Die Bevölkerung in Serbien hat die Nase voll von der autoritären Regierung unter Präsident Aleksandar Vučić und ihrer Korruption. Hunderttausende protestieren und geben Hoffnung. Natascha Strobl analysiert.
von Natascha Strobl für moment.at
Der serbische Präsident Aleksandar Vučić macht, was alle anderen Autokrat:innen in anderen Ländern auch machen: Er ist korrupt. Er schränkt die Redefreiheit ein. Er pflegt zweifelhafte Bekanntschaften (etwa zu Sebastian Kurz). Doch genau das wollen sich jetzt die Serb:innen nicht mehr bieten lassen. Die Demokratiebewegung ist eine Dosis Hoffnung für die Welt.
Die Demokratiebewegung in Serbien
Es hätte jeder Auslöser sein können. In Serbien war es ein Vorfall am Bahnhof Novi Sad im November. Ein Dach stürzte ein, 15 Menschen wurden getötet. Wie kann so etwas passieren? Die Aufarbeitung verlief schleppend und irgendwann hatten die Menschen genug. „Korruption tötet“, lautete bald der Protestruf.
Aus den lokalen Protesten entstand bald eine riesige landesweite Bewegung. Sie wendet sich gegen Korruption, Hinterzimmer-Absprachen, gegen Deals zuschanzen und einen Staat, der nur für ein paar funktioniert. Kurz gesagt: dagegen, dass der Staat wie ein Mafia-Clan geführt wird.
Bei der Demonstration am Samstag waren über 300.000 Menschen auf den Straßen Belgrads zugegen. (Serbien hat 6,7 Millionen Einwohner:innen)
Diskreditierung fruchtet nicht mehr
Vučić macht nun, was alle anderen Autokrat:innen in so einer Situation auch machen. Er denkt nicht an Rücktritt, sondern schlägt wild um sich. Er fantasiert einen Mob und Gewaltexzesse herbei. Dabei geht die Gewalt einzig und allein von staatlicher Seite aus. Demonstrant:innen kamen tagelang zu Fuß oder mit dem Rad, da sie Bedenken über das Funktionieren der staatlichen Infrastruktur hatten.
All die Diskreditierung und der Versuch einer Kampagne gegen die Demonstrant_innen verfangen sich aber nicht. Es zeigt nur offen die Methodik auf, mit der Leute wie Vučić arbeiten.
Die Hoffnung liegt in den Menschen
Vielmehr zeigen die Demonstrationen, die nun schon über vier Monate andauern, etwas anderes auf: Menschen, die sich einmal an die Demokratie gewöhnt haben, geben diese nicht so einfach wieder auf. Das ist der große Unterschied zum 20. Jahrhundert. Menschen haben die Vorzüge des Lebens in einer Demokratie – mit Sicherheit, mit Wahlen, mit Verantwortlichkeit von Politiker:innen und mit Presse- und Redefreiheit – nun so lange erlebt, dass man es ihnen nicht ohne weiteres nehmen kann.
Die Protestierenden in Serbien ergeben sich dabei nicht nur in Ablehnung eines Systems, das nicht mehr für sie funktioniert, sie fordern ein besseres System. Ein System, das für alle Frieden und Freiheit sichert. Mit nicht weniger sollte sich auch der Rest der Welt zufriedengeben. Es ist nicht zu viel verlangt, dass man in einem Staat lebt, in dem sich nicht einfach ein paar Reiche mit Verbindungen alles richten können, während der Rest sehen muss wo er bleibt.
In diesem Sinne: Pumpaj!
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