Jahrtausendelang spielten Frauen eine zentrale Rolle in einer Gesellschaft, in der Spiritualität, soziale Struktur und die Beziehung zur Natur ein Ganzes bildeten, in dem sich die Teile nicht widersprachen, sondern ergänzten. Mit dieser Veröffentlichung zum Frauentag wollen wir diese Geschichte wieder aufleben lassen und sie würdigen.

Von Madeleine John

Das hier vorgestellte Video ist Teil der Serie auf Spanisch «Das weibliche Prinzip», die auf dem Kanal «Gute Ideen, die du vielleicht noch nicht kennst» verfügbar ist.

Diese Produktion wirft einen neuen Blick auf die Spiritualität und die zentrale gesellschaftliche Rolle der Frau während des Matriarchats und versucht, Elemente zu retten, die diese Zeit geprägt haben und die sich heute wieder manifestieren. Dies sind wesentliche Elemente, die in diesem kritischen Moment helfen können, eine andere Zukunft aufzubauen, in der männliche und weibliche Energien nicht im Gegensatz zueinander stehen, sondern sich gegenseitig ergänzen und in jedem Menschen entfalten.

Wir sprechen von einer inneren und äußeren Welt, die die Versöhnung zwischen Individuen und Völkern anstrebt, in der jeder Mensch ein heiliges Wesen ist, in der die Beziehungen horizontal, inklusiv und gewaltfrei sind… um eine Zukunft aufzubauen, die wir verdienen und nach der der Großteil der Menschheit strebt.

Dieses vierte Video der Reihe erklärt, wie die aktuellen Veränderungen das Entstehen eines neuen Menschen ankündigen – eines Menschen, der seine eigene Heiligkeit und die der anderen wertschätzt und nach einer neuen Art der Beziehung zu seinen Mitmenschen sucht.

Deutsche Untertitel sind verfügbar.

Transkript

Die globale und allgemeine Krise, in der wir leben, kündigt große Veränderungen an. Eine vertikale, hierarchische Sichtweise der Welt, bricht zusammen. Bei dieser Sichtweise befand sich das Gute, Wertvolle und Erstrebenswerte oben und das Ausgeschlossene, Schlechte und Dunkle unten.

Dadurch etablierte sich eine Skala von Werten und Bestrebungen. So wurde auch auf die menschliche Landschaft geschaut. Dabei sah man eine kleine Gruppe von Menschen auf dem Höhepunkt der Evolution, dies war auch schon bei bestimmten Kulturen der Fall. Andere Menschen waren Menschen zweiter und dritter Klasse.

Diese fielen die Reihen hinab zu denen, die unsichtbar und ausgeschlossen waren. Man strebte danach diese Skala erklimmen zu können, und Beziehungen basierten auf der Idee, dass einige wenige andere beherrschen können. Dieser Blick bröckelt immer mehr, weil es zu Erfahrungen kommt, die immer tiefer werden. Eine Erfahrung, in der man die eigene Menschlichkeit und den eigenen Wert realisiert und damit auch die der anderen. Wir wollen nicht mehr, dass andere für uns sprechen und entscheiden. Wir wollen gehört und gesehen werden. Wir wollen, dass unsere Menschlichkeit und der Beitrag, den wir durch unsere Vielfalt leisten, gesehen wird.

Das Heilige in den Frauen sah man in ihrer Funktion als Mutter und den Wert in ihrer Rolle als Ehefrau. Heutzutage sehen Frauen sich zunehmend als vollwertige und vollständige Wesen. Die Mutterschaft ist nicht länger ein unvermeidliches Schicksal, sondern eine Möglichkeit von vielen anderen möglichen Lebensprojekten. Ehefrau und/oder Mutter zu sein ist eine Entscheidung, ein Akt der Freiheit.

Ihre kreative Kraft und Talente spiegeln sich in den verschiedenen Bereichen des menschlichen Tuns wider und nicht nur im häuslichen Bereich. Wir werden nicht weiter „das Andere“ sein, was vom Mann abhängig ist.

Gleichzeitig dient die Sexualität nicht mehr nur der Fortpflanzung. Sie wird zu einer Erfahrung, bei der Freude und Kommunikation einen Wert haben. Heute wird immer mehr ihr Charakter der Hierogamie, der heiligen Vereinigung gesehen. Eine Sehnsucht nach neuen Formen in den menschlichen Beziehungen, gewaltfrei, nicht diskriminierend, mit einbeziehend und horizontal bahnt sich ihren Weg.

Die „Weibliche Energie“, offen, zirkulierend, biegsam, wird heute nicht nur geschätzt, sondern auch gebraucht. Wir finden sie in neuen Begriffen wie „emotionale Intelligenz“, „Empathie“, „Schwesternschaft“, sich gut Behandeln, usw. Ein Beispiel genügt: In Stellenanzeigen werden nicht mehr nur Menschen „mit Führungsqualitäten“, sondern auch mit „Teamfähigkeit“ gesucht.

Wie in vielen geschichtlichen Momenten der Krise und Not entsteht das Bedürfnis, an weibliche Vorbilder, an die weibliche Energie zu appellieren. Dies war so gegen Ende des Mittelalters, als der Kult „Unsere Liebe Frau“ aufkam. Es gab Wallfahrtsorte und Kirchen, die ihr gewidmet waren, wie etwa Notre Dame. Der Ruf nach den weiblichen Vorbildern, Beschützerinnen und Hüterinnen des Lebens, die Schutz und Trost boten.

Wie auch Avalokiteshvara Bodhisattva, der sich im China des 7. Jahrhunderts in die weibliche Kuan Yin verwandelte, „die den Schrei der Welt hört“. „Das Weibliche“ drückt sich auch im ökologischen Bewusstsein aus, das nicht mehr von Dominanz und Ausbeutung spricht, sondern von Fürsorge und harmonischem Zusammenleben mit anderen Arten und mit der Natur.

Dies wiederum hatte Auswirkungen auf das Bildungssystem. Jungen und Mädchen erhalten nun die gleiche Ausbildung und „die soziale Kompetenz“ ist inbegriffen.

Androgyne Göttinnen sowie die mythischen Vorbilder des Androgynen in verschiedenen Kulturen drücken eine uralte Sehnsucht und Hoffnung des Menschen aus: Gegensätze zu überwinden und, dass jede/r einzelne Einheit als Erfahrung integrieren kann. Damit werden wir in der Lage sein, die Kluft zu schließen, die am Ende der mütterzentrierten Zeit entstanden ist. Dieser Bruch spiegelt sich in der allmählichen Verschiebung der großen Göttinnen auf einen zweiten Platz im mythischen Pantheon wider.

Dies wird uns ermöglichen, uns mit unserer Geschichte zu versöhnen und uns wieder mit der Gegenwart und Zukunft zu verbinden. Jede/r Einzelne von uns wird ohne Zensur oder Selbstzensur die Fähigkeit entwickeln, die Energie zu verteilen und zu konzentrieren, um sie entsprechend unseren Bedürfnissen und Absichten nutzen und beherrschen zu können. So lange haben wir in unseren Möglichkeiten eingeschränkt, uns in Schubladen gesteckt, unsere Zuneigung, unsere Sexualität, unsere Vorstellungskraft und unsere Neugier im Zaum gehalten. Es wird eine Befreiung sein.

Dies wird unseren Horizont für neue Erfahrungen öffnen, um das Heilige in jedem und jeder einzelnen in unserer Tiefe zu erkennen. Es ist wichtig, die weibliche und männliche Energie vom jeweiligen Geschlecht zu trennen. Wir streben danach, Gegensätze zu überwinden, um vollständig zu werden. Die vielfältigen illusorischen Gegensätze wie das Individuum und das Kollektiv, das Öffentliche und das Private, Emotion und Vernunft, Polytheismus und Monotheismus. Die Mauern, die sie um uns erbaut haben, fallen.

Wir sehen heute nicht nur Frauen in Berufen, die früher Männern vorbehalten waren, sondern wir treffen heute auch zunehmend auf Krankenpfleger und Kindergärtner, Berufe, die vorher für Männer nicht zugänglich waren. Auf diese Weise wird jeder Mensch die Fähigkeit entwickeln, seine/ihre Energie entsprechend seinen Absichten zu nutzen und zu beherrschen.

Jeder von uns wird das fruchtbare Land sein, das den Samen aufnimmt und ihn beherbergt und nährt, aber wir werden auch der Baum sein, der mit seinen Blättern gen Himmel wächst; In einer sternenklaren Nacht werden wir die strahlende Sonne und der Mond sein.