Früher konnte man mit Notengeld zu einem fixen Preis Gold kaufen. Das sollte das Schuldenmachen und die Inflation begrenzen.
Urs P. Gasche für die Online-Zeitung INFOSperber
Von 1934 bis 1971 kostete eine Unze Gold auf der ganzen Welt 35 Dollar. Die US-Notenbank musste genügend Goldreserven haben, damit Unternehmen und die Bevölkerung ihre Dollar jederzeit für 35 Dollar pro Unze in Gold tauschen konnten.
Der Dollar galt als sichere Währung, weil die USA garantierten, für 35 Dollar jederzeit eine Unze Gold auszuhändigen. Die Wechselkurse blieben fix. Schweizer konnten einen Dollar jederzeit für 4.37 Franken kaufen, die Deutschen für 3.66 DM.
In den Sechzigerjahren häuften sich bei europäischen Notenbanken immer mehr Dollar an, vor allem weil Exporte, die in Dollar bezahlt wurden, stark zunahmen. Je mehr Dollar im Umlauf waren, desto mehr hätte die US-Notenbank ihre Goldreserven erhöhen müssen. Das tat sie aber in der Wachstumsphase nach dem Zweiten Weltkrieg immer weniger.
Für Kriege, namentlich den Vietnam-Krieg, und für Subventionen und Importe gaben die USA jedoch so viele Dollar aus, dass der garantierte Goldpreis bald zur Fiktion wurde. Deshalb übten die US-Regierungen auf ausländische Notenbanken Druck aus, damit diese trotz Furcht vor einem Wertzerfall des Dollar freiwillig darauf verzichteten, ihre Dollar in Gold umzutauschen.
Damit nicht genug: Die europäischen Nationalbanken sollten sich auch davor hüten, ihre in den USA deponierten Goldbestände in ihre Heimatländer zu holen. Es war das Eingeständnis, dass das von den USA treuhänderisch verwaltete Gold nicht mehr für alle ausreichen würde.
Es wurde klar, dass die USA den Preis von 35 Dollar nicht mehr garantieren konnten. Es drohte eine Abwertung des Dollars.
Doch einzig der damalige französische Präsident Charles de Gaulle hatte es in den Jahren 1963 bis 1966 gewagt, 3313 Tonnen Gold der französischen Nationalbank mit Flugzeugen und Schiffen aus den USA und auch aus Grossbritannien nach Frankreich zu holen.
Fünf Jahre später, 1971, hob US-Präsident Richard Nixon die Konvertierbarkeit des Dollar in Gold tatsächlich auf. Seither bestimmen die Märkte den Goldpreis – die Abwertung des Dollars nahm ihren Lauf.
Heute kostet eine Unze Gold nicht mehr 35 Dollar, sondern rund 3000 Dollar. Die US-Währung ist gegenüber dem Gold fast nichts mehr wert. Der Dollar hat sich seit 1971 im Verhältnis zum gelben Edelmetall um 98,8 Prozent abgewertet. Auch gegenüber den meisten anderen Währungen ist der Dollar heute deutlich weniger wert als damals.
Erst 2013 begann auch die Deutsche Bundesbank mit der Rückführung von insgesamt 300 Tonnen Gold aus den USA und aus Frankreich. Die Niederländische Zentralbank holte 2014 120 Tonnen Gold aus New York nach Amsterdam zurück.
Die Schweiz macht ein grosses Geheimnis daraus, in welchen Ländern die Nationalbank ihre Goldreserven deponiert hatte und hat. Nur gerüchteweise ist zu vernehmen, die Schweiz lagere kein Gold mehr bei der Federal Reserve Bank of New York in Manhattan, sondern einen Teil in Bern und grössere Teile in einer oder mehreren Felskavernen im Alpengebiet.
Die Schweiz verscherbelt ihren grossen Goldbestand
Die «Sonntags-Zeitung» vom 23. März hat daran erinnert, dass die Nationalbank zwischen 2000 und 2005 insgesamt 1300 Tonnen oder rund die Hälfte ihrer damaligen Goldreserven für insgesamt 21 Milliarden Franken verkauft hatte. Heute wäre dieses Gold 112 Milliarden Franken wert. Die «Sonntags-Zeitung» schrieb vom «womöglich teuersten Fehlentscheid der Schweizer Geschichte».
Opposition gab es damals kaum. Parteien und Lobbys beschäftigten sich damit, wie sie den Milliardenerlös verteilen könnten. Eine Volksabstimmung über den Verkauf des Nationalbank-Goldes gab es nicht. Die Erlaubnis dazu war in der revidierten Bundesverfassung versteckt, die das Volk im Jahr 1999 angenommen hatte. Die neue Verfassung hat die Golddeckung des Frankens beseitigt.
Als es um das Verteilen der 21 Milliarden ging, forderte die SVP mit einer ersten Gold-Initiative, das Geld der offensichtlich überschüssigen Währungsreserven oder wenigstens deren Erträge vollständig an die AHV zu überweisen. Die SVP hoffte, dass dann die Mehrwertsteuer nicht wegen der steigenden AHV-Kosten erhöht werden müsse.
Neben der SVP und der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) unterstützte lediglich der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) die Initiative.
SP, CVP und FDP befürworteten einen Gegenvorschlag zur Schaffung einer Solidaritätsstiftung. An der Urne wurde beides abgelehnt; die AHV-Initiative mit 52 Prozent Nein-Stimmen.
Schliesslich wurden die Milliarden zu einem Drittel dem Bund und zu zwei Dritteln den Kantonen verteilt.
Einige Jahre später kamen die Rolle und der Wert des Goldes wieder auf die politische Agenda. Die SVP hatte 2013 eine zweite «Gold-Initiative» mit dem Namen «Rettet unser Schweizer Gold» eingereicht. Jetzt sollte die Nationalbank mindestens 20 Prozent aller Aktiven in Gold halten müssen. Es sollte ihr verboten werden, Goldreserven zu verkaufen. Und sie sollte verpflichtet werden, die Goldreserven in der Schweiz zu lagern.
Die Gegner der Initiative, darunter alle anderen politischen Parteien und die Schweizerische Nationalbank, argumentierten, dass die Initiative die Handlungsfähigkeit der Nationalbank einschränken würde.
Auch der SGB war diesmal dagegen. SGB-Chefökonom Daniel Lampart meinte: «Um Arbeitsplatzunsicherheit, höhere Abgaben und Inflation zu verhindern, braucht es deshalb am 30. November ein klares Nein. Wegen dem Goldzwang könnte die SNB weniger flexibel auf Krisen und Probleme reagieren.»
Die Initiative wurde im Jahr 2014 mit 77 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt.
Kein Halten mehr
Unterdessen sollten nur noch selbst auferlegte Schuldenbremsen Regierungen davon abhalten, so lange beliebig viel Geld in Umlauf zu bringen, bis der Schuldenberg an irgendeiner Stelle zusammenbrechen würde.
1992 hat die EU festgelegt, dass die Staatsschulden in keinem Land 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts übersteigen dürfen. Praktisch kein Land hält sich mehr daran. Das «Musterland» Deutschland redet von «Sondervermögen» und meint damit zusätzliche Schulden. In den anderen grossen Ländern Europas und in den USA übersteigen die Staatsschulden 100 Prozent des BIP, von Japan ganz zu schweigen.
Seit 2007 kaufen Notenbanken in immer grösserem Ausmass Staatsanleihen und finanzieren damit die Staatsdefizite. Zinsen für die Staatsschulden können manche Staaten nicht mehr aus ihrem normalen Budget bezahlen (kein «Primärüberschuss» mehr), sondern sie zahlen Zinsen mit neuen Schulden. Kritiker bezeichnen dies als riskantes «Schneeballsystem».

© 23/24 Schätzung / IWF / Grafik: Sonntags-Zeitung can,pbu
Einige Zeitungstitel der jüngsten Zeit:
«Der Schuldenrausch wird teuer werden»
«NZZ» am 21. März 2025
«US-Staatsschulden als ‹tickende Zeitbombe›»
«NZZ» am 14. Oktober 2024
«Crash in fünf Jahren? Das passiert, wenn die Schuldenbombe explodiert»
«Sonntags-Zeitung» am 14. Juli 2024
«Die Medien haben die Folgen der weltweiten Schuldenkrise viel zu wenig auf dem Radar»
Bundesrätin Karin Keller-Sutter am 21. Januar 2024 in der «NZZ am Sonntag»
Unterdessen steigt der Goldpreis weiter. Zahlreiche Nationalbanken namentlich in Asien zählen zu den grössten Käufern.