Proteste in Rumänien gegen Manipulationen des von Berlin unterstützten Polit-Establishments bei der Präsidentenwahl. Ein aussichtsreicher Kandidat ist von der Wahl ausgeschlossen worden: Er gilt als prorussisch.
(Eigener Bericht) – In Rumänien erhebt sich Protest gegen dubiose Manipulationen des von Berlin unterstützten Polit-Establishments bei der Präsidentenwahl. Anlass für die Manipulationen war der Sieg eines als prorussisch eingestuften Kandidaten in der ersten Wahlrunde im November vergangenen Jahres. Nach missbilligenden Stimmen aus der EU sowie einer offenen Intervention der damaligen US-Administration unter Präsident Joe Biden annullierte das rumänische Verfassungsgericht die Wahl. Bei der Wiederholung im Mai darf der prorussische Kandidat, ein parteiloser Politiker der extremen Rechten, nicht mehr antreten. Hatte der Mann den Urnengang Ende November auch deshalb gewonnen, weil weite Teile des rumänischen Polit-Establishments als korrupt gelten und in der Bevölkerung schwerer Unmut über ihre Machenschaften herrscht, so treibt sein Ausschluss von der Wahl nun der extremen Rechten weitere Stimmen zu. Schon Ende 2024 hatten im benachbarten Moldau prowestliche Kräfte die Präsidentenwahl nur deshalb gewonnen, weil es bei den Wahlbedingungen für die Auslandsmoldauer Unregelmäßigkeiten gab: 231 Wahllokalen im westlichen Ausland standen nur zwei in Russland gegenüber.
Manipulationen im Wahlprozess
Die erste Runde der Präsidentenwahl in Rumänien hatte am 24. November unerwartet Călin Georgescu gewonnen; er erhielt 22,94 Prozent der Stimmen und lag damit klar vor der liberalen Politikerin Elena Lasconi von der Partei USR (Uniunea Salvați România, Union zur Rettung Rumäniens). Georgescu gehört keiner Partei an; er vertritt extrem rechte Positionen, fordert eine rasche Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg und wird als prorussisch eingestuft. Hieß es am Wahltag und unmittelbar danach, die Wahl sei frei und fair verlaufen, so kamen, als Georgescus Wahlsieg bekannt wurde, rasch interessierte Vorwürfe auf, es sei womöglich zu Unregelmäßigkeiten gekommen, die eine Revision des Wahlergebnisses erforderlich machten. Am 28. November ordnete das rumänische Verfassungsgericht eine Neuauszählung der Stimmen an; diese ergab jedoch keine Mängel, und am 2. Dezember bestätigte das Gericht den ersten Wahlgang als rechtmäßig. Daraufhin wurden in der EU besorgte Stimmen laut, sollte Georgescu in der zweiten Runde siegen, dann könne er prorussische Positionen auch auf EU-Ebene vertreten. Das US-Außenministerium mischte sich ebenfalls ein; es erklärte am 4. Dezember, man sei besorgt, Georgescu verdanke seinen Wahlerfolg womöglich russischer Unterstützung. Jede Abkehr der rumänischen Außenpolitik vom Westen aber werde „schwere negative Auswirkungen auf die US-Sicherheitskooperation mit Rumänien“ haben.[1] Daraufhin ordnete das rumänische Verfassungsgericht am 6. Dezember die Annullierung des ersten Wahlgangs an.
Unmut über korrupte Eliten
Das Vorgehen des Bukarester Establishments hat in der Bevölkerung starken Unmut ausgelöst. Weite Teile der rumänischen Eliten gelten als korrupt; das gilt insbesondere für die Partei von Ministerpräsident Ion Marcel Ciolacu, die offiziell sozialdemokratische PSD (Partidul Social Democrat), und für den am 12. Februar nach mehr als zehnjähriger Amtszeit aus dem Amt geschiedenen Ex-Präsidenten Klaus Johannis. Johannis, als Vertreter der deutschsprachigen Minderheit einst ein enger Kooperationspartner des deutschen Innenministeriums [2], der im Jahr 2020 den Aachener Karlspreis erhalten hat, galt schon in seiner Zeit als Bürgermeister von Sibiu (Hermannstadt, 2000 bis 2014) vielen als korrupt; Beobachter schreiben, er habe während dieser Zeit auf unklaren Wegen „ein riesiges Vermögen angehäuft“ und sich beim Erwerb zumindest „einer seiner zahlreichen Immobilien der Dokumentenfälschung schuldig gemacht“.[3] Dass er sich für Millionensummen aus der Staatskasse einen luxuriösen Alterssitz renovieren ließ, kam in Rumänien, einem der ärmsten Länder Europas, nicht gut an.[4] Georgescus Wahlsieg gilt auch als Ausdruck der weit verbreiteten Wut über die rumänische Elite. Die Annullierung des missliebigen Wahlergebnisses durch das Verfassungsgericht, dessen Präsident gute Beziehungen zur PSD hat [5], wird als weiterer Beleg für die Korruption des Establishments eingestuft.
Aufwind für die extreme Rechte
Entsprechend kam es bald zu Protesten. Georgescus Popularität stieg laut Umfragen weiter, zumal die unbelegten Vorwürfe, er sei im Wahlkampf von Russland unterstützt worden, sich lediglich auf dubiose Geheimdienstaussagen stützen. Der Unmut wuchs erneut, nachdem Georgescu am 26. Februar festgenommen wurde, wenngleich nur vorübergehend, und nachdem Rumäniens nationale Wahlkommission am Sonntag entschied, ihn zur auf den 4. bzw. 18. Mai verschobenen Präsidentenwahl nicht zuzulassen. Letzteres bestätigte das Verfassungsgericht am Dienstag.[6] Das gezielte Ausmanövrieren eines aussichtsreichen, aber dem nationalen wie vor allem auch dem westlichen Establishment missliebigen Wahlkandidaten könnte nun laut der Einschätzung von Beobachtern dazu führen, dass die zersplitterte Szene der extremen Rechten in Rumänien, wütend über Georgescus Ausschluss, sich konsolidiert; deren drei größte Parteien – die AUR (Alianța pentru Unirea Românilor, Allianz für die Vereinigung der Rumänen), S.O.S. România und die AUR-Abspaltung POT (Partidul Oamenilor Tineri, Partei der jungen Leute) – kamen in der Parlamentswahl vom 1. Dezember 2024 zusammen auf 31,8 Prozent der Stimmen. Ein Unterstützer von Georgescu, der Ex-Fremdenlegionär Horaţiu Potra, fordert inzwischen die Armee zum Einschreiten gegen den „Staatsstreich“ der Eliten auf.[7]
„Rumänien gehört nicht dir!“
Aus der EU, die sich gewöhnlich als Vorkämpferin für freie demokratische Wahlen in Szene setzt, der jedoch die Ausschaltung eines starken, aber nicht prowestlichen und prinzipiell für eine Annäherung an Russland offenen Kandidaten sehr gelegen kommt, ist keine wie auch immer geartete Kritik an den Machenschaften rings um die Wahl in Rumänien zu hören. Manfred Weber, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) wie auch der EVP-Fraktion im Europaparlament, teilte Ende Februar auf Facebook mit, die EVP unterstütze ihre „Partner in Rumänien” – darunter ihr Mitglied PNL (Partidul Național Liberal), die Partei von Klaus Johannis – bei der Durchführung „freier und fairer Wahlen“.[8] Rumänien sei, lobte Weber, „ein verlässlicher Partner der EU“. Inzwischen richtet sich die steigende Wut wachsender Teile der rumänischen Bevölkerung nicht nur gegen die eigenen korrupten Eliten, sondern auch gegen die EU. In den vergangenen Tagen war auf Demonstrationen in Bukarest die Parole zu hören: „Ursula [von der Leyen], vergiss nicht, dass Rumänien nicht dir gehört!“[9] Andere wiederum forderten US-Präsident Donald Trump zur Intervention auf: „Mr. President Trump, wir brauchen Ihre Hilfe, um unser Land zurückzubekommen“. US-Vizepräsident JD Vance hatte die Geschehnisse in Rumänien in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz kritisiert, bevor er sich mit AfD-Bundessprecherin Alice Weidel traf.[10]
Manipulationen in Moldau
Die Bukarester Ereignisse sind schon der zweite Fall in Südosteuropa innerhalb kurzer Zeit, bei dem, um einen Erfolg eines tendenziell prorussischen Kandidaten zu verhindern, dubiose Wahlmanipulationen vorgenommen werden, wie sie die EU mit demonstrativer Empörung lauthals anprangern würde, geschähen sie in anderen Weltregionen mit dem Ziel, einen prowestlichen Kandidaten zu verhindern. In Moldau hatte die prowestliche Kandidatin Maia Sandu am 3. November die Stichwahl um das Präsidentinnenamt mit 54,3 Prozent für sich entschieden.[11] Kurz zuvor hatte ein Referendum eine dünne Mehrheit von 50,4 Prozent für das Vorhaben ergeben, den EU-Beitritt als politisches Ziel in Moldaus Verfassung zu verankern. Beide Abstimmungen hatten allerdings keine Mehrheit in Moldau selbst. Die Mehrheit kam lediglich dank der Voten der Auslandsmoldauer zustande. Dies wiederum war nur der Fall, weil die moldauische Regierung dafür gesorgt hatte, dass – überwiegend prowestlich orientierte – Auslandsmoldauer in der EU und in Nordamerika in insgesamt 231 Wahllokalen abstimmen konnten, während für Auslandsmoldauer in Russland – es handelt sich um Hunderttausende, die überwiegend prorussisch orientiert sind – gerade einmal zwei Wahllokale zur Verfügung standen. Dadurch kam eine hohe Zahl prowestlicher Stimmen hinzu, während eine hohe Zahl prorussischer Stimmen verhindert wurde. Einwände aus der EU gab es nicht.
[1] Statement on Romania’s Presidential Elections. ro.usembassy.gov 04.12.2024.
[2] S. dazu „Etwas deutscher regiert werden“.
[3] Florin Poenaru: Rumäniens europäische Unentschlossenheit. rosalux.de 05.06.2024.
[4] Government Declassifies Spending On Protocol Villa For Iohannis. romaniajournal.ro 07.11.2024.
[5] Michael Martens: Der Mythos von der russischen Einmischung. faz.net 08.01.2025.
[6] Sarah Rainsford, Laura Gozzi: Final ruling bars far-right Georgescu from Romanian vote. bbc.co.uk 11.03.2025.
[7] Michael Martens: Georgescu wehrt sich gegen Ausschluss von der Wahl. faz.net 10.03.2025.
[8] Radu Dumitrescu: Manfred Weber: The European People’s Party stands by its partners in Romania. romania-insider.com 28.02.2025.
[9] Romania’s electoral bureau bars far-right candidate Georgescu from presidential re-run. lemonde.fr 10.03.2025.
[10] S. dazu Die transatlantische extreme Rechte (III).
[11] S. dazu Maidan 2.0.