Glückwunsch, Herr Bundeskanzler in spe, Sie haben es geschafft – das war eine Meisterleistung!
Unter Ausblendung der Tatsache, dass ein noch nicht vereidigter Kanzler mit dem alten, abgewählten Bundestag einen „Deal“ macht, weil der neu gewählte Bundestag keine Mehrheit für eine derartige Änderung des Grundgesetzes hätte, hat der Deutsche Bundestag mit einer knappen Mehrheit am Dienstag einen neuen, für Normalverbraucher unfassbaren neuen Schuldenberg in Höhe von über einer Billion (!) Euro für Deutschland beschlossen.
Damit dieses Vorhaben auch beim Wahlvolk abgenickt wird, soll die Hälfte dieses „Sondervermögens“ in die marode Infrastruktur fließen – für was genau und wie ist noch nebulös, aber auf jeden Fall in alles, was während der letzten Jahre versäumt wurde und nun unaufschiebbar geworden ist: Sanierung von Brücken, Straßen, Wohnungsbau, Bildung und hoffentlich auch in die verschimmelten sanitären Anlagen von Schulen.
Konzipiert ist dieser Betrag auf 10-12 Jahre – mit einer Zinsbelastung von etwa 15 Milliarden pro Jahr, die on top kommen und nicht unerwähnt bleiben sollten. Dank einer sehr wohlmeinenden Presse wird der ökonomisch ungeschulte Bürger über diese Petitesse, oder wie Friedrich Merz es formulieren würde, diese „peanuts“ nicht ausreichend informiert. Das passt auch wahrscheinlich nicht auf den berühmten Bierdeckel, auf dem der zukünftige Kanzler Deutschlands seine Berechnungen anstellt.
100 Milliarden, heroenhaft erpresst von den Grünen, sollen in einen Fond für den Klimaschutz fließen und im Grundgesetz verankert werden. Die Grünen, abgewählt und mangels Bedürfnisses der neuen GroKo befreit von jeglicher Regierungsverantwortung, hat ihr Kernthema wiederentdeckt: Das Klima. Natürlich nicht, ohne ihr neues Thema „Krieg gegen Russland“ nach einer beeindruckenden „360 Grad-Wendung“ (Ex-Außenministerin Annalena Baerbock in ihren fundierten Statements vor laufenden Kameras, die wir in Zukunft nicht vermissen werden) aus den Augen zu verlieren.
Keine Sorge: Ein nicht unerheblicher Teil ist für Verteidigungsausgaben vorgesehen, denn Deutschland muss dringend aufrüsten:
„Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes.“ (Friedrich Merz).
Oder, noch plakativer: „Was nützt die schönste Schuldenbremse, wenn der Russe vor der Tür steht? Wir Europäer haben doch zugespitzt gesagt nur zwei Möglichkeiten: Wir können uns verteidigen lernen oder alle Russisch lernen“, sagt Jens Spahn, Unionsfraktionsvize und ehemaliger Gesundheitsminister, der sich mit unbeugsamen Willen für hohe Staatsausgaben schon vor fünf Jahren zur Coronakrise besonders hervorgetan hat.
Der Beitrag für diese zwingend notwendigen „Verteidigungsaufgaben“ wird mit mindestens 400 Milliarden Euro beziffert, ist aber geschickterweise als flexibel eingestuft und dadurch jederzeit erweiterbar. Übersteigen die Ausgaben für (Auf)Rüstung ein Prozent der Wirtschaftsleistung, derzeit etwa 43 Milliarden Euro, dann greift die Schuldenbremse, noch vor kurzem als die „Heilige Kuh“ der Regierungspolitik galt und die auch vehement von der Opposition unter Friedrich Merz unterstützt wurde, nicht.
Somit ist nach oben alles offen, und der Rüstungskonzern Rheinmetall kann sein Glück kaum fassen. Die Aktienkurse werden weiter steigen und Privatvermögende werden zukünftig bei Anlagegesprächen in der Bank ihres Vertrauens auf diese wunderbare Tatsache hingewiesen, auf dass sie sich am Aufschwung beteiligen und unser Vaterland bei der Schuldenbewältigung unterstützen. Mit der Bundestagsabstimmung wurden viele Fliegen mit einer Klappe geschlagen…
Mainstreammedien und ÖRR arbeiten weiterhin fleißig daran, das deutsche Wahlvolk, das gerade mächtig vorgeführt wird, auch noch zum Klatsch-August zu machen. Die Tatsache, dass möglicherweise gerade jetzt ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine auf die Tagesordnung kommt, wird als negativ und äußerst zweifelhaft dargestellt, weil mit Trump und Putin zwei Narzissten an einem sehr großen Tisch sitzen und die gute alte Weltordnung neu aufteilen wollen. Ohne Europa.
Dazwischen der ukrainische Präsidentendarsteller Wolodymyr Selenskyj, dessen Rolle auf der Weltbühne sich mehr und mehr zu einer Nebenrolle geriert, und der deshalb nicht müde wird zu betonen, dass man Putin nicht trauen dürfe. Gleichzeitig hebt er seine zweifelhaften militärischen Erfolge hervor, die noch besser sein könnten, wenn mehr Waffen schneller in die Ukraine geliefert würden. Damit er weiterhin die Freiheit und die Demokratie in Europa verteidigen kann.
Europa sitzt konsterniert im Zuschauerraum und guckt zu. Dabei setzt es sich, wie häufig betont, doch schon seit 3 Jahren für den Frieden ein! Leider erfolglos, denn, siehe oben: Mit Putin kann man nicht über Frieden verhandeln.
Frühere Politiker haben das anders gesehen und sind Krisen mit Diplomatie begegnet, aber Europas und auch Deutschlands einzige Reaktion ist, sich hochzurüsten, um es zur Not gegen zwei Weltmächte aufzunehmen und gleichzeitig die Ukraine mit Waffensystemen zu überfluten, die in der Regel dort nicht erfolgreich bedient werden können.
Eine kleine Hoffnung besteht noch: Die Abstimmung im Bundesrat steht noch aus. Im Juni 2022 wurde schon einmal über ein Sondervermögen für die „Verteidigung“ abgestimmt, damals lächerliche 100 Milliarden. Die Länder votierten mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung. Nur Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen, in denen die Linke an der Regierung beteiligt war, enthielten sich. Im Bundesrat kommt es üblicherweise zur Enthaltung, wenn sich eine Landeskoalition nicht einigen kann. Bei der Abstimmung im Bundesrat am Freitag, 21. März 2025 besteht diesbezüglich folgende Situation: Die FDP ist in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz beteiligt, je vier Stimmen, das BSW regiert in Thüringen und Brandenburg, ebenfalls je vier Stimmen) und Die Linke ist in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern (je drei Stimmen im Bundesrat) an den Landesregierungen beteiligt.
Da aber die Länder mit 100 Milliarden vom Sondervermögen profitieren, wird es möglicherweise diesmal gar keine Enthaltungen geben. Damit wird in unserer vielbeschworenen Demokratie in Deutschland ein Gesetz unter Umständen durchrutschen, für die z.B. Ungarn, Serbien oder Rumänien politisch und medial an den Pranger gestellt würden.
Zu den unglaublichen Summen, die beschlossen wurden, noch ein kleiner Nachschlag (Quelle: Telepolis – https://www.telepolis.de/features/Sondervermoegen-Milliarden-fuer-Waffen-Peanuts-fuer-Menschen-10314101.html):
Das Dezernat Zukunft, ein der SPD nahestehender Think-Tank, hat das getan, was die Gewinner der Sondersitzung des Deutschen Bundestags nur mit der heißen Nadel über den Daumen gepeilt haben, nämlich den Finanzbedarf für die Modernisierung Deutschlands untersucht. Ergebnis: knapp 700 Milliarden Euro müssen – allerdings in den nächsten fünf Jahren (und nicht zehn) – investiert werden.
Allein das Bundesland Nordrhein-Westfalen kommt einer Studie einer Forschungsgruppe für Strukturwandel und Finanzpolitik (FSF Hannover) zufolge auf den Investitionsbedarf von 156 Milliarden Euro. Da sind die 100 Milliarden für die 16 Länder schon weg, bevor es ans Planen geht.
Eine aktuelle Analyse der Beratungsfirma strategy&, einer Tochter des Wirtschaftsprüfers PwC, berechnet die Investitionslücke Deutschlands für die nächsten zehn Jahre auf fast eine Billion Euro. Also 500 Milliarden Euro mehr als bisher im Sondervermögen vorgesehen.
Das muss für die Länder desillusionierend sein, ebenso für die nachfolgenden Generationen, die diese Suppe werden auslöffeln müssen.