision von Frankreichs nuklearer Abschreckungsstrategie schilderte, warb er auch für die Rolle von Atomwaffen in der europäischen Sicherheitspolitik und wies die Forderung nach ihrer weltweiten Abschaffung als „eine ethische Debatte“ zurück, die „in einem strategischen Kontext unrealistisch“ sei. Unterdessen hat der Elysée-Palast nicht auf eine Einladung zu einem Treffen mit der berühmten Hiroshima-Überlebenden Setsuko Thurlow reagiert, die letzte Woche in Paris war.
Am Freitag, dem 7. Februar, schlug Macron in der École de Guerre in Paris eine Diskussion mit den europäischen Staaten über die Rolle vor, die Frankreichs Atomwaffen für die Sicherheit Europas spielen können, und bot sogar an, dass andere Staaten an Übungen der französischen Atomstreitkräfte teilnehmen könnten. Verantwortungsbewusste europäische Staaten sollten seine Einladung zur Diskussion annehmen – und die Vorstellung, dass nukleare Abrüstung Sicherheit bringe, kategorisch ablehnen.
In seiner gesamten Rede hat Macron die nukleare Abrüstung als eine Frage des „Realismus“ bezeichnet. Er sagte: „In der Realität unserer Welt müssen Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung eine progressive und realistische Einschätzung des strategischen Kontexts darstellen.“
„Macron kennt die Realität der Detonation einer Atomwaffe nicht. Diejenigen, die es wissen – die Überlebenden der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki sowie der Atomtests in Algerien und auf den Pazifik-Inseln – sind die wahren Realisten; sie wissen, welche Auswirkungen diese unmenschlichen, unmoralischen Waffen tatsächlich haben können“, sagt Beatrice Fihn, Exekutivdirektorin der ICAN.
Letzte Woche war die Hiroshima-Überlebende und ICAN-Aktivistin Setsuko Thurlow in Paris beim ICAN-Paris-Forum zu Gast. ICAN und Setsuko hatten um ein Treffen mit Macron gebeten, um das Wissen über Atomwaffen von Überlebenden mit ihm zu teilen. „Leider scheint Macron nicht daran interessiert zu sein, von den wirklichen Experten für Atomwaffen zu hören. Sein Team hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, auf unsere Bitte zu antworten.“
Macrons Rede gipfelte in einer Kritik am Atomwaffenverbotsvertrag, in der er bekräftigte, dass Frankreich ihn nicht unterzeichnen werde und keine Verpflichtungen für Frankreich schaffen werde. Er behauptete auch, dass der Atomwaffenverbotsvertrag niemals Auswirkungen auf den privaten Sektor haben werde.
„Dies zeigt, wie besorgt Frankreich wirklich über die Auswirkungen des Vertrags ist, denn der Vertrag zeigt bereits Wirkung. Bereits 2019 wies der „Don’t Bank on the Bomb“-Bericht darauf hin, dass Finanzinstitute beginnen, sich von den Unternehmen, die Atomwaffen produzieren, abzuwenden. Dieser Trend wird sich noch verstärken, wenn der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft tritt“, sagte Susi Snyder, Autorin des Berichts „Don’t Bank on the Bomb“.
Trotz der Kommentare von Macron steht die französische Öffentlichkeit hinter dem Atomwaffenverbotsvertrag. Eine kürzlich durchgeführte Meinungsumfrage zeigt, dass 67% den Beitritt Frankreichs zum Vertrag wünschen. Darüber hinaus haben sich 21 französische Städte, darunter Paris und Grenoble, dem ICAN-Städte-Appell angeschlossen und fordern die Regierung auf, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. „Es ist an der Zeit, dass Macron Realist wird und auf Experten und Bürger hört“, sagt Jean-Marie Collin, ICAN Frankreich.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anne Schillinger vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!
Einen Überblick über die verschiedenen nationalen Positionen zum Internationalen Vertrag über das Verbot von Nuklearwaffen (kurz: Atomwaffenverbotsvertrag) gibt es auf der Seite von ICAN Deutschland