Es ist ein Merkmal des Faschismus, dass er die Sprache zynisch umwandelt und so ein großes Verbrechen als etwas Positives darstellt. Genau das geschieht auch mit den “Freedom Cities”. Natascha Strobl analysiert, was wirklich dahinter steht.
von Natascha Strobl für moment.at
Es ist der feuchte Traum der faschistischen libertären: Sie wollen Städte errichten bzw. kaufen, die fortan jeder staatlichen und demokratischen Kontrolle entzogen sind. Zugang haben jene, die entsprechendes Kapital haben. Sie können dort ohne jede Form von Gesetzen, Steuern oder Regulierungen wirtschaften und ihr Vermögen vermehren.
Im Prinzip ist alles erlaubt, weil es keine Instanz gibt, die irgendeine Form von Ordnung abseits von Vermögens-Hierarchien und -abhängigkeiten aufrechterhält.
Klingt abenteuerlich? Das ist es zwar auch. Nichtsdestotrotz ist es genau das Konzept, das aktuell im Weißen Haus von Lobbygruppen und Leuten wie Peter Thiel, dem Ex-Chef von Altbundeskanzler Sebastian Kurz, vorgestellt und diskutiert wird.
Der ideologische Untergrund dieses Anarcho-Kapitalismus kommt nicht aus dem Nichts. Er wird schon seit vielen Jahren vorbereitet und auch in anderen Weltregionen längst geprobt und umgesetzt. Nun soll er sich auch in den USA stärker ausbreiten, wenn es nach seinen Profiteur:innen geht.
Was Freedom Cities wirklich bedeuten
Die Propaganda verharmlosend und verkauft uns das als “Freedom Cities”. In solchen “Sonderwirtschaftszonen” sollen Start-Ups, aber auch bestehende Industrie-, Biotech- oder Technologie-Betriebe einfach ohne große Auflagen wirtschaften können.
Dort können dann Dinge gebaut und produziert werden, ohne sich groß Gedanken um die Umwelt zu machen. Medizinische Unternehmen können ihre neu entwickelten Produkte einfach gleich an Menschen testen, ohne dass es zuvor lange Testreihen gegeben hat. Andere Unternehmen können Arbeitskräfte ohne Regeln für Arbeitszeit, Lohn oder Sicherheit und selbstverständlich ohne jede Form von Arbeitsrechten, Gewerkschaften oder Betriebsräten einsetzen.
Kurz: Alles, was den Profit von Unternehmen steigert, wird möglich. Alle erkämpften Rechte und Gesetze, die vor allem in Demokratien in den vergangenen Jahrhunderte entstanden, werden zur Bereicherung der ohnehin schon Überreichen wieder über Bord geworfen.
Den Schaden haben wir alle
Man könnte nun meinen, alle Menschen seien dort sicher freiwillig, also geht es uns nichts an. Das stimmt aber nicht. Schließlich haben wir alle den Schaden, wenn es zu Umweltkatastrophen kommt, Meere verseucht werden oder etwa schlecht beaufsichtigte Nuklearreaktoren in die Luft fliegen. Die umliegenden Gemeinden nehmen davon genauso Schaden, wie wir alle, wenn Naturschätze zerstört oder das Klima geschädigt werden.
Zum anderen darf man über die Bedeutung von Freiwilligkeit gerne diskutieren, wenn wirtschaftliche Notlagen ausgenutzt werden, um Menschen in menschenunwürdige Zustände zu drängen. Im Endeffekt bedeutet diese Städte nichts anderes als eine Feudalgesellschaft, die sich über das eingebrachte Vermögen definiert. Die, die Geld haben, dürfen alles bestimmen. Mit ihrem Einfluss verursachen sie vorher vielleicht noch die Notlagen, die Menschen in ihre Städte treiben könnten.
Die anderen müssen dann unten in unwürdigen und den Launen der Obrigkeit ausgesetzten Bedingungen arbeiten. Das führt zu einem Verschleiß von Arbeitskraft, sprich Menschen werden schneller krank, verletzen sich oder sterben. Doch das Leben der einzelnen Arbeitskräfte ist nichts wert und kann jederzeit ersetzt werden. Das hat wiederum eine Reihe negative Effekte in ihren Familien und Gemeinschaften.
Feudalismus und „Freedom Cities“
Das Wohlbefinden derer, die real in diesen Städten arbeiten, zählt nichts. Wer kein Vermögen hat, hat dann eben auch keine Freiheit. Das sind Umstände, die über große Teile der Geschichte der Menschheit bis hin zu manch heutigen Staaten zu beobachten sind. Auf den Trümmern der demokratischen Gesellschaft entsteht eine neue Feudalgesellschaft.
Der Name “Freedom Cities” entblößt den ganzen faschistischen Zynismus: Freiheit für die Reichen, Sklaverei für alle Anderen.
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