In den Koalitionsverhandlungen drängen CDU und CSU darauf, das Recht auf staatliche Informationen abzuschaffen. Angetrieben wird das Vorhaben von Philipp Amthor – der wegen seiner umstrittenen Nebentätigkeiten bei Augustus Intelligence selbst unter IFG-Anfragen zu leiden hatte.
Jeder hat das Recht auf amtliche Informationen. Seit 2006 müssen Behörden auf Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Dokumente herausgeben – seien es Verträge, interne Weisungen oder E-Mails. Fast 300.000 Anfragen wurden seitdem über FragDenStaat gestellt. Das IFG ist eine zentrale Säule der Demokratie in Deutschland geworden.
Nun wollen CDU und CSU das Recht auf Informationen abschaffen. Das geht aus dem Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe zu „moderner Justiz“ hervor, das wir veröffentlichen. Die SPD hat dem Vorhaben bisher nicht zugestimmt. Zuerst hatte das RND davon berichtet.
Frontalangriff auf Informationsfreiheit
Verhandlungsführer der Union in der Arbeitsgruppe ist Philipp Amthor. Der Jurist kennt das Gesetz für staatliche Transparenz aus eigener Erfahrung: Im Rahmen seiner umstrittenen Nebentätigkeiten für das windige IT-Unternehmen Augustus Intelligence missbrauchte Amthor im Jahr 2018 das Briefpapier des Bundestages, um gegenüber dem Wirtschaftsministerium für das Unternehmen zu werben.
Als der Skandal an die Öffentlichkeit kam, konnten wir mithilfe des IFG Amthors Lobby-Schreiben veröffentlichen. Nun will der CDU-Abgeordnete offenbar verhindern, dass FragDenStaat und die Öffentlichkeit ihn künftig weiter kontrollieren können. Auch die CSU-Verhandlungsführerin Daniela Ludwig musste durch das IFG bereits ein umstrittenes Schreiben offenlegen. Die Union hat bisher noch nie öffentlich die Abschaffung des IFG gefordert, hatte dies aber offenbar im Verborgenen vorbereitet.
Auch das Umweltinformationsgesetz (UIG) will die Union teilweise abschaffen. Das Spezialgesetz für Umweltinformationen basiert auf EU-Recht. Die von der Union vorgesehene Einschränkung wäre somit europarechtswidrig.
Dutzende Skandale aufgedeckt
Durch das IFG kamen in den vergangen 20 Jahren zahlreiche Skandale ans Licht, die ohne das Gesetz im Verborgenen geblieben wären – seien es die Plagiatsaffären um Karl-Theodor zu Guttenberg und um Franziska Giffey, Interessenkonflikte um die Klimastiftung MV und Nord Stream 2 und die Fördermittelaffäre im Bildungsministerium. Das Gesetz ist aus dem journalistischen Alltag nicht mehr wegzudenken.
Die Ampel-Koalition wollte das IFG im vergangenen Jahr eigentlich zu einem Transparenzgesetz mit weiteren Veröffentlichungspflichten weiterentwickeln. Der Reformentwurf scheiterte jedoch an der Blockade des Innenministeriums.
Da sich die Arbeitsgruppe von Union und SPD nicht einigen konnten, müssen jetzt die Parteispitzen ran: Die Parteivorstände von CDU, CSU und SPD werden sich in den nächsten Tagen darüber verständigen, ob sie sich auf eine Abschaffung des Rechts auf Informationen einigen.