Die Welt bereitet sich auf einen weiteren Earth Day vor, währenddessen befindet sich die Bewegung für Umweltgerechtigkeit an einem kritischen Punkt. Während sich ein Großteil des Klima-Debatte nach wie vor auf die großen Ölkonzerne und andere umweltverschmutzende Großunternehmen konzentriert, gibt es einen Herausstechenden, oft aber Übersehenen, der zur Klimakrise beiträgt: das US-Militär. Als starkes Zeichen der Solidarität und einer dringenden Notwendigkeit haben mehrere führende Umweltorganisationen, darunter 350.org, Sunrise Movement, Climate Defenders und National Priorities Project, sowie aktivistische Organisationen wie NDN Collective, Anakbayan und Diaspora Pa’Lante einen von CODEPINK initiierten offenen Brief unterzeichnet, um die Welt aufzufordern, den mühsamen ersten Schritt zu gehen, anzuerkennen, dass Krieg und Umweltzerstörung auf tödliche Weise miteinander verknüpft sind. Es ist an der Zeit, dass sich noch mehr Gruppen, die sich für Umweltgerechtigkeit einsetzen, diesem wichtigen Aufruf anschließen.
Von Aaron Kirshenbaum und Melissa Garriga
Der offene Brief ist deutlich: Das US-Militär ist der weltweit größte institutionelle Umweltverschmutzer. Mit seinem schwindelerregenden Verbrauch von 17,4 Milliarden Litern Treibstoff pro Jahr macht das Pentagon 77-80 % des gesamten Energieverbrauchs der US-Regierung aus. Wäre das US-Militär ein Staat, würde es beim Ausstoß von Treibhausgasen weltweit auf dem 47. Platz liegen. Und dennoch haben die ökologischen Folgen des Militarismus noch immer keinen bedeutsamen Anteil bei den Mainstream-Klimadiskussionen.
Die Unterzeichner des Briefes sprechen sich gegen die katastrophalen Auswirkungen der US-Militäroperationen auf unserem Planeten aus. Über die unmittelbare Umweltzerstörung in Kriegsgebieten hinaus, zum Beispiel durch die Freisetzung schädlicher Chemikalien wie PFAS in Boden und Wasser, hat die Präsenz von US-Militär rund um den Globus irreparablen Schaden an Ökosystemen, landwirtschaftlichen Flächen und lokalen Gemeinden verursacht. Es gibt weltweit 800 US-Militärstützpunkte, oftmals auf indigenem Land oder unter Verletzung der nationalen Souveränität errichtet. Diese Stützpunkte existieren nicht isoliert; sie sind Teil einer größeren, fest vernetzten Kriegswirtschaft, welche die Umweltzerstörung anheizt.
Nehmen wir als Beispiele die anhaltenden Kriege in Gaza und der Ukraine. Die Verwüstung, die der Völkermord in Gaza angerichtet hat, hat in den ersten zwei Monaten mehr CO2-Emissionen freigesetzt als von 20 Länder zusammengenommen. In der Ukraine wurden durch den Krieg bereits mehr als 119 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen und weite Waldstrecken zerstört. Der Tribut, den die Umwelt für diesen Konflikt zahlt, ist grauenhaft, nichtsdestotrotz unterbleibt bedauerlicherweise in den meisten Klimaforen die Diskussion über die Rolle des Militarismus beim Klimawandel. Es ist an der Zeit, das zu ändern.
Jeder sollte darüber beunruhigt sein, dass der Einsatz von Atomwaffen, eine existenzielle Bedrohung für das Überleben der Menschheit, nicht außer Frage steht. Während wir einem möglichen Atomkrieg in Ländern wie der Ukraine und in Regionen wie Südwestasien und Nordafrika (SWANA) immer näher rücken, sind die damit einhergehenden Auswirkungen auf das Klima erschreckend. Die anhaltenden Kriege in diesen Gebieten können möglicherweise bis hin zum Einsatz von Atomwaffen eskalieren. Ein globaler „nuklearer Winter“ kann zu beispiellosen Zusammenbrüchen weltweiter Systeme, wie der Nahrungsmittelproduktion und der biologischen Vielfalt führen und damit geopolitische Gewalt direkt mit der Klimakrise in Verbindung bringen.
Das Scheitern globaler Klimaverhandlungen in jüngster Zeit, wie zum Beispiel bei der COP, unterstreicht die Dringlichkeit dieser Botschaft zusätzlich. Die Länder des globalen Südens tragen nach wie vor die Hauptlast der Klimazerstörung. Nicht nur dass der globale Norden der Hauptverursacher der Umweltverschmutzung und der umweltbezogenen Ungleichheit ist, was Klimakatastrophen hervorruft, sondern er stellt auch hierzu nicht die notwendigen Mittel für Entschädigungen bereit. Aber abgesehen vom finanziellen Ungleichgewicht verkennen diese Gipfeltreffen eine der größten Bedrohungen für die globale Umweltgesundheit: den Militarismus. Die Klimakrise wird nie gelöst werden, solange Krieg und Militarismus ungehindert fortdauern dürfen.
Deshalb ist dieser offene Brief wichtig, den eine Koalition bestehend aus Umweltgruppen, an vorderster Front stehenden Gemeinschaften und Antikriegsaktivisten unterzeichnet haben. Er ruft zu einem Umdenken auf bezogen auf die Art und Weise, wie wir die Klimakrise betrachten, indem wir anerkennen, dass die Kriegswirtschaft direkt für einige der ungeheuerlichsten Umweltzerstörungen verantwortlich ist, mit denen wir heute konfrontiert sind. Die Öffentlichkeit muss erkennen, dass die durch Krieg verursachte Umweltzerstörung nicht ein von der Arbeit für Klimagerechtigkeit abgetrenntes Thema ist, sondern ein integraler Bestandteil davon.
Diese Bewegung braucht mehr Verbündete. Die Organisationen, die bereits unterschrieben haben, sind engagiert, aber noch mehr Umweltorganisationen müssen sich diesem Aufruf anschließen. Es genügt nicht mehr, nur die Interessen der großen Öl- und anderer Konzerne ins Visier zu nehmen. Der militärisch-industrielle Komplex muss für seine Rolle in der Klimakrise zur Verantwortung gezogen werden.
Die abschließende Aussage dieses Briefes ist eine einfache Erklärung gesunden Menschenverstandes. Dennoch ist es ein Appell zu einem radikalen Wandel der aktuellen Landschaft politischer, wirtschaftlicher und nichtstaatlicher Strukturen, zu dem sich unsere Friedens- und Umweltbewegungen vereinen müssen: „Wir lehnen Militarismus, Krieg, Besatzung, Völkermord und Zerstörung ab. Stattdessen entscheiden wir uns für unseren Fortbestand in der Welt: Frieden, Souveränität, Diplomatie und Befreiung!“ Dies ist nicht nur eine Vision für eine friedliche Welt, sondern der einzige Weg nach vorne für einen lebenserhaltenden Planeten. Wir alle müssen anfangen, uns für eine Zukunft einzusetzen, in der es bei Klimagerechtigkeit nicht nur darum geht, Ökosysteme isoliert zu schützen, sondern auch zu begreifen, was die Zerstörung dieser Ökosysteme, auf die wir angewiesen sind und die umgekehrt auch auf uns angewiesen sind, verursacht. Wir müssen anfangen, für eine Zukunft jenseits von Krieg, Imperien und Militarismus zu arbeiten. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.
Sie können den vollständigen Brief hier lesen und/oder unterzeichnen
Aaron Kirshenbaum unternimmt für CODEPINK Kampagnen für ‚War is Not Green‘ und ist regionaler Organisator an der Ostküste. Aaron stammt ursprünglich aus Brooklyn, New York, und lebt auch dort; er hat einen M.A. in Community Development and Planning von der Clark University. Er hält ebenfalls ein B.A. in Human-Environmental und Urban-Economic Geograph der Clark University. Während seiner Schulzeit war Aaron aktiv in der Organisation und der Entwicklung von Bildungsmaterialien zum Thema internationaler Klimagerechtigkeit, wie auch bei Aktivitäten zu Palästina, Wohnraumfragen und gegen die Todesstrafe.
Melissa Garriga ist Managerin für Kommunikation und Medienanalyse bei CODEPINK. Sie schreibt darüber, wie Militarismus und die menschlichen Kosten von Krieg miteinander verknüpft sind.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Ursula Nollenberger vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!